Landtag,
3. Sitzung vom 04.10.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 25 von 130
schlechterung bei den Arbeitslosen, bei Pensionen, bei
Karenzgeld. (Abg Dipl Ing Martin Margulies: Aber das macht Ihre Politik
nicht besser!)
"Unsere
Kritik perlt an Ihnen ab wie Regentropfen auf der Regenjacke." - Dieser
Satz, den ich Ihnen soeben vorgelesen habe, ist nicht von uns, er ist von Ihrem
Schattenkoalitionspartner Schani Margulies, nachzulesen im
"KIV"-Magazin Nummer 13 aus dem Jahre 2001. (Abg Dipl Ing Martin
Margulies: Mein Vater ist Ihr Schattenkoalitionspartner? Ich bin empört!)
"Rot-schwarz
wurde, je länger an der Macht, völlig unsensibel gegenüber jenen, die durch
lange Zeit oder auf Dauer in Not gerieten, Hilfe benötigten und zu wenig fanden."
- Diese Aussage ist wiederum nicht von uns Freiheitlichen, sondern von Werner
Vogt, Mitbegründer der Arbeitsgruppe "Kritische Mediziner",
Mitarbeiter des "Falters" und Mitinitiator des Volksbegehrens
"Österreich ist ein Sozialstaat". Nachzulesen im "Falter"
vom 4.10.2001.
"Unter Kenntnis solcher Vereinbarungen hätte ich
das Amt der Stadträtin nicht angenommen." - In einem Brief an VBgm Sepp
Rieder rechnet die sozialistische Gesundheitsstadträtin Elisabeth Pittermann
mit dem Sparkurs des Landes Wien ab. Die peinliche Beantwortung der dringlichen
Anfrage ist uns sicherlich noch allen in Erinnerung.
Sie, meine Damen und Herren, der absoluten Mehrheit
in Wien, könnten ein Zeichen setzen, wie ernst Ihnen der Sozialstaat ist. Seit
neun Jahren können Familien und Alleinerzieher monatlich 700 S bis 2 100 S
Familienzuschuss beziehen. Unter Berücksichtigung der Inflationsrate der
vergangenen Jahre müsste ab kommendem Jahr auch eine Erhöhung dieser Sätze
vorgenommen werden, und zwar auf Beträge zwischen 894 S bis
2 752 S. Da das Kinderbetreuungsgeld zum Einkommen dazugerechnet werden
wird, würde es, wenn die Regelung unverändert bleibt, kaum mehr zu Auszahlungen
kommen. Aber der Wiener Familienzuschuss darf nicht aufgehoben werden, sondern
er muss angehoben und weiterentwickelt werden.
Durch das Kinderbetreuungsgeld gibt es jetzt eine
gewisse Basissicherung. Der Familienzuschuss muss reformiert werden, es müssen
neue, höhere Einkommensobergrenzen errechnet werden, die jährlich valorisiert
werden sollen. Die Bezugsdauer muss bis zum 6. Lebensjahr ausgeweitet
werden. Diese Forderung des Katholischen Familienverbands und der betroffenen
Familien können Sie, meine Damen und Herren der absoluten Mehrheit, in Wien
umsetzen und damit zeigen, dass Ihnen der Sozialstaat wirklich am Herzen liegt
und nicht nur in Sonntagsreden vorkommt. (Beifall bei der FPÖ.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als Nächste ist Frau Abg Novak-Schild zum Wort
gemeldet. Ich erteile es ihr.
Abg Barbara Novak-Schild (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau
Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Es freut mich, zu Beginn der Kollegin Jerusalem einen
Wunsch erfüllen zu dürfen: Die Wiener Sozialdemokratinnen werden dieses
Sozialstaat-Volksbegehren unterstützen, also nicht nur unterschreiben, sondern
auch mit Initiativen unterstützen. Ich glaube, das wird Sie sehr freuen,
wenigstens einen Teil der hier Anwesenden als Unterstützerinnen im Hintergrund
zu haben. (Beifall bei der SPÖ.)
Unter Vorschiebung von angeblich wirtschaftlichen
Zwängen und unter der Verfolgung eines Nulldefizits betreibt die
Bundesregierung hier seit zwei Jahren eine Offensive zur Schwächung des
Sozialstaates. Mit eindeutigen Angriffen auf die Sozialversicherung und einer
in Wahrheit weit gehenden Ausschaltung der Selbstverwaltung wird Demontage von
ganz essenziellen Säulen unseres Sozialstaates betrieben.
Und wenn hier die Rede war von ach so demokratischen
Delegierungen von neuen Gremien, dann hat uns die Regierung ja vor einigen
Tagen bewiesen, was sie mit demokratischen Wahlen meint. Wir alle konnten beim
ORF-Publikumsrat mitbestimmen, aber das war alles andere als demokratisch.
Mit einer quasi Salamitaktik wurden sehr viele Verschlechterungen
und Maßnahmen gesetzt, angefangen von der Einführung der Ambulanzgebühren über
die Unfallrentenbesteuerung, die das Unsozialste war, was man sich denken
konnte, bis zu drastischen Erhöhungen von Gebühren, die die ganze Bevölkerung
belasten. Außerdem ist auch die Steuerquote so hoch wie noch nie, aber im
Gegensatz dazu wird der Spitzensteuersatz überhaupt nicht angetastet, da bleibt
alles gleich.
So klafft die soziale Schere immer weiter auseinander,
und dass das tiefe Einschnitte in die Gesellschaft mit sich bringt, dürfte
jedem klar sein. Der Erfolg dieses Landes war immer auf einer Solidargesellschaft
aufgebaut und die kommt uns jetzt abhanden. Angesichts der Entsolidarisierung
verstehe ich die InitiatorInnen, dass sie Sorge habe und dass sie sich mit viel
Engagement einsetzen und ein SozialstaatVolksbegehren initiiert haben. (Beifall
bei der SPÖ.)
Aber auch das öffentliche Bildungswesen sieht nicht
sehr schönen Zeiten entgegen. Das war in diesem Sommer hautnah mitzuerleben.
Nur durch den Einsatz unserer VBgm Grete Laska wurden diese Bundesregierung und
Bundesminister Bartenstein davon überzeugt, dass es notwenig ist, die
Finanzierung des Auffangnetzes für Lehrstellensuchende wieder aufzunehmen und
ein Jahr weiterzuführen. (Beifall bei der SPÖ.) Das war ein großer
Einsatz. Jetzt ist es für ein Jahr gesichert. Wie es in einem Jahr aussehen wird,
werden wir sehen. Ich erwarte wieder harte Verhandlungen, denn es dürfte nicht
wirklich im Interesse der Bundesregierung gelegen sein, für die Jugendlichen
eine Chance offen zu halten. Ich hoffe.
Was im Bildungssystem oder im Bildungsbereich aber noch viel
drastischer ist, ist die Einführung der
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