Landtag,
3. Sitzung vom 04.10.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 105 von 130
Er nimmt an den Grundpfeilern des Sozialstaats teil, die
heute schon aus Ihrer Fraktion genannt worden sind: Krankenversorgung,
Arbeitslosenversicherung, Teilnahme am Pensionssystem, selbstverständlich
freier Zugang zum Bildungswesen. Das alles ist überhaupt keine Frage. Es ist
also nicht so, dass wir dem Migranten nur etwas abverlangen würden, sondern wir
bieten ihm selbstverständlich alle Benefizien des Sozialstaats und des
Wohlfahrtsstaats an.
Was an dieser Stelle jedenfalls gesagt werden soll,
ist, dass sich die Stadt Wien jetzt nicht ins Trotzwinkerl stellen sollte, dass
sich Rot-Grün nicht ins Trotzwinkerl stellen sollte, sondern dass man diese
Idee aufgreift und unterstützt. Ich frage mich wirklich, was so schlecht daran
sein soll, wenn es doch im vergangenen Jahr nur gelungen ist, bei den freiwilligen
Deutschkursen bloß 3 000 Migranten anzusprechen - und das bei
300 000 Ausländern in Wien -, und wenn es nun gelingen wird, diese Rate
eindeutig zu erhöhen.
Ich frage mich auch, was schlecht daran sein soll,
wenn in Zukunft nicht nur mehr Migranten diese Deutschkurse besuchen werden, sondern
diese sogar zu 50 Prozent vom Bund finanziert sein werden. Das heißt, die
Stadt Wien erspart sich sogar 50 Prozent, wenn - und das ist bisher noch
nicht gesagt worden, obwohl ich bereits eindringlich danach gefragt habe - die
Stadt Wien überhaupt bereit ist, die restlichen 50 Prozent zu übernehmen.
Ich glaube, es würde uns hier als Gemeinderat und als
Stadt Wien sehr gut anstehen, ebenfalls einen Beitrag zu dieser Initiative zu
leisten, und zwar auch in finanzieller Form, in Form der finanziellen Unterstützung
für Migranten, um auch hier einen Beitrag an den Kosten der Deutschkurse zu
übernehmen. (Beifall bei der ÖVP und bei
Abgeordneten der FPÖ.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als
Nächster ist Herr Abg Kreißl zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
Abg Michael Kreißl (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau Präsidentin! Sehr geehrte
Damen und Herren! Frau Stadtrat!
Ich glaube
nicht, dass Sie mit dem, was Sie in dieser Rede über den Integrationsvertrag
gesagt haben - wenn Sie es sich länger überlegen -, und mit dieser Einstellung
den Einwanderern etwas Gutes tun. Sie haben eines vollkommen richtig erkannt:
In einem Land, in dem ich zu Hause sein will, muss ich natürlich die Sprache
kennen, weil ich mich, wenn ich die Sprache nicht kenne, dort nicht zu Hause
fühle. Das ist eine ganz logische Sache.
Sie können sich auch beispielsweise Australien anschauen:
In Australien können Sie gar nicht einwandern, ohne dass Sie Englisch können,
und es wird deshalb kein Mensch von Australien als einem totalitären Staat sprechen.
Ich glaube, mit Ausdrücken wie "totalitärer Staat" sollten wir
wirklich sehr vorsichtig umgehen, und ich glaube, jeder in diesem Haus ist
froh, dass wir in einer Demokratie leben und dass das auch in Zukunft so
bleiben wird. (Beifall bei der FPÖ.)
Ich glaube, die GRÜNEN tun den Einwanderern
diesbezüglich nichts Gutes. Wer die Sprache nicht kann, hat natürlich keinen
richtigen Zugang zu gehobenen, qualifizierten Arbeitsplätzen, zumal er auch bei
der Ausbildung Probleme bekommen wird. Wir alle kennen die Probleme, die
besonders die Frauen von Einwanderern haben, welche nach 10 oder 15 Jahren
noch immer kein Wort Deutsch können. Wir wissen auch, wie diese Probleme
zustande kommen und dass durch diesen Integrationsvertrag der Druck auf der
ganzen Familie liegen wird, dass auch die Frauen Deutsch können, sich dadurch
bei uns zu Hause fühlen, sich dadurch auch wesentlich wohler fühlen und mit der
Umwelt, mit der heimischen Bevölkerung besser in Kontakt treten können.
Wie gesagt, die Jugend hat wesentlich mehr Zugang zum
Arbeitsmarkt und auch zu besser qualifizierten Arbeitsplätzen. Ich glaube
daher, dass diese Bundesregierung unter Federführung der FPÖ die Akzente setzt,
die eigentlich schon lange hätten gesetzt werden sollen, die allerdings nicht
gesetzt worden sind. Wenn ich mir beispielsweise das Koalitionsübereinkommen in
Wien aus dem Jahr 1996 anschaue, sehe ich Folgendes - ich zitiere jetzt aus
diesem Koalitionsübereinkommen -: Verpflichtend für alle Formen der Integration
sind neben einem intensiven Deutschkurs vor allem auch Unterweisungen über das
Leben in Österreich. Dazu ist ein eigener Lehrplan zu entwickeln.
Dazu muss ich sagen, das haben die SPÖ und die ÖVP
vollkommen richtig erkannt, aber leider haben sie es nicht durchgeführt. Es ist
jetzt diese Bundesregierung am Zug, die das ebenfalls schon lange erkannt hat,
es allerdings auch durchführen wird, und zwar im Sinne eines guten
Zusammenlebens der Einwanderer mit der heimischen Bevölkerung und natürlich
auch im Sinne der Einwanderer, welche sich dadurch besser integrieren können
und bessere Möglichkeiten am Arbeitsplatz haben. Damit werden dann auch mehr
Möglichkeiten zur Emanzipation der einwandernden Frauen gegeben sein. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als
Nächste ist Frau Abg Yilmaz zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihr.
Abg Nurten Yilmaz (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete!
Ich möchte die Novellierung des Ausländergrunderwerbsgesetzes,
bei der es nur um eine Umstellung auf den Euro geht, wie schon Kollegin
Vassilakou zum Anlass nehmen, über einen Vertrag - besser gesagt, über einen
einseitigen Vertrag - zu sprechen.
Eigentlich ist es eine Integrationsvereinbarung zwischen
Blau und Schwarz, die die Herrn Westenthaler und Strasser den Medien
vorgestellt haben. Die ÖVP hat ihre christlichen Werte, die sie an Feiertagen
so gerne hochhält, wieder einmal zugunsten des Machterhalts verraten. Erst
kommt das Fressen, dann die Moral, hat Bert Brecht treffend gesagt. Die ÖVP hat
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