Gemeinderat,
37. Sitzung vom 19.12.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 27 von 98
Sozialdemokratie auch diese
bislang geglaubte Übereinstimmung in Frage.
Dies ist bedauerlich und für uns Grüne im höchsten Maße inakzeptabel. (Beifall bei den GRÜNEN.) Um das
auszugliedern bedarf es, angesichts der europäischen und innerösterreichischen
Rahmenbedingungen ausreichender finanzieller Mittel, einer Demokratisierung der
betroffenen Bereiche, eines erhöhten Maßes an Transparenz, der Mitsprache von
zu betreuenden und unterstützten Menschen unter Einbindung von MitarbeiterInnen
der leistungserbringenden Organisationen und des Magistrats, sowie des offenen
Diskurses in der Politik.
All diese Grundvoraussetzungen
wurden von Ihnen mit Füßen getreten, sodass letztendlich mit der Auslagerung
der Abwicklung der Sozialen Dienste in den Fonds "Soziales Wien" nur
eine einzige Zielrichtung mit all ihren negativen Konsequenzen erkannt werden
kann: Fit machen für den freien, neoliberalen Markt. Und es ist umso
verwunderlicher, wenn man gerade gestern in "Wien heute" die
Präsentation des Buches von Bürgermeister Häupl "Alternativen zum
Neoliberalismus" abgefeiert gesehen hat, dass eben dieser Bürgermeister
hauptverantwortlich dafür ist, dass mit der jetzt geplanten Ausgliederung die
gänzliche Zerschlagung des dritten Sektors erfolgen wird, dass mit der jetzigen
Ausgliederung als Konsequenz die gemeinnützige Erbringung sozialer
Dienstleistungen, die nicht gewinnorientierte Erbringung sozialer Dienstleistungen
im Interesse der betreuten und unterstützten Menschen nicht mehr möglich sein
wird.
Was auf den ersten Blick wie eine
alltägliche Ausgliederung aussieht, entpuppt sich daher bei näherer Betrachtung
als logische Konsequenz der verfehlten Stadtpolitik der vergangenen beiden
Jahrzehnte. Sie dokumentiert aber auch noch eines: Sie dokumentiert
eindrucksvoll den langen Atem neoliberaler Politik und verdeutlicht, wie
unsinnig es ist, den Kapitalismus mit seinen ihm ureigensten Instrumenten, wie
Ausgliederung und Auslagerung, überlisten zu wollen.
Kommen wir zu den
Rahmenbedingungen im Einzelnen, unter welchen diese Auslagerung in den Fonds
"Soziales Wien" stattfindet und beginnen wir bei dem Bedauerlichsten.
Erster Punkt, die Stadt Wien will
Geld einsparen. Es steht nicht die Offenheit, die Transparenz, die qualitativ
hochwertige Erbringung sozialer Dienste zur Disposition, sondern erster Punkt
ist, die Gemeinde Wien will Geld einsparen im Sozial- und Pflegebereich.
Stadträtin Laska hat dies eindrucksvoll
bewiesen, als sie 2002 versucht hat, Sozialleistungen zu kürzen, Stadträtin
Laska hat es eindrucksvoll bewiesen, als sie 2003 versucht hat,
Sozialleistungen zu kürzen. Und jetzt gibt es den Fonds "Soziales
Wien". Es wurde das ganze Jahr über gelogen, wenn es darum ging,
Budgetzahlen auf den Tisch zu legen. Es wurden Märchen erzählt in
Gemeinderatssitzungen, wo jeder, der das Budget lesen kann, schon gemerkt hat,
das stimmt so überhaupt nicht.
Und vielleicht ein ganz
letzter Punkt - weil der gerade so richtig schön passt - über die
Märchenerzählerei der Frau Stadträtin Laska. Und es sind Rahmenbedingungen, und
unter diesen Rahmenbedingungen wollen Sie von uns, dass wir Ihnen glauben, dass
Sie guten Gewissens diese Auslagerung machen?
Stadträtin Laska sagt, das
mittlerweile bekannt gewordene und durch diverseste Budgetnachdotierungen
geschlossene Budgetloch wäre, mit Ausnahme von 30 Millionen EUR, aus
ihrem eigenen Bereich gedeckt worden. Mittlerweile - die
30 Millionen EUR ihres eigenes Bereichs, die nie vorhanden waren,
sind längst überschritten – zeigt sich auch hier, dass auch jetzt noch versucht
wird, die anderen Parteien hinters Licht zu führen. Die letzte Nachdotierung in
der Höhe von 7 Millionen EUR im Bereich der Behindertenhilfe, der
Sozialhilfe, wurde angeblich von den Pflichtschulen dotiert, Ansatz 2102. Wenn
man das aber ein bisserl nachverfolgt, dann merkt man, dass selbst in Zeiten,
wo schon viele Menschen das Budget lesen können, nach wie vor jeder Trick
versucht wird. Da nimmt man eine Budgetpost, die überhaupt nicht bedeckt ist,
bedeckt sie mit einer anderen Post und schafft, damit auf dieser anderen Post
Geld liegt, Geld von der Wohnbauförderung in die Sozialagenden.
Meine sehr geehrten Damen und
Herren, das sind Schmähs, die Sie versuchen, und auf die wir draufkommen. Das
große Problem daran ist, dass Sie auf Basis dieser Budgets Ihre Entwicklungen
gestalten und dass jetzt schon absehbar ist, dass sowohl die Sozialhilfe,
welche nicht in den Fonds Soziales Wien wandern wird, aber im Rahmen der
MA 15 bleibt, unterdotiert ist, als auch die neuen Bereiche, die
zusammengefasst in der MA 15A dann direkt in den Fonds Soziales Wien
wandern werden.
Angesichts der sich immer noch
verschärfenden Rahmenbedingungen, der steigenden Anzahl von Menschen, die
Unterstützung benötigen, ist dies ein gefährlicher Angriff auf die sozialen
Dienste in Wien. Diesen Angriff lehnen wir ab und dafür werden Sie mit
Bestimmtheit nicht unsere Zustimmung bekommen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Demokratisierung: Ein Zauberwort,
wenn es darum geht, den Auswüchsen des Neoliberalismus Paroli zu bieten.
Demokratisierung und Transparenz:
Hätte die Sozialdemokratie Interesse daran, dass Demokratisierung und
Transparenz, Mitgestaltung und Mitsprache von Betroffenen, von MitarbeiterInnen,
von Vereinen und Organisationen, die die Dienstleistung erbringen, und von der
Politik wünschenswert wäre, dann würden die Satzungen des Fonds “Soziales Wien“
anders aussehen.
Doch was ist die Realität? Die politische
Ebene bleibt draußen, ein zahnloser Beirat mit Anfragerecht, wo einzig und
allein der Geschäftsführer des Fonds “Soziales Wien“ Antworten geben kann,
muss, wird; steht - ansonsten kann niemand in diesem Beirat befragt werden -,
den politischen Parteien zur Verfügung.
Die langjährige Geschichte der
Sozialdemokratie lehrt, was von einem Beirat, dem lediglich ein Anfragerecht
zusteht, zu halten ist. Nämlich nichts.
Sie geben ja selbst im Gemeinderat, wie
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