Gemeinderat,
35. Sitzung vom 24.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 103 von 134
diese
Tauben sind durch die nicht kontrollierte Taubenfütterung der Menschen auch in
ihrer Population schwer in Gefahr. Dieses unkontrollierte Füttern ist ja ein
Zeichen der Einsamkeit der Menschen dieser Stadt, denn so wie die Hunde, mit
denen man spricht, sind auch die Tauben für manche Menschen der einzige
Bezugspunkt, mit dem man sich in dieser Stadt noch unterhalten kann. Diese
Menschen füttern die Tauben, daher hat es mich sehr amüsiert, dass der Herr
Bürgermeister in der Früh gemeint hat, er kann sich nicht vorstellen, welche
soziokulturelle Funktion Tauben in einer Stadt haben. Er als Biologe sollte das
eigentlich wissen. Es gibt ja genug Studien, die beweisen und auch belegen, dass
Menschen die Tauben füttern, um mit ihrer Einsamkeit umzugehen.
Um
all diese Bedürfnisse, also eine gesunde Population von Tauben in Wien zu haben
und den Menschen, die Tauben füttern wollen, dazu die Möglichkeit zu geben,
schlagen wir vor, das Basler Modell in Wien umzusetzen. Wir haben das ja schon
im Jahr 2001 mit einem Antrag hier im Gemeinderat probiert. Dieser Antrag ist
dann mit der Begründung von der Frau Stadträtin gekommen, dass sie gesagt hat:
Ja, es hat in Basel funktioniert, dort wurde nämlich innerhalb von vier Jahren
die Taubenpopulation um die Hälfte reduziert, es ist dort ein gutes Modell, und
man muss sich das anschauen. Basel ist eben viel kleiner als Wien. Aber es ist
dann eigentlich abgelehnt worden.
Im
April dieses Jahres gab es im 9. Bezirk einen Beschluss auch mit den
Stimmen der SPÖ, dass man gemeinsam mit dem Umweltbundesamt einen Taubenschlag
errichtet und so einmal auf Bezirksebene versucht, dieses Basler Modell
umzusetzen und sich die Erfahrungen anzuschauen. Auch hier kam von der Frau
Stadträtin fast die gleiche Antwort: In Basel hat es so und so funktioniert,
sie haben zuerst eine aggressive Werbekampagne gehabt - all das, was auch auf
unseren Antrag geantwortet wurde. Aber eigentlich wird auch hier nichts dazu
unternommen, dass dem Antrag des 9. Bezirks entsprochen wird.
Deswegen
bringe ich heute noch einmal einen Antrag ein, dass man sich hier im Sinne des
Basler Modells etwas dazu überlegt, wie wir die übermäßige Taubenpopulation in
Wien in den Griff bekommen. Für diejenigen, die noch nicht wissen, was das
Basler Modell ist, kurz Folgendes zur Erklärung: Das Basler Modell funktioniert
eigentlich ganz einfach. Man errichtet an öffentlich zentralen und zugänglichen
Plätzen Taubenschläge, an diesen Taubenschlägen werden den Tauben die
Taubeneier weggenommen und durch Gipseier ersetzt. Die Tauben brüten weiter auf
diesen Gipseiern, und somit geht die Population zurück. Denn Tauben - das
wissen nicht alle - sind ein ganzes Jahr fortpflanzungsfähig, und wenn man nur
die Eier wegnimmt, dann legen sie eben weitere Eier, und somit kommt es zu
keiner Reduktion. Der Trick ist das Gipsei, und die Gipseier kosten auch nicht
so viel in der Herstellung. Das heißt, man schiebt ihnen Gipseier unter, die
Tauben brüten weiter, und dann kommt es eben zu diesen "soziokulturellen
Begegnungsstätten", wie sie es in Basel genannt haben. Dort können nämlich
die Menschen hingehen und die Tauben füttern, die Tauben bekommen dort auch das
Futter, das sie vertragen, und nicht die Überreste aus der Küche oder was sonst
so den Tauben gefüttert wird.
Es ist mir auch wichtig
zu sagen, dass wir die Tauben in dieser Stadt nicht ausrotten wollen. Es kommen
ja von BürgerInnen Vorschläge wie "Wir erschießen sie, die Tauben".
Das halten wir im Sinne des Tierschutzes nicht für gerechtfertigt. Auch die
Pille für die Tauben hat sich nicht bewährt, da es ein sehr kostenintensives
Projekt ist, den Tauben die Pille zu verabreichen. Somit bleibt für uns nur
noch - sowohl im Sinne des Tierschutzes als auch im Sinne jener Menschen,
die die Tauben als wichtigen Bezugspunkt in dieser Stadt haben - das Basler
Modell.
Deswegen
stelle ich mit meinem Kollegen Rüdiger Maresch folgenden Beschlussantrag:
"Der
Gemeinderat möge beschließen:
Die Stadt Wien ergreift Maßnahmen zur Reduktion des
Taubenbestandes nach dem Vorbild des Basler Modells. Das dafür notwendige
Gesamtkonzept wird dem Umweltausschuss bis 31. März 2004 von der
Umweltstadträtin vorgelegt. Die Stadt Wien stellt die zur wirkungsvollen
Taubenreduktion notwendigen Geldmittel zur Verfügung.
In formeller Hinsicht beantragen wir die sofortige
Abstimmung dieses Antrags."
Es wurde im Vorfeld an mich herangetragen, dass wir
diesen Antrag an den Ausschuss zuweisen sollen. Wir sind dieser Empfehlung
nicht nachgekommen, da wir diesen Antrag schon einmal gestellt haben und
befürchten, dass diesem Antrag dasselbe Schicksal bestimmt ist wie dem Antrag
des 9. Bezirks und unseres Antrags von 2001, dass er nämlich zwar dem Sinn
nach gutgeheißen wird, dann aber keine Umsetzung erfolgt. Deswegen werden wir
die sofortige Abstimmung auch weiterhin beantragen. - Danke. (Beifall bei
den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum
Wort gemeldet ist Herr GR Parzer. Ich erteile es ihm.
GR Robert Parzer (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt
Wien): Schönen guten Abend! Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau
Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! (GR Heinz Hufnagl: Guten
Abend!)
Ich weiß, es ist eine späte Stunde. Aber hören Sie
mir bitte noch ein bisschen zu. Ich weiß nicht, ob es 20 Minuten werden,
lieber Hufnagl; wir werden sehen. (GR Mag Rüdiger Maresch: Was ist mit
deiner Fraktion? ... zwei Leute!) Ich weiß; sie werden schon kommen.
Es geht wieder einmal darum, den Budgetvorschlag, der uns
vorliegt, zu beschließen. Wir von der Volkspartei sagen da im Grunde Folgendes.
Das Umweltkapitel ist ein großes Kapitel, und es geht hier um ein
Budgetvolumen, das immerhin 697 Millionen EUR oder rund
10 Milliarden ATS beträgt. Das soll eigentlich der Wirtschaft und der
Umwelt zugute kommen. Für uns ist die Umweltpolitik - neben der
Verkehrspolitik, das möchte ich gleich dazusagen, weil das ja in meinen Bezirk
sehr hineinspielt - wohl jener Bereich, der wirklich am
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