Gemeinderat,
37. Sitzung vom 19.12.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 32 von 98
dagegen, damit ist alles klar – und damit zur Tagesordnung
übergehen und sich nach zwei Minuten hinsetzen und sagen, jetzt warte ich, was
noch kommt und die restlichen 38 Minuten spare ich mir auf. Dieses
undemokratische Vorgehen habe ich mir überlegt, aber ich erspare es mir, ich
werde Sie trotzdem mit dem konfrontieren, was man Ihnen in diesem Zusammenhang
einfach sagen muss.
Einer dieser Punkte ist: Es geht nicht nur um die
Geschäftseinteilung – die dafür zuständige Stadträtin ist auch nicht da, die
entzieht sich, vielleicht weiß sie auch gar nicht, was genau in der
Geschäftseinteilung steht –, sondern es geht um das demokratische Gewissen der
SPÖ, und das wird heute zu Grabe getragen. Das kann man so sagen. Es ist nicht
nur ein Vorgang, der hinsichtlich Rechtskultur und Demokratieverständnis der
SPÖ eindeutig Zeugnis davon ablegt, wo sie steht, nämlich außerhalb von
Rechtskultur und außerhalb von Demokratie, nein, die SPÖ trägt heute auch noch
ihr soziales Gewissen zu Grabe.
Sie können das machen, aber Sie werden dafür unsere Zustimmung
nicht finden, denn Ihre Vorgangsweise ist in jeder Hinsicht
verfassungsrechtlich fragwürdig, höchstwahrscheinlich rechtswidrig – wir werden
uns das anhand eines entsprechenden Gutachtens noch anzusehen haben –, aber es
ist vor allem politisch absolut inakzeptabel. (Beifall bei der FPÖ.)
Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie!
Jetzt können Sie noch so gelangweilt in Ihre Laptops, Palm Pilots, Zeitungen
oder was auch immer blicken, Sie haben jeden Anspruch auf Demut, den Sie nach
der Wahl 2001 erhoben haben, verloren. Sie haben jeden Anspruch darauf
verloren, dass man mit Ihnen im demokratischen Zusammenhang ordentlich
diskutiert. Sie entziehen sich, Sie glauben, Sie halten das aus, und Sie
verhöhnen dieses Haus. Sie verhöhnen dieses Haus durch Ihr Verhalten und durch
Ihre Vorgangsweise. Ich werde das noch öfter sagen, Sie werden sich das nicht
ersparen können.
Lassen Sie mich dazu einige Beispiele bringen, damit
wir die Sache trotzdem sachlich dingfest machen können, aber sehen wir uns auch
die Akteure an; sehen wir uns die Akteure dieser nahezu burgtheaterreifen
Inszenierung im Ablauf Fonds Soziales Wien an.
Worum geht es? Es geht um viel Geld – die Kollegin
Korosec hat 3 Milliarden EUR gesagt, manche sagen, es sind nur
500 Millionen EUR –, niemand weiß es genau, denn ein entsprechender
Bericht liegt nicht vor. Es gibt keinen Bericht, wir wissen gar nicht, um wie
viel Geld es geht. Wir wissen nur eines: Der Gemeinderat wird dieses Geld
jährlich zur Verfügung stellen und dann bei einem uns unbekannten Empfänger –
wir wissen zwar, er heißt Fonds Soziales Wien, aber wir wissen nicht genau, was
er damit machen wird – abliefern.
Es geht um die Aufgabe von Kontrollrechten des
Gemeinderates, insbesondere der Opposition, und es geht um die – um es mit
einigen kurzen Worten zu sagen – Ausschaltung demokratischer Grundprinzipien.
Es geht um ein Grundprinzip, das üblicherweise in der Sozialdemokratie hohen
Stellenwert haben müsste, aber wenn es um Sie selber geht, dann verneinen Sie
es nicht, dann negieren Sie es, dann sind Sie nicht einmal anwesend.
Es geht um – man muss das sagen – 50 000
Bescheide, 50 000 Bescheide, die in Zukunft nur von einer einzigen
Abteilung ausgestellt werden, von einer Abteilung, die es bis dato – wir werden
uns heute noch damit beschäftigen – nicht einmal geschafft hat, die drei
letzten Bescheide für die Genehmigung des AKH auszustellen. Also ich bin schon
gespannt, wie die in Zukunft jedes Jahr 50 000 Bescheide ausstellen
werden, aber drei, die schon über zehn Jahre alt sein könnten beim AKH, haben
sie noch nicht ausgestellt. Zu dieser Abteilung, meine Damen und Herren, kann
man subjektiv nicht sehr viel Vertrauen haben. Das muss man sich schon genauer
anschauen.
Es geht auch um 17 geschäftseinteilungsmäßige
Angelegenheiten, die wir mit dem heutigen Beschluss von uns weggeben, und zwar
in die Vollziehung des Fonds Soziales Wien ab dem 1. Juli des
Jahres 2004.
Und jetzt frage ich mich: Geht das überhaupt? Ist das
verfassungsrechtlich zulässig? Können wir Aufgaben delegieren? Ja, wir können
Aufgaben delegieren. Aber können wir das im Rahmen unserer Geschäftseinteilung?
Können wir sagen, wir treten ein uns zustehendes verfassungsmäßiges Recht an
ein Organ ab – Fonds Soziales Wien –, das es in der Verfassung dieser Stadt gar
nicht gibt? Das kann ja gar nicht sein. Wir könnten einzelne Aufgaben abgeben,
wir könnten sagen, bitte erledigt das und das für uns – so war es bei der
Gründung des Fonds Soziales Wien –, aber in unserer eigenen Geschäftseinteilung
mit Präambel zu sagen, wir geben 17 geschäftseinteilungsmäßige Zuständigkeiten
ab, ohne verfassungsrechtliche Grundlage, das kann man selbst mir als quasi
kleinem Hausjuristen nicht erklären, dass das verfassungsrechtlich
funktioniert. Das ist ein Topfen, ein Humbug, da helfen keine Verweise auf
Walter/Mayer oder sonst irgendetwas – ich werde Ihnen das dann im Detail noch
widerlegen –, das ist einfach hanebüchen. Sie treten geschäftseinteilungsmäßige
Kompetenzen an ein Organ ab, das es in unserer Verfassung gar nicht gibt. Also
da braucht man über Rechtsordnung oder Demokratie eigentlich gar nicht mehr
weiter zu diskutieren, da ist alles klar. (Beifall bei der FPÖ.)
Es ist aber nicht so, dass das nur Kritik sein soll, denn es
hätte auch andere Möglichkeiten gegeben. Es hätte die Möglichkeit gegeben, zu
sagen: Wir beschließen einmal die Zusammenlegungen der Magistratsabteilungen
12 und 47 zu 15A, und dann schauen wir weiter. Dann schauen wir uns den
Prozess einmal genau an, denn dieser Prozess ist ja – wie es die Vorredner
schon gesagt haben – nicht definiert, da gibt es irgendwelche Kasterln – wir
werden uns mit einer dieser Charts noch beschäftigen, die ist besonders lustig
–, aber es kann keiner heute den Prozess erklären; der Geschäftsführer Hacker
nicht, der Mag Spacek nicht. Die können das alle nicht erklären. Von den
Stadträtinnen und Stadträten, VizebürgermeisterInnen und wem auch immer,
schweige
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