Gemeinderat,
35. Sitzung vom 24.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 82 von 134
zu lesen, dass man hier
überlegt, IntegrationslehrerInnen, BegleitlehrerInnen, einfach all das, was
teilweise da ist und wirklich sinnvolle und dringend benötigte
Integrationsmaßnahmen in der Stadt sind, dieses Personal sozusagen
umzufunktionieren, um diese Engpässe zu überwinden. Was das für die
Schulpolitik in einer Stadt bedeutet, wo bitte jedes dritte Volksschulkind eine
andere Muttersprache als Deutsch spricht, das liegt, glaube ich, auf der Hand,
das brauche ich von hier aus nicht zu analysieren.
Genau diese
Fortschritte, die insbesondere im letzten Jahrzehnt erreicht worden sind und
für die man auch immer wieder gelobt wird, von denen ich übrigens von hier aus
immer wieder gesagt habe, sie reichen ja nicht aus – aber nicht einmal da sind
wir jetzt sicher, ob es möglich sein wird, das fortzusetzen. Also auch hier
müsste man sich etwas überlegen, wie man das überbrücken möchte und wie man
letztendlich das Versorgungs- und Betreuungssystem, das es bis jetzt gegeben
hat, retten möchte. Ich muss von dieser Stelle aus dringend appellieren, das
auch zu tun. Ich weiß, dass oft auch die Begründung kommt, man kann ja nicht
alles quasi stopfen, jedes Loch stopfen, das der Bund mit seiner Politik
aufreißt. Das ist mir klar, aber manche Löcher wird man stopfen müssen. Ich
denke, die Zukunft der Kinder dieser Stadt ist wirklich etwas total Wichtiges,
wo es sich lohnt, Geld zu investieren. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
In diesem Zusammenhang möchte ich nur kurz zwei
weitere Bereiche erwähnen. Ich meine, angesichts der jetzigen finanziellen Lage
und des Lehrermangels ist es fast ein Luxus, aber der Vollständigkeit halber
möchte ich erwähnen, dass einmal die Überlegung war, in die Mehrsprachigkeit in
Wiens Schulen zu investieren. Es hat ja auch einmal so etwas wie ein grün-rotes
Projekt gegeben, mehrsprachige Schulstandorte in Wien zu schaffen. Es hat auch
Ankündigungen seitens der Frau Vizebürgermeisterin gegeben. Bisher ist nicht
wirklich etwas weitergegangen. Ich finde das, wie gesagt, sehr, sehr
bedauerlich. Anstatt dass wir jetzt in der Lage wären, genau in den Bereichen
zu investieren und zu sagen, na gut, das ist ja in Wahrheit ein enormer
Reichtum, ein enormes Potential, das in Wiens Schulen steckt, all diese fremden
Sprachen, die dort gesprochen werden, müssen wir jetzt überlegen, wie die
Betreuung, so wie sie bisher vorhanden war, aufrecht zu erhalten ist.
Was man in diesem Zusammenhang auch noch anmerken
muss, nur würde das zu weit führen, das ist die Sozialmobilität der Zweiten
Generation. Es hat vor kurzem diesen Katalog zu beziehen gegeben, aus dem man
ersieht, welche Studien die Stadt Wien fördert. Im Rahmen der Finanzierung von
wissenschaftlichen Erhebungen hat es von Frau Hunzenberger, Zentrum für soziale
Innovation, eine Studie im Zusammenhang mit der sozialen Mobilität der Zweiten
Generation gegeben, die von jedem und von jeder von Ihnen zu beziehen ist. Ich
möchte sie Ihnen allen dringend ans Herz legen, denn sie zeigt, dass die soziale
Mobilität der Zweiten Generation aufwärts sozusagen hinauf de facto nicht
gegeben ist. Also die Daten und die Ergebnisse dieser Studie sind wirklich
äußerst Besorgnis erregend. Ich finde, es wäre auch eine gute Anregung für das
nächste Jahr, irgendwann einmal eine Enquete und einen Roundtable zum Thema
„Soziale Mobilität und Lage der zweiten Generation in der Stadt“ abzuhalten,
weil es hier gewiss sehr, sehr viel noch nachzuholen gibt. Aber diese Debatte
würde jetzt den Rahmen sprengen und ist vielleicht ein anderes Mal von dieser
Stelle aus zu führen.
Ja was noch fehlt, sind Förderungspläne für die
Aufnahme von Migrantinnen und Migranten im Wiener Magistrat. Wir wissen, ein
paar tausend Menschen arbeiten hier, aber sie sind alle in bestimmten Branchen
konzentriert. In den mittleren und höheren Etagen ist meines Wissens bisweilen
kein Zugewanderter zu finden. Naja, durch die Schaffung der neuen
Magistratsabteilung, durch die ja der Integrationsfonds aufgelöst wird, kann es
sein, dass diese Statistik ein bisschen besser wird, aber nur ein bisschen
besser und nur in einem bestimmten Bereich. Hier sehe ich sehr wohl
Handlungsbedarf und auch Handlungsoptionen für die Stadt Wien, die nicht einmal
besonders viel Geld kosten. Ich würde mir wünschen, dass das im nächsten Jahr
in Angriff genommen wird. Ich meine, wir waren jetzt oft genug auf Exkursionen,
Dienstreisen und Ausschussreisen in anderen Ländern, wo solche Pläne längst in
die Tat umgesetzt worden sind. Ich hätte gerne, dass in ein paar Jahren auch
nach Wien Exkursionen stattfinden, um sich den erfolgreichen Förderungsplan für
MigrantInnen im Wiener Magistrat anzuschauen.
Und last but not least, was noch immer fehlt, sind Sikhs in
der Straßenbahn und zwar nicht als Fahrgäste, sondern als Fahrer. Ich muss Ihnen
ehrlich sagen, ich kann es nicht mehr verstehen. Niemand kann es mehr
verstehen. Ich glaube, Sie selbst können es auch nicht mehr verstehen. Es gibt
überhaupt keinen sachlichen Grund, warum ein Mensch, der auf seinem Kopf einen
Turban trägt, der bereit ist, den Turban in einer bestimmten Farbe zu tragen,
der bereit ist, ein Emblem der WIENER LINIEN auf diesen Turban drauf zu
stecken, damit jeder auch erkennt, dass er ein Bediensteter der WIENER LINIEN
ist, warum dieser Mensch nicht Straßenbahn und nicht Bus fahren dürfen soll.
Das ist mir nicht klar. Es gibt keinen sachlichen Grund, es gibt keine
Rechtfertigung dafür. Im übrigen Sikhs, die Bus fahren, werden sie nicht nur in
England und im Pandschab, wo sie alle herkommen, und auch nicht nur in Kanada finden.
In Kanada übrigens, Kollege Barnet, gibt es sogar einen Sikh-Bürgermeister!
Aber davon sind wir in Wien weit entfernt. Aber, aber, aber, aber, aber... (GR Kurth-Bodo Blind: Na das können Sie ja
vorschlagen!) Nein, nein, nein, nein, das soll auch nicht als Anregung an
den Herrn Bürgermeister verstanden werden, auch nicht einmal zum Fasching.
Aber, wie gesagt, darum geht es nicht. Das werden Sie nicht nur dort finden,
das werden Sie sogar im Nachbarland Italien sehen. Auch dort ist es ohne
weiteres möglich, nur in Wien ist es nicht möglich. Das finde ich eine Schande,
es ist unverständlich, und ich erwarte mir oder ich erhoffe mir, dass wir uns
alle
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular