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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 24.11.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 129 von 134

 

waren sie schon in allen Zeitungen zu lesen. Dazu muss ich ehrlich sagen, dass es eine eigenartige Art und Weise ist, hier zu arbeiten.

 

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss und möchte noch feststellen, dass es auf Grund der vielen Aufgliederungen, die in Wien gemacht worden sind, wo Privatisierungen durchgeführt werden, wo verschiedene Sachen in Fonds verlagert worden sind, wenig Möglichkeiten der Kontrolle gibt. Ähnlich ist es auch im Wiener Krankenanstaltenfinanzierungsfonds WIKRAF. Ich stelle daher den Antrag, dass der amtsführende Stadtrat der Geschäftsgruppe Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke, Dr Sepp Rieder, im Bereich des Wiener Krankenanstaltenfinanzierungsfonds sicherstellen soll, dass vierteljährliche Berichte der Wiener Fondskommission vorgelegt werden, um damit nicht nur eine laufende Berichterstattung, sondern auch ein betriebliches Controlling durch die im Gemeinderat Vertretenen zu gewährleisten. Ich darf diesen Antrag weitergeben und stelle fest, dass wir dem Gesundheitsbudget nicht zustimmen können. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin Dr Laschan. – Bitte.

 

GRin Claudia Laschan (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich möchte mich dem GR Kowarik insofern anschließen, als ich meine, dass eine Budgetdebatte kein Ritual sein sollte, sondern durchaus eine politische Debatte. In diesem Sinne möchte ich sie auch führen, weil wir heute in einer Welt leben, in der technischer und medizinischer Fortschritt Dinge möglich macht, von denen unsere Vorfahren nicht einmal geträumt haben. Sie kennen sicher alle die Geschichte von dem Menschen, der mittels einer Zeitmaschine in die Zukunft versetzt wird und sich dort nicht zurechtfinden kann. Wenn der medizinische Fortschritt auch nicht zu ewigem Leben führen wird und auch nicht zu einer wesentlichen Verlängerung der gesamten Lebenserwartung, so führt dieser medizinische Fortschritt doch in vielen Fällen zu einer besseren Lebensqualität und zu einem längeren Leben in Gesundheit.

 

Dazu zwei Beispiele:

 

In meiner Kindheit hat es immer geheißen, das Gefährlichste für alte Menschen sei eine Oberschenkelhalsfraktur. Durch die daraus resultierende Bettlägerigkeit kommt die Lungenentzündung und dann ist es aus. Das war auch vielfach so. Heute können durch moderne Operationsmaterialien und durch moderne Operationstechniken die alten Menschen sofort wieder mobilisiert werden, bekommen die Lungenentzündung nicht und gehen meistens wieder nach Hause. Ein Gammanagel oder ein künstliches Hüftgelenk bei einer 100-Jährigen ist keine Sensation mehr.

 

Zweites Beispiel: Die neueste Entwicklung in der Radiologie ist ein Magnetresonanzverfahren, das Verengungen der Herzkranzgefäße darstellen kann, ohne dass der Patient mittels Herzkatheder untersucht werden muss. Sie wissen, Herzkatheder bedeutet ein Hineinstechen in den Leistenbereich und das Einführen eines Katheders durch die Blutgefäße ins Herz und in die Herzkranzgefäße. Es handelt sich also um ein qualitativ hochwertiges, aber für den Patienten viel weniger belastendes Verfahren.

 

Ich könnte jetzt mindestens hundert solcher Beispiele aufzählen und mir würde es einen großen Spaß machen, das zu tun (GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Bitte nicht!), aber es ist nicht die Zeit dafür und ich möchte Ihre Geduld auch nicht auf die Probe stellen. (GRin Josefa Tomsik: Ich würde es aber gern wissen!) Ich glaube, dass wir uns alle einig sind, dass all diese neuen Verfahren und Möglichkeiten keinem Menschen vorenthalten werden sollen. Aber die Realität ist eine andere. Weltweit betrachtet kommt nur ein ganz geringer Teil der Menschheit in den Genuss solcher medizinischer Spezialverfahren. In den Ländern der Dritten Welt sind noch immer Infektionskrankheiten Todesursache Nummer eins. In den Vereinigten Staaten hängt eine Herztransplantation von der Dicke der Geldbörse ab. In Österreich stehen wir, so wie in vielen anderen Ländern der EU, vor der Frage, wie das qualitativ hochwertige und derzeit noch für alle zugängliche Gesundheitssystem weiter finanziert werden soll.

 

Ich bin in vielen Forderungen und vielen Wünschen, die die Frau Kollegin Pilz äußert, mit ihr einer Meinung, außer sie sind fachlich unqualifiziert. Ich bin zum Beispiel der Meinung, dass es im Bereich der Zahngesundheit im Zeitalter der Implantate nicht mehr zeitgemäß ist, dass ein festsitzender Zahnersatz von den Betroffenen selbst zu bezahlen ist. Das führt nämlich dazu, dass diejenigen, die es sich leisten können, Kronen und Implantate im Mund herumtragen und jene, die es sich nicht leisten können, mit einer Zahnprothese vorliebnehmen müssen. (Beifall bei GR Volkmar Harwanegg, GR Mag Rüdiger Maresch und GR Dipl Ing Martin Margulies.)

 

In Zeiten knapper Finanzressourcen gibt es im Wesentlichen nur zwei Möglichkeiten: Rationierungen, das heißt Leistungskürzungen, oder mehr Geld ins Gesundheitssystem. Ich als Sozialdemokratin bin für Leistungserweiterungen, vor allem für die sozial Schwachen. Ich möchte keine amerikanischen Verhältnisse. Es wird derzeit viel über die Zukunft der einzelnen Gesundheitssysteme in Europa diskutiert. Es gibt hier höchst unterschiedliche Ansätze. Der Ansatz "mehr privat, weniger Staat" führt zur Benachteiligung sozial Schwacher. Der wirtschaftsliberalistische Ansatz führt zum Diktat der Ökonomie und zur Benachteiligung sozial Schwacher. Der karitative Ansatz führt dazu, dass Kranke zu Bittstellern werden.

 

Die bisherigen Maßnahmen der Bundesregierung im Gesundheitsbereich waren rein kosmetischer Natur. Eine unsoziale Ambulanzgebühr, die nicht das erwartete Geld gebracht hat und wieder abgeschafft wurde. Eine politische Umfärbung, Aufblähung und massive Verteuerung des Hauptverbands, die mittlerweile verfassungsgerichtlich aufgehoben wurde. Eine Beitragsangleichung zwischen Arbeitern und Angestellten, die für die Finanzierung des Systems zu wenig bringt. Eine Ankündigung

 

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