Gemeinderat,
37. Sitzung vom 19.12.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 75 von 98
geehrte Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich ersuche um Zustimmung zum vorliegenden
Geschäftsstück.
Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner:
Zum Wort gemeldet ist Frau Mag Ringler. Ich erteile ihr das Wort.
GRin Mag Marie Ringler (Grüner Klub
im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren!
Heute hat bei der Pressekonferenz zum Leitbild der
Theaterreform eine Dame aus dem Publikum gefragt: Wie ist das eigentlich, jetzt
wird das Theater reformiert, und ist es denn so, dass sich in dieser Stadt die
Verhältnisse zwischen zeitgenössischer Kultur und dem, was man klassischerweise
als Repräsentationskultur bezeichnet, massiv verschieben? Ist es denn jetzt so,
dass die Diskussion über die Theaterreform damit auch abgeschlossen ist?
Es ist heute hier sicherlich nicht der Ort, um eine
langwierige Debatte über diese Frage zu beginnen. Aber in aller Kürze möchte
ich doch eine Antwort auf diese Frage geben und auch erklären, warum wir dem
vorliegenden Akt heute nicht zustimmen werden.
Wir glauben, dass in dieser Stadt zu Recht viel Geld
für Kunst und Kultur ausgegeben wird. Wir glauben auch, dass es richtig und gut
ist, dass wir das in einer großen Bandbreite tun, in einer Bandbreite zwischen
Experimentellem und eher Traditionellem, zwischen dem, was junge Menschen
vielleicht lieber mögen, und dem, was Ältere lieber mögen, zwischen dem, was
klassisch, und dem, was neu und innovativ ist. Wir stehen zu dieser Bandbreite
zwischen den unterschiedlichsten geförderten kulturellen Einrichtungen.
Aber zunehmend skeptisch sind wir, was die
Einrichtung eines vierten Opernhauses in dieser Stadt betrifft. Vier
Opernhäuser für eine Stadt wie Wien - mit der Einwohnerzahl, die wir haben, ist
das ein mutiger Schritt. Es ist ein mutiger Schritt, derart viel an Kapazitäten
für einen sehr spezifischen Bereich der Kultur zur Verfügung zu stellen. Wir
stellen uns die Frage, ob es erstens ausreichend Publikum für vier Opernhäuser
geben wird und ob es zweitens gerechtfertigt und adäquat ist, jene Summe Geld,
die für diesen Bereich zusätzlich ausgegeben werden muss, auszugeben, in dieser
Form und für diese spezifischen Sparte.
Wir beantworten diese Frage derzeit mit einem Nein.
Nein, wir glauben nicht, dass die Summen, die man für den Bereich der Oper, des
Musiktheaters hochrechnen kann, für ein viertes Opernhaus ausgegeben werden
sollen. Wir glauben vielmehr, dass dieses Geld anderen Bereichen der Kultur
zufließen sollte, dem zeitgenössischen Bereich, dem experimentellen Bereich,
nicht unbedingt ausschließlich anderen Bereichen aus dem Musiktheater - es gibt
ja eine sehr interessante freie Opernszene in der Stadt -, aber wir glauben,
dass es jedenfalls problematisch ist, geschätzte 25 bis
40 Millionen EUR im Jahr für ein viertes Opernhaus zu investieren.
Das hat noch gar nichts mit den fachlichen
Kompetenzen derjenigen zu tun, die daran arbeiten, ganz im Gegenteil. Aber es
hat etwas mit der Frage von Verteilung und Verteilungsgerechtigkeit zu tun.
Wenn ich mich recht an das erinnere, was Kulturstadtrat Mailath-Pokorny zu
Beginn seiner Amtszeit so oft gesagt hat: Öffentlichkeiten schaffen,
Gegenöffentlichkeiten, anderes fördern, kulturelle Diversität, dann muss man
schlicht und ergreifend festhalten, dass man mit dieser Investition diesen
Forderungen nicht gerecht wird, sondern dass hier eine massive Umverteilung
zugunsten jener Sparte passiert, die wir klassischerweise als die traditionelle
Repräsentationskultur bezeichnen.
Wie gesagt, ich glaube, es ist heute hier nicht der
Ort, darüber ausführlich zu diskutieren. Wir werden dazu in den nächsten
Monaten sicherlich Gelegenheit haben. Aber es ist uns ein Anliegen,
festzuhalten, warum wir das Geld in dieser Form nicht mit beschließen werden.
Vielleicht ein Letztes: Ja, ein Teil unserer
Ablehnung lässt sich auch darauf begründen, dass wir glauben, dass bei den
Vereinigten Bühnen Wien zumindest ein Mindestmaß an Transparenz für die
Mitglieder des Kulturausschusses eingeführt werden muss. Wenn ich darauf
aufmerksam machen darf, dass der vorliegende Antrag den Mitgliedern des
Kulturausschusses in Form eines zweiseitigen Aktes mit ungefähr vier Absätzen
zur Kenntnis gebracht wurde, dann werden Sie verstehen, was ich meine:
260 Millionen ATS auf zwei Seiten, ein Achtel des Kulturbudgets der
Stadt Wien auf zwei Seiten, das entspricht nicht den Vorstellungen, die wir
über Transparenz haben! Es entspricht im Übrigen auch nicht den Grundsätzen der
von uns heute beschlossenen Theaterreform.
Da ich aber guter Hoffnung bin, dass sich zumindest
in dieser Frage einiges ändern wird, hoffe ich doch sehr, dass die
Theaterreform hier gleich einmal einen ersten, entscheidenden Unterschied im
nächsten Jahr machen wird. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner:
Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.
Die Frau Berichterstatterin hat das Schlusswort.
Berichterstatterin GRin Marianne Klicka:
Nach diesem Redebeitrag von Frau Kollegin Ringler möchte ich nun wieder zum Akt
zurückkehren. Dieser befasst sich nicht mit dem Betrieb des Opernhauses - denn
diese Beschlussfassung ist hier im Gemeinderat schon vor einigen Wochen erfolgt
-, sondern mit der Betriebssubvention für 2004. Da denke ich, dass es sehr wohl
notwendig ist, dass wir das Haus bis zum Mozartjahr in Schuss halten, dass wir
das Haus mit doch 460 Vorstellungen bespielen und dass dafür natürlich
auch die Beträge gerechtfertigt sind.
Ich ersuche Sie daher um Zustimmung.
Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner:
Wir kommen nun zur Abstimmung, wobei ich die Abstimmung getrennt durchführe.
Ich erinnere daran, wir haben drei Themenbereiche, die jetzt abgestimmt werden
sollen: das eine ist das Theater an der Wien, das Zweite ist das
Raimundtheater, und das Dritte sind die Festivals Osterklang und KlangBogen.
Ich fange mit der Abstimmung zum Theater an der
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