Gemeinderat,
35. Sitzung vom 24.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 81 von 134
weismachen, dass hier herinnen niemand Einfluss darauf
hätte, dass endlich die dringend notwendige Gleichstellung erfolgt. Übrigens
fehlt ebenso nach wie vor die Gleichstellung von Migrantinnen und Migranten
ohne österreichische Staatsbürgerschaft beim Pflegegeld. Und das fasse ich
sozusagen summa summarum zum nächsten großen Brocken, was in der Stadt fehlt,
zusammen.
In der Stadt fehlt nach wie vor ein
Wohnbürgerschaftskonzept. Wir werden uns sicher nicht darüber streiten, wie man
es nennt. Wenn Sie es nicht Wohnbürgerschaft nennen möchten, wenn Sie es nicht
Wiener Stadtbürgerschaft nennen möchten, bitte, nennen Sie es wie Sie wollen,
das ist ja auch Geschmackssache, oder benennen Sie es gar nicht, aber setzen
Sie es endlich um! Und warum ist es ein notwendiger Schritt? Ja aus zweierlei
Gründen. Die Kollegin LUDWIG hat es vorhin eindrucksvoll angeführt. Zunächst
einmal ist das in einer Stadt, wo ein Sechstel der Wiener Bevölkerung nach wie
vor nicht die österreichische Staatsbürgerschaft hat und - wie eben vorhin
eindrucksvoll dargestellt wurde - entweder teilweise unter der Armutsgrenze
oder aber von Armut bedroht ist, eine soziale Notwendigkeit. Nicht die
österreichische Staatsbürgerschaft zu besitzen ist in diesem Land nun einmal
ein Armutsrisiko. Da wäre es doch bitte ein sinnvoller Schritt - es liegt fast
auf der Hand -, dass hier endlich Gleichstellungsmaßnahmen erfolgen müssen und
zwar ungeachtet davon, ob Menschen die Staatsbürgerschaft haben oder nicht
haben, weil - und das habe ich gerade vorhin erwähnt - statistisch gesehen
bereits über 80 Prozent dieser Menschen lange genug hier leben, um die
österreichische Staatsbürgerschaft zu haben oder um sie beantragen zu können. Also
hier gibt es ein Problem und dieses Problem wäre zu lösen. Darüber hinaus denke
ich, wäre die Gleichstellung ein sehr, sehr wirkungsvolles und wichtiges Signal
auch an die Bevölkerung und es ist ja auch ein Zeichen sozusagen neben dem
Realen was es den Menschen bringt, dass man endlich sieht und anerkennt, dass
das ein Teil der Bevölkerung dieser Stadt ist und dass man diesen Teil à la
longue nicht auf immer und ewig von sozialen Leistungen ausschließen kann.
Damit
komme ich zum nächsten Bereich, wo meines Erachtens nach wie vor
Handlungsbedarf vorhanden ist, und der betrifft die MA 61. Übrigens möchte
ich von dieser Stelle aus die Gelegenheit nutzen um zu gratulieren, dass die
neue Leiterin wieder eine Frau ist. Also da sieht man schon, dass hier einiges
weiter geht und wann immer die sehr geschätzten älteren Herren - Herr OSR
Leinweber war auch ein sehr guter und von mir auch sehr geschätzter Beamter der
Stadt Wien, ein hoher Beamter - in Pension gehen, langsam einer nach dem
anderen, doch auch Frauen zum Zug kommen und nicht alles beim Alten bleibt,
denn der alte Schnitt von Frauen in Führungspositionen in der Stadt war ja
schon ein bisschen zum Heulen. Egal, was sich in der MA 61 nicht geändert
hat - geändert hat sich sozusagen das Geschlecht der Leitung -, das sind die
Engpässe und ich weiß, dass in den letzten zwei Jahren hier wirklich großer
Personalmangel herrschte. Das hat auch strukturelle Ursachen. Sie wissen ich
weiß, dass zum Beispiel bestimmte Bevölkerungsgruppen, die vor etwa zehn Jahren
sehr stark zugewandert sind - beispielsweise Bosnierinnen und Bosnier, die
damals wegen des Kriegs nach Wien gezogen sind -, jetzt schon so lange in der
Stadt leben, dass sie die Grenze erreichen, wo sie endlich um die
österreichische Staatsbürgerschaft ansuchen dürfen und sie tun es auch. Und
hier gibt es Überstunden und hier gibt es Personalmangel und ich möchte erneut
und dringend anregen, hier etwas zu unternehmen, damit diese Engpässe
überwunden werden. Bisweilen gibt es in der MA 61 wirklich äußerst seltsame
Bilder, wenn man zu den Hauptamtszeiten hinkommt.
Was
ich auch in diesem Zusammenhang erneut von hier aus anregen möchte ist die
Schaffung eines Fonds für sozial bedürftige kinderreiche Familien, die um die
österreichische Staatsbürgerschaft ansuchen wollen. Es ist hundertprozentig so,
glauben Sie es mir, dass viel mehr Menschen ansuchen würden, Menschen, die das
Recht hätten, also die Möglichkeit rein rechtlich hätten um die
Staatsbürgerschaft anzusuchen und die es nicht tun, weil die finanzielle Belastung
schon eine sehr große ist. Österreich ist sehr, sehr teuer bei den Verleihungs-
und Bearbeitungsgebühren. Ich weiß, dass das nicht hauptsächlich in der
Verantwortung der Stadt Wien ist, weil das großteils Bundesgebühren sind, um
die es geht, aber ich finde es wirklich schade und ich finde es auch, wie soll
ich sagen, als eine fast vertane Chance Menschen, die die Möglichkeit hätten,
aber wie gesagt mehrere Kinder haben und sich das schlicht nicht leisten
können, einfach hintan zu halten und ihnen das nicht zu ermöglichen.
Deshalb
möchte ich erneut anrege, so einen Fonds zu schaffen und hier unter bestimmten
Rahmenbedingungen Förderungen zu geben. Warum man das tun soll, liegt auf der
Hand. Ich denke, die Bundespolitik der letzten Jahre - wenn man es positiv
formulieren möchte - ermutigt viele, um die österreichische Staatsbürgerschaft
anzusuchen. Das ist ja auch nichts Schlechtes, doch die Wahrheit ist, sie
treibt sie dazu. Ich finde, dass die Stadt den Menschen, die wirklich seit
10 und 15 Jahren in der Stadt leben, die sich hier eine Existenz
aufgebaut haben, hier eine neue Heimat gefunden haben und die sich derzeit
letztendlich wirklich fürchten, denn sie leben in einer gewissen Unsicherheit,
weil die Signale, die von Bundesebene kommen, nicht unbedingt Signale sind,
dass man in diesem Land willkommen ist und integriert werden kann und soll,
wenn sie um die österreichische Staatsbürgerschaft ansuchen, endlich die
Möglichkeit geben sollte sie auch zu bekommen und sie sich leisten zu können. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Ein dritter Bereich,
wo einiges fehlt und demnächst auch noch viel mehr fehlen wird, betrifft den
Bereich Schulen. Wir haben das heute teilweise diskutiert, wir werden es in den
nächsten Tagen sicher auch wieder intensiver diskutieren: Lehrer- und
Lehrerinneneinsparungen, Pensionierungen und auch hier ein Personalnotstand in
Wiens Schulen, insbesondere auch in Wiens Volksschulen. Zuletzt war auch in den
Zeitungen
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