Gemeinderat,
35. Sitzung vom 24.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 112 von 134
die richtige Richtung zu setzen. Und Schritte in die
richtige Richtung sind nicht nur sozusagen ein paar Spintisierern des ÖBIG
zuzuschreiben, selbst wenn diese jetzt immer wieder belächelt werden, sondern
es gibt schlicht und einfach eine Artikel-15a-Vereinbarung zwischen Bund und
Ländern, die vorsieht, dass die Einrichtungen eine bestimmte Anzahl an
Bewohnern und Bewohnerinnen nicht überschreiten. Da hat etwa Oberösterreich die
Anzahl der Normplätze auf 120 festgelegt. In Salzburg dürfen die Pflegeheime
nur 50 Bewohner und Bewohnerinnen aufweisen. (GRin Dr Elisabeth
Neck-Schaukowitsch: Sie sollten schon auch schauen, wie viele Plätze
in ...!) In Kärnten werden von Seiten der Landesregierung nur mehr
Heime mit bis zu 50 Plätzen bewilligt. Und das macht Sinn, meine Damen und
Herren, denn nur dort können familiäre Strukturen, die gebraucht werden,
hergestellt werden.
Ich möchte Ihnen dazu aus einer Studie – wiederum vom
ÖBIG – zitieren, die jetzt im Jahr 2003 in Bezug auf die konfessionellen
Heime erstellt wurde. Darin steht Folgendes:
"Viele psychosoziale Probleme von Heimbewohnern
werden durch zu große, anonym wirkende Heime mitverursacht. Deshalb wird sowohl
seitens der Praktiker als auch der Wissenschafter eine Verringerung der
Heimgröße gefordert."
Und sie sagen dann weiter, um das auch
auszuargumentieren:
"Dem Bereich der baulich-räumlichen Ausstattung
kommt im Alten- und Pflegeheim große Bedeutung zu: für die Wohnqualität, für
das Wohlbefinden und so weiter. Für die räumliche Autonomie ist die
Zimmerstruktur wichtig," - sie sprechen hier von Ein- und höchstens
Zwei-Bett-Zimmern - "mit Privatsphäre, mit eigenen Möbeln und so
weiter."
Und sie sagen auch, was passiert, wenn man das den
Menschen verweigert: Es führt zu Kontrollverlust, zu Gewalt und Aggression, zu
Rückzug und Resignation, wenn man den Schutz der Privatsphäre nicht achtet.
Stellen Sie sich nur vor, Sie wären selbst in einem Sechs-, Sieben- oder
Acht-Bett-Zimmer, jemand würde neben Ihnen verwirrt schreien oder Angst haben
oder unruhig sein: Wie würden Sie sich fühlen? - Es ist eigentlich nur zu
verständlich, dass man das nicht wollen kann.
Frau Stadträtin! Gehen Sie in die richtige Richtung!
Fangen Sie nicht an, an den Großstrukturen sozusagen durch große Investitionen
herumzudoktern! Das Geriatriezentrum Am Wienerwald wird immer abgelegen sein,
wird immer schwer erreichbar sein und ist für den Bezirk Hietzing viel, viel zu
groß. Machen Sie Ernst, errichten Sie dort ein Sonderkrankenhaus für Geriatrie
- da kann man all die gut ausgestatteten Einrichtungen, die es jetzt dort gibt,
wirklich nützen -, und gehen Sie heraus aus den Häusern mit den
Massenunterbringungen und sorgen Sie für wohnortnahe Strukturen!
Die grünen Ideen in Sachen Geriatrie sind nicht erst,
seit Sigrid Pilz hier im Gemeinderat ist, sondern schon durch Alessandra Kunz
und Schani Margulies oft hier Thema gewesen. Oft sind unsere Vorschläge
abgewiesen worden mit dem Hinweis, das wäre eigentlich nicht vernünftig, das
brauche man nicht und so weiter - zuletzt im vergangenen Juni, als ich einen
Antrag einbrachte, die Geriatriezentren für eine eigene Teilunternehmung
vorzusehen, sie nicht als die "armen Verwandten" der Krankenhäuser
eine abgewertete, schlecht ausgestattete und finanziell unterdotierte Existenz
führen zu lassen. Damals haben alle Fraktionen den Standpunkt vertreten: Frau
Kollegin, erfinden Sie doch nicht neue bürokratische Strukturen!, und haben
nicht gesehen, was wir Monate später akzeptieren mussten, nämlich dass die
Verhältnisse dort deshalb so sind, wie sie sind, weil die Strukturen falsch
sind.
Jetzt habe ich einen wichtigen Bündnispartner in
Bezug auf diese Forderung der GRÜNEN gefunden, denn die interne Revision hat
geprüft - die interne Revision des Magistrats, wohlgemerkt. Sie hat die
Vorkommnisse im Geriatriezentrum im Pavillon I überprüft und hat im
November ihren Bericht vorgelegt. Und darin lesen Sie, wenn Sie den Bericht
aufmerksam lesen, dass die Einrichtung einer Teilunternehmung Geriatriezentren
geprüft werden soll. Das ist eine Maßnahme, die zur Aufnahme in den
Maßnahmenkatalog zur Verbesserung der Situation der Geriatriezentren empfohlen
wird.
Wir werden nicht in Triumphgeheul ausbrechen, wenn
Sie jetzt unsere Anregung aufgreifen, aber ich möchte es Ihnen noch einmal ans
Herz legen: Betrachten Sie die Geriatriezentren nicht als sozusagen die
schlechteren Krankenhäuser, sondern geben Sie ihnen eine eigene Lebensqualität,
eine eigene wohnliche und soziale Struktur, indem Sie sie und dadurch, dass Sie
sie anders behandeln als Krankenhäuser.
Ich habe wieder einen entsprechenden Beschlussantrag
eingebracht, in der Hoffnung, dass Sie dieses Mal zustimmen können. – So weit
zu den Geriatriezentren.
Jetzt zu einem anderen sehr ärgerlichen Gebiet im Gesundheitswesen, wo
es dringenden Bedarf an Reorganisation gibt, dem Psychosozialen Dienst. Er
weist erstarrte Strukturen auf, und es gibt in der Vorstandssitzung ewige
Debatten darüber, was nun hier geschehen kann. Die Opposition versucht seit
vielen, vielen Monaten, Licht in das eine oder andere Dunkel zu bringen,
herauszufinden, was dort wirklich geleistet wird, und erstarrte Strukturen
aufzubrechen, zum Beispiel: Sechs Doppelprimariate - Doppelprimariate von
Personal, von Ärzten und Ärztinnen, die sowohl im stationären Bereich einen
Fulltime-Job erfüllen als auch einen Teilzeitjob in einer der Einrichtungen, im
Wesentlichen in den sozialpsychiatrischen Ambulatorien des PSD. Nicht genug
damit: So gut wie alle dieser Kollegen und Kolleginnen haben dazu noch eine
Privatordination.
Frau StRin Pittermann hat zu diesem Faktum gesagt,
sie würde das heute auch nicht mehr so machen, allein: Sie hat keine
Möglichkeit, in bestehende Verträge einzugreifen.
Dass aber der PSD einer umfassenden Aufgabenrevision
unterzogen werden sollte, zeigen die Leistungsberichte. Wir konnten - mühsam
genug - gegenüber der Geschäftsführung und der ärztlichen Leitung
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular