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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 24.11.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 77 von 134

 

unsere besondere Aufmerksamkeit gelten, auch im Hinblick auf die Politik, die wir als Stadt betreiben, denn es ist auch jene Gruppe, die am häufigsten arbeitslos ist, weil diese Menschen natürlich auch am wenigsten Möglichkeit haben, flexibel mit ihrer Zeit umzugehen.

 

Es gibt in Österreich vier Risikofaktoren, arm zu werden. Ich möchte sie Ihnen nicht vorenthalten. Der erste ist Arbeitslosigkeit, der zweite ist das Geschlecht, der dritte ist die Familiensituation und der vierte ist die Staatsbürgerschaft. Betroffen sind auch die so genannten Working Poor, wie man sie bezeichnet, also Menschen, die in prekären Arbeitsverhältnissen arbeiten müssen. Auch das sind vor allem Frauen. Es sind geringfügig Beschäftigte, Teilzeitbeschäftigte, es sind Langzeitarbeitslose, geschiedene Frauen, MigrantInnenhaushalte. Die Alleinerzieherinnen habe ich schon erwähnt, die sicherlich an erster Stelle stehen.

 

Aber ich denke, jeder und jede kann von Armut betroffen werden. Mittlerweile ist es so, dass das Risiko gestiegen ist, dass die Armut zwar nach wie vor immer stärker weiblich ist, aber dass niemand davor bewahrt ist, auch arm zu werden.

 

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber viele, die sich in den letzten Jahren bei uns gemeldet haben, haben zu mir gesagt, sie hätten sich das überhaupt nicht gedacht, dass das so schnell gehen kann und so plötzlich. Auch bei Menschen, die eine gute Ausbildung haben, kommt es jetzt oft dazu, dass sie – nicht zuletzt auch auf Grund der Politik dieser Bundesregierung – plötzlich vor dem Nichts stehen.

 

Ich muss Ihnen ehrlich sagen, ich bin stolz darauf, dass wir in Wien das Thema soziale Sicherheit auf unsere Fahnen geschrieben haben und dass das auch ein Leitmotiv bei der Budgeterstellung für das nächste Jahr ist. Das unterscheidet uns angenehm von anderen. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Ich habe schon erwähnt, der Armutsanstieg ist sicherlich auch das furchtbarste Ergebnis einer Politik, die wir seit einigen Jahren von der Bundesregierung her leider gewohnt sind. Das Thema Arbeitslosigkeit ist einer der Hauptfaktoren, vermehrt atypische Arbeitsverhältnisse sind eine der Grundlagen für Armut, aber auch das Kindergeld – ich komme dann noch dazu – ist sicherlich etwas, was Frauen nicht in die Höhe hebt, sondern eher wieder zurückwirft.

 

Eine Chuzpe bei all diesen Dingen ist dann auch noch, dass Gelder für Beratungseinrichtungen gestrichen werden, die all jenen, die davon besonders betroffen sind, ein bisschen helfen würden, sie unterstützen würden auf ihrem Weg. Aber nein, auch hier streicht der Bund leider die Mittel.

 

Ich denke, es sind nicht weitere Berichte, die wir brauchen, sondern es sind vor allem Maßnahmen, die wir als Stadt setzen müssen, um hier ein bisschen abzufedern. Es ist nicht so, dass eine Stadt alleine, dass eine Kommune alleine die Situationen vollkommen verändern kann. Viele Mittel wurden vom Bund her gestrichen, wir können aber ein bisschen abfedern, und ich denke, wir tun hier einiges.

 

Kollegin Vana hat dankenswerterweise heute schon einige Beispiele genannt, und auch ich möchte Ihnen ein paar Beispiele bringen, weil ich denke, sie sollen beispielhaft sein nicht nur für uns und für unsere zukünftige Arbeit, sondern vielleicht auch für andere Institutionen, für andere Bundesländer. Ich glaube, wir gehen hier einen guten Weg, denn aktive Arbeitsmarktpolitik ist sicherlich absolut gezielte Armutsbekämpfung.

 

Hier machen wir vor allem im Rahmen des Wiener ArbeitnehmerInnen-Förderungsfonds gezielte Frauenförderung. Ich denke, es darf nicht unerwähnt bleiben, dass wir gerade heuer die Mittel aufgestockt haben und für mindestens 1 300 Wiedereinsteigerinnen Möglichkeiten geschaffen haben. Überdies konnten wir – und das, denke ich mir, ist besonders wichtig – für das nächste Jahr ein Plus von 750 000 EUR für den Wiener ArbeitnehmerInnen-Förderungsfonds bekommen. Darauf bin ich sehr stolz, und die Mittel sind auch dringend notwendig. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Darüber hinaus wird es nächstes Jahr auch eine Ausweitung von "FRECH" geben – Sie wissen, "Frauen ergreifen Chancen" –, eine Beratungseinrichtung, die vor allem gerade atypisch Beschäftigten im letzten Jahr mit sehr, sehr viel Unterstützungen und Beratung zur Seite stehen konnte. Ich habe zuerst schon erwähnt, das gerade bei den Armutsgefährdeten eine große Anzahl von atypisch Beschäftigten darunter ist, und gerade für diese Personengruppe, auch hauptsächlich weiblich, steht "FRECH" unter anderem zur Verfügung. Auch diese Beratungseinrichtung können wir nächstes Jahr ausbauen.

 

Ausbauen können wir auch Kinderbetreuungsplätze, damit Mütter arbeiten gehen können – hauptsächlich Mütter, natürlich auch Väter –, und ich denke, das ist die beste Prävention gegen Kinderarmut, die es überhaupt gibt, und ich bin sehr froh, dass auch das Budget 2004 dem Rechnung trägt. Denn – und jetzt komme ich dazu, dass eine sehr aktuelle Studie der OECD, die gemeinsam mit der Familienstaatssekretärin Haubner präsentiert wurde, leider bescheinigt hat, was wir, auch viele Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion, hier von dieser Stelle in den letzten Jahren schon oft gesagt haben – das Kindergeld hat leider nicht jene Auswirkungen, die Sie sich vielleicht auch tatsächlich erhofft haben, sondern genau das Gegenteil. Viele der betroffenen Frauen kehren nicht auf ihren Arbeitsplatz zurück, Österreich ist generell sehr sparsam – wir sind fast das Schlusslicht in Europa, was die Kinderbetreuung betrifft –, und das Kindergeld wird generell sehr kritisiert. Viele bleiben lange daheim, kehren nicht mehr zurück oder erst viel später und auf jeden Fall in schlechtere Jobs, und in den meisten Fällen findet die Karriere auf jeden Fall ein Ende.

 

Das ist leider ein sehr trauriges Resümee dieser Studie. Ich denke dass wir hier in Wien Maßnahmen dagegen setzen. Nicht zuletzt ist die Frauenerwerbsquote in Wien eine andere als in anderen Bundesländern. Das hat damit zu tun, dass wir andere Maßnahmen setzen, und ich denke, auch die Bundesregierung und auch die

 

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