Gemeinderat,
37. Sitzung vom 19.12.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 98
stellen
den politisch Verantwortlichen in dieser Stadt, und das ist die Wiener
Stadtregierung, ein vernichtendes Urteil aus. (Beifall bei der ÖVP.)
Und wenn man das jetzt sozusagen
im Lichte der letzten Monate sieht - was passiert ist im Geriatriezentrum Lainz
-, so muss man sich schon die Frage stellen, ob der Slogan “Denn der Mensch zählt“
wirklich ernst gemeint ist.
Dann kam der Auftrag des Herrn
Bürgermeister “Alles muss anders werden“. Und die Frau Vizebürgermeisterin
Laska hat vor acht Monaten hier an dieser Stelle erklärt, hier wird
ausgegliedert und mit 1.1. gibt es den Fonds “Soziales Wien“ mit all den
Begleiterscheinungen, die dazugehören. In der Zwischenzeit hat die Opposition
immer wieder angefragt. Bitte, wir haben eine Sondersitzung gehabt, es wurden
zehn Anträge gestellt, es wurden fünf Anfragen gerichtet, eine davon war eine
Dringliche Anfrage, erklärt wurde uns nichts. Im Geheimen wurde geplant,
geplant, und das seit acht Monaten. Und das ist Demokratie auf sozialistisch. (Beifall
bei der ÖVP.)
Am 12.12., also genau vor einer
Woche, wurden wir erstmals informiert. Das war eine sehr interessante und auch
sehr offene Diskussion, aber das Ergebnis heißt: Nix ist fix, alles ist
möglich. Und es ist auch nicht uninteressant, meine Damen und Herren, dass es
sich hier immerhin um ein Budget von 3 Milliarden EUR handelt, also um ein
Drittel des Gesamtbudgets der Stadt Wien. Und heute sollen wir eine
Geschäftseinteilung beschließen, mit welcher teilweise die MA 12 und die MA 47
zusammengelegt wird, aber derzeit - und daher stelle ich die Frage, warum muss
man das heute beschließen - ändert sich überhaupt nichts, außer dass 12 und 47
15A heißt, und mit 1.7. sollen die Strukturen dann geschaffen sein.
Welche Strukturen? Hier ist noch
sehr, sehr Vieles unbekannt. Es wurde acht Monate geplant, man weiß, es muss
geändert werden, aber man weiß vor allem in den wichtigen Bereichen, gerade
eben des Vergabewesens - das ist ja das Wichtige dabei -, weiß man noch immer
nicht, welche Lösung tatsächlich kommt.
Der Herr Kollege der grünen
Fraktion war ja sehr optimistisch, aber das ist ja alles überhaupt noch nicht
geregelt. Man wartet ja noch auf ein Gutachten. Vielleicht gibt es das
Gutachten, wir haben aber bisher noch nichts davon gehört. Also, vorigen
Freitag hat der Geschäftsführer sehr offen gesagt, dass das alles noch nicht
geregelt sei, aber heute sollen wir es beschließen! Ich kann das nur als
Kuddelmuddel-Planung bezeichnen. (Beifall bei der ÖVP.)
Und, meine Damen und Herren, es
geht ja nur um 3 Milliarden EUR. Nix ist fix, aber eines ist klar, und das war
von Anfang an offenbar klar: Die Opposition muss natürlich aus jeglicher
Kontrolle herausgehalten werden. Der Bürger darf keinen Rechtsanspruch haben
und der Bürger und auch die Organisationen sollen zu Bittstellern degradiert
werden. Alles läuft am Gemeinderat vorbei, das ist fix. Ich hoffe, es ist nicht
fix, aber Sie haben es so vorgesehen einmal, ja. Daher haben Sie beim Fonds
“Soziales Wien“ die Rechtsform so gewählt, dass die Rechte hinsichtlich der
Budgethoheit dieses Hauses maximal beschränkt sind: Kein Genehmigungsrecht
dieses Hauses, weil Wirtschaftsplan oder Jahresabschluss, Budgethoheit beim
Kuratorium.
Und hier, nachdem der Kollege
Margulies das so ausführlich gesagt hat, brauche ich es nicht wiederholen.
Gerade, wenn es um das Kuratorium geht, da ist die Opposition ausgeschlossen,
nicht dabei. Ich würde meinen, das ist Kuddelmuddel-Kontrolle. (Beifall bei der ÖVP.) Und es geht ja
nur um 3 Milliarden EUR, wozu braucht man da eigentlich eine Kontrolle.
Meine Damen und Herren, es ist
erschütternd, welchen Stellenwert demokratiepolitische Fragen, Fragen der
Kontrolle, für Sie von der Mehrheitsfraktion haben. Und ich wundere mich
deshalb schon über Sie von der Mehrheitsfraktion: Haben Sie nicht schon genug?
Es ist die Sache mit Lainz
passiert. Das ist natürlich etwas, was auch Ihnen auf den Kopf gefallen ist: Zu
wenig durchgeführte Kontrollen. Nun wird eine neue Spielwiese für
unkontrollierte Zustände geschaffen. Klingeln da nicht bei Ihnen alle
Alarmglocken? Offensichtlich nicht. Lainz ist Ihnen auf den Kopf gefallen und
ich garantiere, wenn Sie nicht noch, jetzt ist ja noch Zeit, Veränderungen
vornehmen, dann wird Ihnen auch der “Soziale Fonds“ auf den Kopf fallen. (Beifall
bei der ÖVP.)
Denn die Aufgaben des “Sozialen
Fonds“, meine Damen und Herren, wären ja ganz, ganz wesentliche und wichtige
planerische, konzeptive, strategische Maßnahmen. Behindertenhilfe, Arbeit und
Beschäftigung, Wohnungslosenhilfe, Maßnahmen für Senioren, Flüchtlingshilfe,
Seniorenwohnheime, ausgewählte Bereiche aus dem Vollzug der Sozialhilfe,
stationäre und ambulante Pflege, sowie Sozialdienste für Pflegebedürftige.
Meine Damen und Herren, fast alle
Lebensbereiche der Menschen dieser Stadt werden davon betroffen sein. (Beifall
bei der ÖVP.)
Und nun ist eine Umstellung
angedacht - angedacht, es ist ja noch nicht eine Umstellung - auch von
Leistungsfinanzierung auf Individualförderung. Und was heißt das praktisch: Weg
von der Vergabewelt hin zur Förderwelt. Das hat weitreichende Auswirkungen auf
die Kunden und natürlich auch weitreichende Auswirkungen auf die
Organisationen. Und warum will man diesen Weg gehen? Sie wissen, es gibt seit
1.7.2003 das Bundesvergabegesetz und bei einem bestimmten Volumen unterliegen
die abgeschlossenen Verträge der Sozialleistungen, der Sozialeinrichtungen,
natürlich den Vergaberichtlinien. Und tatsächlich wäre es so, dass auch jetzt
bereits diese Vergaberichtlinien gelten, sie werden nur derzeit nicht
eingehalten.
Selbstverständlich, bei einer
Umstrukturierung, bei einer Ausgliederung müsste man sich dann an die
EU-Richtlinien halten, und daher soll ein ausschreibungsfreier Weg
eingeschlagen werden. Also, nach Demokratiekuddelmuddel, nach
Planungskuddelmuddel kommt jetzt das Vergabekuddelmuddel.
Überlegt wird eben, dass der Fonds “Soziales Wien“
Einrichtungen als Dienstleister anerkennt. Und welche
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