Gemeinderat,
37. Sitzung vom 19.12.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 85 von 98
verpflichtenden Ausschreibungen hätten die Vorgangsweise,
dass ganz gewisse Zivilingenieure genommen wurden, bestätigt, weil sich im
Wettbewerb dann ebenfalls diese Zivilingenieurbüros durchgesetzt hätten, das,
meine Damen und Herren, ist genauso, als würden der Österreichische oder der
Wiener oder der Niederösterreichische Handballverband sagen: Wir brauchen
überhaupt keine Meisterschaft mehr durchzuführen, denn seit 20 Jahren setzt
sich am Schluss sowieso immer Hypo Südstadt durch. Wozu führen wir überhaupt
die Meisterschaft durch? Das brauchen wir ja gar nicht, die werden ohnedies
immer Meister.
Meine Damen und Herren! Das ist vielleicht ein etwas
weit hergeholtes Beispiel, veranschaulicht aber Ihre Haltung zu
Ausschreibungen, und ich hoffe, dass sich das in Zukunft ändern wird.
Das Nächste: Meine sehr geehrten Damen und Herren,
man muss wirklich schmunzeln über die Argumentation der Wiener Linien.
Die Wiener Linien beziehungsweise
der Auftragnehmer konnten nicht termingerecht mit dem Bauen beginnen, nämlich
nicht im April 1996, sondern erst im Juli, also drei Monate später. Die Wiener Linien beziehungsweise die Stadt
Wien haben befürchtet, dass nun der Eröffnungstermin mit Ende Dezember 2000
nicht eingehalten werden kann. Man hat daher der Firma 260 000 EUR
überwiesen, damit sie pünktlichst fertig wird, sei es, dass Überstunden
geleistet oder mehr Arbeitnehmer beschäftigt werden oder sonst etwas.
Der Rechnungshof stellt richtigerweise fest, zum
Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen mit dem so genannten Bestbieter – auf
dieses Konsortium werde ich dann noch eingehen – war bereits bekannt, dass man
erst im Juli anfängt und nicht im April, daher hätte man bei diesen endgültigen
Vertragsverhandlungen sehr wohl auf diese vermehrte oder schnellere Arbeit
eingehen können, die der Bieter machen muss. Man hätte sich nicht im Nachhinein
eine Rechnung legen lassen müssen, die übrigens 410 Millionen EUR
betragen hat. Und die Stadt Wien hat dann schlussendlich 260 000 EUR
überwiesen.
Jetzt kommt die Begründung, warum die das gemacht
haben. Ich zitiere nur den letzten Satz: "Da alle U-Bahn-Eröffnungen
bisher planmäßig durchgeführt worden sind, hätte man schließlich nicht durch
eine Verschiebung der Eröffnung den Ruf der Wiener
Linien als kundenorientiertes zuverlässiges Dienstleistungsunternehmen
gefährden wollen."
Also da lachen aber wirklich alle. Denn erstens sind
die Wiener Linien, die Stadt
Wien, seit 20 Jahren mit dem U-Bahn-Bau sowieso relativ weit hinten. Dass
sie pünktlich eröffnet haben, mag sein, aber ich habe einen anderen Verdacht,
meine Damen und Herren. Betrachten Sie einmal das Datum des Ganzen. Ende
Dezember 2000 hätte eröffnet werden sollen, ist schlussendlich auch eröffnet
worden, die Steuerzahler haben 260 000 EUR mehr bezahlt. Können Sie
sich erinnern? Warum wäre die Eröffnung leider zu spät gewesen? Waren da nicht
im März 2001, also zweieinhalb Monate, knapp drei Monate später, die Wiener
Wahlen? Und da wollte man halt eröffnen, meine Damen und Herren. Man wollte
noch vor dem Wahlkampf eine U-Bahn-Station eröffnen.
Das ist in Wirklichkeit, glaube ich – da werden Sie
mir Recht geben –, das wahre Argument gewesen, warum man den Firmen die
260 000 EUR gegeben hat: damit man noch vor den Wahlen eröffnen
konnte. Sie hätten sonst nie vor den Wahlen eröffnen können. Aber das hätten
Sie auch sagen können, dass die Steuerzahler nur deshalb zur Kassa gebeten
wurden, damit der Herr Bürgermeister dort die U-Bahn-Station eröffnen kann. (Beifall
bei der FPÖ. – VBgm Dr Sepp Rieder: Aber ihr wart auch dort!)
Meine Damen und Herren! Bei der Ausschreibung gab es
– das Wort Schiebung nehme ich wirklich nicht sehr gerne in den Mund; ich habe
es schon wieder vergessen – Absprachen. Das könnte man ruhig sagen. Die Wiener Linien haben nämlich bei diesen
vier Bauabschnitten, vor allem beim Bauabschnitt Gasometer, in die
Ausschreibung hineingegeben, dass 22 000 Kubikmeter verunreinigtes
Erdreich abzubauen sind. In Wirklichkeit sind in diesem Bereich der U-Bahn-Station
nie verunreinigte Erde oder sonstige Rückstände festgestellt worden, und zwar
weder 1991 im Kataster der Stadt Wien noch bei Probebohrungen beim Gasometer
noch in den achtziger Jahren, als bereits auch dort Probebohrungen durchgeführt
wurden. Also bei drei verschiedenen Bohrungen und Tests innerhalb von 12,
13 Jahren ist nichts festgestellt worden, aber es gab Probebohrungen, die
die Grundlage dafür waren, dass man den Abbau von 22 000 Kubikmetern
kontaminierte Erde in die Ausschreibung hineingegeben hat. Und wissen Sie, die
Firma, die die Probebohrungen gemacht hat, war Mitglied jenes
Bieterkonsortiums, welches schlussendlich dann auch den Auftrag bekommen hat.
Das ist interessant, und das stellt der Rechnungshof richtigerweise fest.
Der nächstbeste Bieter war um
1,5 Millionen EUR teurer. Warum war er teurer? Weil der nämlich die
ortsüblichen Preise für den Aushub und den Abtransport kontaminierter Erde
verrechnet hat. Die Bietergemeinschaft, bei der auch jene Firma war, die die Probebohrungen
gemacht hat, hat hingegen einen sehr günstigen Preis für diese Arbeiten
verlangt. Ich möchte und kann es nicht behaupten, aber der Verdacht schwebt
schon sehr im Raum, dass die Firma sehr wohl gewusst hat, dass dort kaum oder
überhaupt keine kontaminierte Erde vorhanden ist. In Wirklichkeit hätte nämlich
die zweitbeste Bietergemeinschaft gewinnen müssen, die schlussendlich um
1,4 Millionen EUR billiger gewesen wäre.
Meine Damen und Herren! Das ist wirklich unglaublich! Obwohl
man weiß, dass es dort überhaupt keine kontaminierte Erde gibt, gibt man
22 000 Kubikmeter in die Ausschreibung hinein. Dabei verlässt man
sich auf die Probebohrung einer Firma, die dann mit anderen die Ausschreibung
gewinnt, weil sie, wahrscheinlich in dem Wissen, dass ohnedies nichts
abtransportiert werden muss, überhaupt keine ortsüblichen, sondern
Dumpingpreise veranschlag hat, wodurch seriöse Anbieter durch
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