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Landtag, 3. Sitzung vom 04.10.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 106 von 130

 

ihn wieder einmal trefflich bestätigt. (Beifall bei der SPÖ. - Abg Dr Matthias Tschirf: Das ist eine Frechheit!)

 

Die Ununterscheidbarkeit der beiden Regierungsparteien geht sogar so weit, dass ihre Vertreter dieselben Worte zur Legitimierung verwenden. "Ein wichtiger Meilenstein zur Integration" ist das Abkommen, sagt die blaue Vizekanzlerin Riess-Passer nach dem Ministerrat. Und was sagt der Herr Bundeskanzler? - "Ein Meilenstein zu einer richtigen Integrationspolitik", sagt er in der "ZiB 2" am selben Tag.

 

Die ÖVP hat sich beim Pakt mit der FPÖ zu deren Steigbügelhalter degradiert. Denn was ein glücklicher Herr Westenthaler am Dienstag der versammelten Presse verkünden konnte, ist eins zu eins FPÖ-Diktion, der Einfluss der ÖVP ist zur kosmischen Hintergrundstrahlung verkommen. Von dieser nehmen Astronomen zwar an, dass es sie gibt, sie ist aber für unser Leben völlig irrelevant und unwichtig.

 

Der Innenminister hat schon einmal so getan, als ob er etwas gegen die muffige Fremdenfeindlichkeit der FPÖ unternehmen wolle. Damals hat er gefordert: Wer in Österreich Aufenthaltserlaubnis hat, soll auch Arbeitserlaubnis bekommen; sprich: wer legal hier ist, soll auch arbeiten dürfen. Und was ist aus seiner Position geworden? - Nichts! Wie ein Herbstblättchen hat er sich im lauen Wind nicht mehr halten können und ist gefallen.

 

Genauso hat er es bei der Integrationsverhinderungsvereinbarung vom letzten Dienstag gemacht: große Worte am Anfang und danach hat er sich den starken Armen der FPÖ hingegeben. Zuerst sagte er mit unbeugsamer Stimme, der Integrationsvertrag wird nur für Neuzuwanderer gelten, aber am Dienstag gilt er dann für Arbeitslose und Nicht-Aufenthaltsverfestigte, für Schlüsselarbeitskräfte und deren Angehörige. Zuerst betont er mannhaft, die Menschen hätten nur 10 Prozent der Kosten für die verpflichtenden Kurse zu zahlen, aber am Dienstag stellt sich heraus, dass sie sogar die Hälfte zahlen müssen.

 

Hier ist die ÖVP umgefallen wie ein Boxer mit Glaskinn. Wer beim Autokauf so verhandelt wie Herr Strasser, zahlt am Schluss sogar mehr als der Verkäufer anfangs verlangt hat. (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.) Denn was ist denn diese Integrationsvereinbarung der Blauen und der Schwarzen? - Eine Scharfmacherei gegen ausländische Mitbürger, eine Palette an desintegrativen Maßnahmen und eine versteckte Botschaft, die lautet: Wir wollen euch nicht!

 

Die FPÖ hat ihre Xenophobie unter dem Mantel der Staatstragenden wirkungsvoll ausleben können. Der Sachwalter ÖVP hat versagt. Die FPÖ, die ja in Sachen Verantwortung von allen Menschen, die an die Zukunft Österreichs denken, teilentmündigt ist, hat ihr wahres Gesicht des dumpfen Provinzialismus gezeigt. Wer die Deutschprüfung nicht schafft, wird abgeschoben, und ebenso, wer kein Geld für diese Deutschprüfung auftreiben kann. Was soll das anderes als Fremdenfeindlichkeit sein?

 

Andere Staaten bieten Anreize für integrative Maßnahmen. In Österreich droht man mit der sprichwörtlichen Peitsche. Die Koalition hat in der Diskussion vorher großspurig vom niederländischen Modell gesprochen. Schön wäre es, hätten wir die dortigen Regelungen. Dort bekommen die Menschen die Zeit für Sprachkurse zum Teil vom Arbeitgeber freigestellt. Die provinziellen Forderungen in dieser Desintegrationsvereinbarung sind teilweise so absurd, dass sie ans Komische grenzen. Verlieren US-amerikanische Manager in Österreich jetzt ihre Aufenthaltserlaubnis, weil sie sich mit den grammatikalischen Artikeln schwer tun? (Abg Mag Wolfgang Gerstl: Das ist ja lächerlich!)

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist lächerlich, ja, Sie haben Recht. (Abg Rudolf Hundstorfer: Das ist euer Beschluss! Das ist, was ihr beschlossen habt!) Was wir hier erleben, kommt davon, dass man Leute in die Regierung gelassen hat, die sich damit schwer tun, anzuerkennen, dass sie von staatstragender Politik einfach keine Ahnung haben. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Das hat die ÖVP natürlich gewusst, deshalb hat sie sich auch als Sachwalter angedient und gemeint, es wird nichts so heiß gegessen wie gekocht, wir kriegen das schon in den Griff. Jetzt würde ich gerne von Ihnen in der ÖVP wissen, wer da wen im Griff hat. Wo ist in dieser Causa die Handschrift der ÖVP? (Abg Dr Matthias Tschirf: Wer war Haiders bester Mann in der Regierung?) Diese Regelungen sind nämlich zutiefst wirtschaftsfeindlich. Sie verhindern - ähnlich wie die absurde 26 000-S-Grenze -, dass die Betriebe zu geeigneten Mitarbeitern kommen. Wo sind denn die gewichtigen Stimmen aus der angeblichen Wirtschaftspartei ÖVP?

 

Da wird der Wirtschaftsstandort Österreich systematisch zerstört, nur damit eine xenophobe Ansammlung karriereorientierter Leute ihr Mütchen kühlen kann, und die ÖVP, die genau weiß, was alles da an Werten zerstört wird, schaut teilnahmslos zu. Hier geht es gar nicht um menschliche Werte oder um Appelle an Großzügigkeit oder Menschenwürde, da wäre die FPÖ ohnedies der falsche Ansprechpartner, sondern hier geht es um harte wirtschaftliche Folgeschäden für Wien und Österreich. Diese Folgeschäden nimmt die ÖVP bewusst in Kauf. Das wird man ihr so lange vorwerfen können, solange sie sich von der FPÖ am Nasenring durch die Gegend ziehen lässt.

 

Solange sich die Herren Schüssel & Co. von Kärnten aus die Marschroute vorgeben lassen, solange wird das auch geschehen. Haiders absurde Stellungnahmen gegen Asylsuchende waren da nur ein Vorgeschmack auf kommende Gemeinheiten gegenüber allem, was für die FPÖ fremd aussieht. Auf allen fremdenfeindlichen Gesetzen, die diese Regierung beschließt, ist der Fingerabdruck des Herrn Schüssel drauf.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Noch ein Wort zum eigentlichen Thema Integration: Die Stadt Wien ist in diesem Gebiet vielfältig und erfolgreich tätig. Bei

 

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