Gemeinderat,
37. Sitzung vom 19.12.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 98
Brauner: Das ist ein psychologisches Problem für Sie!), wo sehr
wohl eine andere Kultur, nämlich eine Rechtskultur herrscht, denn
Verfassungsgerichtshofurteile haben die Bundesregierung betroffen und nicht den
Stadtsenat der Stadt Wien. (Beifall bei
der SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Sie
ignorieren Beschlüsse, obzwar Sie natürlich in der Regel beim Budget nicht
mitstimmen. Sie haben es auch im letzten Monat nicht gemacht, aber Sie sagen,
man weiß ja gar nicht, wie viel Geld in dem Bereich ausgegeben wird, und so
weiter. Bitte, wir haben es im vorigen Monat beschlossen. Es steht schwarz auf
weiß dort. Sie brauchen es nur im grünen Buch oder im Internet, wo immer Sie
wollen, nachzulesen – und dass Sie lesen können, betonen Sie ja besonders hier
immer –, dort steht ganz genau, wie viel Geld wir nun für die MA 15 zur
Verfügung haben. Es steht aber nicht nur, wie viel Geld das ist, sondern auch,
für welche Bereiche, für welche sozialen Dienstleistungen dieses Geld 2004 zu
verwenden und auszugeben ist. Das steht ganz klar dort.
Und
genauso wird es mit dem Fonds Soziales Wien sein. Der wird genaue Vorgaben
erhalten und das Geld nicht willkürlich – auch wenn Geld, wie man sagt, kein
Mascherl hat – verwenden können. Er wird Geld zur Verfügung gestellt bekommen
für bestimmte Dienstleistungen, die wir sehr wohl hier im Rahmen der Stadt Wien
definieren und wofür wir auch weiterhin bereit sind – und die Geschichte hat
das auch gezeigt –, die soziale Verantwortung zu übernehmen. (Beifall bei der SPÖ.)
Und weil hier nicht nur von Ihnen, sondern auch von
der anderen Vorrednern die Worte Demokratie, Transparenz, keine
Mitsprachemöglichkeit et cetera sehr groß in den Mund genommen wurden, muss ich
schon eines sagen: Demokratie heißt auch Regierung und Opposition, heißt auch
Regierungspolitik und Oppositionspolitik, denn soviel ich weiß – und ich bin
nun schon sehr lange in diesem Haus – haben wir nie eine
Konzentrationsregierung gehabt. Das ist mir nicht bekannt. Insofern hat Frau
Lakatha in ihrer Rede gestern etwas von der Regierungspartei dieser Stadt sehr
zu Recht gefordert – auch wenn sie vorher gesagt hat, Sie haben viele Experten
in Ihren Reihen, und ich mir gedacht habe, aha, jetzt wird ein toller Vorschlag
kommen –: Planungen, Planungen, Planungen. Und das ist genau das, was diese
Stadtregierung, was dieser Stadtsenat macht. Er nimmt diese Aufgabe sehr ernst
und legt uns das als Gremium des Gemeinderats vor. Es obliegt dann uns, darüber
zu befinden, ob wir es beschließen wollen oder nicht. (GR Gerhard Pfeiffer: Aber auch die nichtamtsführenden Stadträte
gehören zur Stadtregierung!) Ja, sie sind ja auch im Stadtsenat drinnen und
dürfen und können dort mitreden. (GR
Gerhard Pfeiffer: Und was ist dort geredet worden?) Sie können Beschlüsse
mitfassen oder nicht, aber meistens spielen Sie dort genauso Opposition wie
hier. So ist es nun einmal. (GR Günther Barnet: Das brauchen wir nicht zu
spielen, das sind wir! Wir treten nicht zurück!) Als nichtamtsführende
Stadträte tut man sich halt leicht, weil man ja auch kein Ressort zu
verantworten hat.
Ich möchte Ihnen auch noch etwas sagen, weil Sie
gesagt haben, wir stehlen uns aus der Verantwortung. Da möchte ich aber schon
fragen: Wo steht das? Wo haben Sie das gelesen? Oder ist es einfach eine
Missinterpretation von Ihnen oder auch ein Trugschluss, den Sie aus den
Regierungserfahrungen Ihrer eigenen Kollegen aus der Bundesregierung ziehen. (GR
Günther Barnet: Wer macht ab 1. Juli die Pflegebetten? Wer hat ab
1. Juli die Kompetenz dafür? Sagen Sie das! Sie haben das abgegeben!)
Sie nehmen das Wort Polemik in den Mund, aber der
Großteil Ihrer Rede war Polemik und keine inhaltliche Auseinandersetzung. Denn
wenn wir um die Inhalte reden würden, dann würden wir darüber reden, wofür die
Sozialpolitik dieser Stadt steht und für welche Menschen wir was leisten
wollen. Und darum geht es. Es geht darum, diese Aufgaben auch in Zukunft
sicherzustellen, aber auch Veränderungen einzuleiten.
Weil das Wort Kontrolle gefallen ist, möchte ich auch
dazu vorweg etwas sagen. Sie haben zu Recht gesagt, dass der Fonds Soziales
Wien natürlich auch der Prüfung durch das Kontrollamt unterliegt, und so viel
ich weiß – und das wissen Sie auch –, ist bis jetzt noch jeder
Kontrollamtsbericht dem Kontrollausschuss vorgelegt worden, in dem alle Gremien
und alle politischen Parteien drinnen sitzen, und es gibt auch einen
Kontrollamtsbericht zum Rechnungsabschluss, in dem sehr wohl alle Prüfungen
aufgelistet sind und worüber sehr wohl dieses Gremium, nämlich der Gemeinderat,
zu befinden hat. Also sagen Sie nicht, wir entziehen den Überblick darüber,
welche Geldmittel für welche Aufgaben zu fließen haben, der Kontrolle dieser
Stadt, der Kontrolle dieses Gremiums. Das ist nicht der Fall. (GR Günther
Barnet: Gibt es einen Geschäftsbericht, so wie es einen Rechnungsabschluss an
den Gemeinderat gibt?)
Der Fonds Soziales Wien hat die Aufgaben ja noch
nicht übertragen bekommen. Sie nehmen etwas vorweg, was noch nicht ist, und Sie
werfen gleichzeitig vor, dass einerseits mit diesen Beschlüssen heute nicht
nur ... (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Darf ich ersuchen ... (Weitere
Zwischenrufe bei der FPÖ. – Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Sie haben
keine Ahnung! Im Bund wird nicht einmal die gesetzliche Ausschreibung
durchgeführt! Im Bund wird über alles drübergefahren! Und hier regt ihr euch
auf wie nur! Das ist ja lächerlich!) Es werden nun Beschlüsse gefasst, aber
Politik ist nicht so einfach, dass man sagt, jetzt haben wir das erledigt, das vergessen
wir, das liegt jetzt eigentlich sozusagen hinter uns, sondern im Gegenteil –
und das haben ja auch schon die gemeinsamen Sitzungen der beiden Ausschüsse
gezeigt –, mit diesen Beschlüssen wird natürlich auch ein Entwicklungsprozess
eingeleitet.
Um Entwicklungen vorantreiben zu können, braucht es
Beschlüsse, aber es braucht gleichzeitig auch die Möglichkeit, dass man das
tut. Wenn wir diese Beschlüsse nicht fassen, dann gibt es keine
15a-Vereinbarungen, und dann gibt es ab 1. Juli keine Agenden im Fonds
Soziales Wien, dann kann man nicht daran arbeiten, dass das so ist.
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