Gemeinderat,
37. Sitzung vom 19.12.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 49 von 98
erteile ihr das Wort.
GRin Mag Sonja Wehsely (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau Vorsitzende!
Herr Berichterstatter! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Lieber Kollege Strache! Ihre Wünsche, was alles mit
der Mehrheitsfraktion passieren soll, werden dank der Wienerinnen und Wiener
erfreulicherweise nicht erfüllt. Ich kann mich noch gut erinnern, wie Sie in
der letzten Sitzung vor der Gemeinderatswahl gesagt haben, wir würden am
Sonntag unser blaues Wunder erleben. Wenn Sie sich die Sitzverteilung jetzt
anschauen, war es ein bisschen anders, und genauso wird es mit Ihrer Sorge mit
dem angeblichen hohen Ross sein. (GR Dr
Herbert Madejski: Aber die Frau Stadträtin sitzt schon auf dem hohen Ross!)
Aber bitte, glauben Sie weiter.
Tatsache ist, dass wir heute lange diskutiert haben,
viel diskutiert haben, aber über die wesentlichsten Grundlagen und Begründungen
für diese Reform nicht diskutiert haben, nämlich zunächst einmal über die
Tatsache, dass im Jahr 2030 – und das klingt jetzt irgendwie weit weg, ist es
aber nicht – bereits über ein Drittel der Wienerinnen und Wiener älter als 60 Jahre
sein wird. Die Zahl der SeniorInnen, vor allem der alten Seniorinnen und
Senioren, steigt. Ich werde dann 2030 auch davon betroffen sein, da werde ich
nämlich gerade 60 sein. (Zwischenruf des GR Gerhard Pfeiffer.)
Es gibt – das wurde heute auch schon mehrmals
erwähnt, nur der richtige Schluss daraus wurde nicht gezogen – sowohl die
Andersen-Studie als auch einen Kontrollamtsbericht, in dem die Probleme, die in
diesen Bereichen der Stadt Wien gegeben sind, ganz klar dargelegt wurden, und
die Diskussion ist auch keine neue. Jetzt werden die Probleme – zumindest habe
ich den Eindruck, was diese Debatte betrifft – von allen Fraktionen gesehen,
denn darüber, dass hier Handlungsbedarf ist, besteht Einigkeit. Wir haben ja
auch schon zwei sehr konstruktive Arbeitsgruppensitzungen mit allen Fraktionen
gehabt. Da war auch Einigkeit darüber, dass grundsätzlich die Zusammenführung
der Sozial-, Pflege- und Behindertenbetreuung eine sinnvolle ist. Nur zu dem
Thema, wie das gestaltet sein soll, haben Sie überhaupt nichts gesagt. Das ist
doch Ihr Recht als Opposition. Und das nehme ich damit hier auch so zur
Kenntnis.
Wenn hier kritisiert wird, dass es sich um eine
undemokratische Vorgangsweise handelt, wenn das insbesondere von der ÖVP und
der freiheitlichen Fraktion kritisiert wird, dann weiß ich nicht, ob das
wirklich ernst gemeint ist oder halt im Geplänkel einer Gemeinderatsdebatte
stattfindet, denn ich würde von den Kolleginnen und Kollegen der ÖVP und der
FPÖ gerne wissen, wann es einmal der Fall war – ich möchte nur ein einziges
Beispiel wissen –, dass eine Maßnahme im Bund umgesetzt wurde und die
Opposition bereits acht Monate vorher darüber informiert wurde, dass diese
Maßnahme geplant ist und die Eckpfeiler dieser Maßnahme auch präsentiert
wurden. Dieses Beispiel werden Sie mir nicht bringen können, denn das Beispiel
gibt es nicht. Und das ist auch der wesentliche Unterschied zwischen der
absolut regierenden Sozialdemokratie in diesem Haus und der schwarz-blauen
Bundesregierung. (Beifall bei der SPÖ.)
Wenn Sie hier von einem Abschieben von Verantwortung
sprechen, dann kann, werde und will ich Sie nicht daran hindern, ich bin nur
der festen Überzeugung, dass Sie selber wissen, dass dem nicht so ist und dass
das nicht stimmt. Herr Kollege Barnet ist jetzt, glaube ich, nicht da, oder ich
sehe ihn zumindest nicht, denn ich hätte ihm jetzt gerne erklärt – vielleicht
können Sie ihm das ausrichten –, was es so auf sich hat mit der
Geschäftseinteilung im Magistrat der Stadt Wien, wieso da der Fonds nicht
vorkommt und was es mit etwaigen und eventuellen Verantwortungen des Fonds auf
sich hat. Tatsache ist nämlich, dass selbstverständlich weiterhin die
MA 15 die Kompetenz und die Verantwortung für diese Leistungen hat. Da hat
er offenbar im falschen Walter/Mayer nachgeschaut, vielleicht im Walter/Mayer
für besonderes Verwaltungsrecht oder im Walter/Mayer für Verfassungsrecht, aber
offenbar nicht im Walter/Mayer für Verwaltungsverfahrensrecht.
Ich sage es ihm jetzt gerne, es ist die
7. Auflage und die Randzahl 375, wo festgehalten ist: „In der Praxis
finden Verwaltungsverfahren auch dadurch eine Erledigung, dass die Behörde in
den Fällen, in denen eine Partei die Vornahme eines bestimmten Aktes beantragt,
diesen Akt ohne über den Antrag einen förmlichen Bescheid zu erlassen setzt.
Damit ist der Antrag erledigt.“ Punkt.
Und das ist genau die schwierige Erklärung. Also ich
denke mir dazu, es ist sozusagen keine so ganz diffizile juristische Sache,
weil sie in einem Lehrbuch für die Grundausbildung der Juristinnen und Juristen
nachzulesen ist, aber man muss halt im richtigen Lehrbuch nachschauen. Da ist
klar gelegt, dass die Verantwortung natürlich weiterhin beim Magistrat bleibt
und wenn jemand Hilfe braucht und vom Fonds die Leistung, die ihm auf Grund der
gesetzlichen Grundlage zusteht, nicht bekommt, selbstverständlich zur Behörde
gehen kann und dann auch einen Bescheid bekommt und damit auch einen Bescheid
hat, der erfüllt werden muss. Allerdings wenn jemand eine Leistung ohne
Bescheid erfüllt bekommt, ist damit sein Recht auch verwirkt, weil die Leistung
ja bereits getätigt wurde. Ich würde bitten, das auszurichten, weil das
vielleicht einfach nur eine Informationslücke ist, die man damit auch schon
erklären kann.
Das, was wir heute hier beschließen und auch in der Zukunft
vorhaben, ist, den zusammengeführten Bereich der Sozialpflege und
Behindertenbetreuung in drei Ebenen vorzunehmen. Da sage ich wieder, das hat
aber nichts damit zu tun oder ist genau das Gegenteil von Abschieben von
Verantwortung, denn die erste oberste und wichtigste Ebene ist nämlich die
Politik und dort wird die konkrete Planung und Strategie dieser Bereiche
vorgegeben, nämlich des Sozialbereichs, des Pflegebereichs und des
Behindertenbereichs. Das findet selbstverständlich im Bereich der Politik und im
Bereich des Magistrats statt und die Politik, das wurde hier auch so negiert
oder übergangen, beschließt natürlich auch das
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