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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 24.11.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 76 von 134

 

Jahrtausend alles Grausliches passieren wird – die weltweite Auseinandersetzung zeigt es: Die Situation wird schlimmer werden, die Ressourcenknappheit wird schlimmer werden, die Umweltschäden werden stärker werden, und es wird automatisch mehr Wanderungsbewegungen geben. Zu glauben, alle Wanderungsbewegungen in Zentral- und Mitteleuropa auffangen zu können, das ist ein Aberglaube. Das wird nicht gehen, und es ist auch nicht richtig.

 

Daher werden wir uns von diesen Modellen von gestern trennen müssen und uns andere Modelle überlegen müssen, auch hinsichtlich der Förderungen dieser Stadt für Fragen der Flüchtlingspolitik, wenn Flüchtlinge nicht bis hierher nach Österreich kommen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Lassen Sie mich, bevor ich zum Schluss komme, noch einmal versuchen, ein Argument in diesem Zusammenhang etwas zu schärfen, weil es da zuerst etwas Unruhe gegeben hat hinsichtlich der Frage der Werteteilung. Kollegen von der Sozialdemokratie – nicht Kameraden, Kollegen –, diese Diskussion wird auch von Sozialdemokraten außerhalb dieses Landes anders geführt. Die wird zum Beispiel vom sozialdemokratischen Innenminister in Deutschland, Schily, geführt, der – ich habe das nicht erfunden – erst vor wenigen Tagen im Zusammenhang mit den Anschlägen in der Türkei diese Frage für sein Land gestellt und gesagt hat: Was müssen wir den Muslimen – er hat besonders die Muslime angesprochen – in unserem Land, die hier bei uns leben, auf welcher Rechtsbasis auch immer, sagen? Er hat gesagt, sie dürfen Muslime bleiben, keine Frage, aber sie müssen sich selbst abgrenzen. Sie müssen sich von dem abgrenzen, was als radikaler Islam bezeichnet wird, als Islamismus und was dazu führt, dass, wenn in den Moscheen gegen die westlichen Demokratien gepredigt wird, am Schluss Anhänger auch hier in Mitteleuropa gefunden werden, die bereit sind, für den transnationalen Terrorismus ins Felde zu ziehen. Und das in an sich friedlichen demokratischen Ländern wie Deutschland.

 

Diese Entwicklung macht auch vor unserem Land nicht halt, die findet auch statt, auch wenn Sie sie negieren. Es gibt diese Phänomene auch bei uns, auch wenn es noch keine Anschläge gibt. Es gibt deswegen noch keine Anschläge, weil wir ein Ruheraum für diese Gruppen sind, weil sie sich hier nicht betätigen wollen, um ihre Ruhe zu haben, aber es gibt sehr wohl diese Tendenzen. Gegen diese Tendenzen müssen wir schon bei der Jugend beginnen und den Einwanderern mit muslimischen Hintergrund sagen, dass wir ihre Religion akzeptieren können, aber nicht dann, wenn sie unsere Werte bekämpfen, und vor allem auch nicht dann, wenn sie tatsächlich bereit sind, zu Handlungen zu schreiten.

 

Das müssen wir auch von den Muslimen selbst erwarten, dass sie das innerhalb ihrer Migrationsgruppe ihren Freunden sagen. Das ist nicht nur unsere Aufgaben, aber wir müssen sie dazu anleiten. Denn sonst wird es vielleicht nicht bei der Türkei bleiben, sondern es werden diese Dinge auch in Mitteleuropa Platz greifen.

 

Frau Stadträtin – Sie sind wieder da, das ist schön –, lassen Sie mich dazu zum Schluss sagen: Wir werden diese Entwicklung weiter aufzeigen. Wir werden unsere Konzepte präsentieren. Wir werden uns nicht davor fürchten, sie auszusprechen, denn für diese Fragen braucht die Stadt die FPÖ. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Ludwig. Ich erteile es ihr.

 

GRin Martina Ludwig (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau Stadträtin! Frau Vorsitzende! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

 

Ich möchte Ihnen ein Frage stellen. Stellen Sie sich einmal 780 EUR vor, und ich frage Sie: Sind 780 EUR viel? Sie werden wahrscheinlich sagen, das kommt darauf an, was man mit diesen 780 EUR machen will. Ich habe so eine kleine Umfrage gemacht: Wie viel sind denn so 780 EUR? Was kann man sich denn darum kaufen? Kolleginnen und Kollegen haben gemeint, vielleicht einen Schiurlaub mit der Familie oder eine Waschmaschine mit Trockner. Einer hat sich gerade neue Winterreifen gekauft und hat gesagt, ungefähr zweimal neu Winterreifen oder aber auch die Miete. Und ich sage Ihnen, 780 EUR bilden jedenfalls eine Grenze, und zwar eine Einkommensgrenze, die definiert, wer in Österreich arm ist.

 

Auch ich möchte heute zu diesem Thema sprechen, denn es werden immer mehr in Österreich, und mir ist das sehr wichtig. 780 EUR ist jenes Einkommen, welches die Österreichische Armutskonferenz definiert hat, die eben sagt, pro Monat haben Menschen nicht mehr als 780 EUR zur Verfügung, und es trifft noch einer der folgenden Punkte auf sie zu, die ich Ihnen kurz sagen möchte, denn ich denke, es ist auch wichtig für uns, ein bisschen ein Gefühl zu bekommen, wovon wir eigentlich sprechen, wenn wir von armutsbetroffenen Menschen reden. Das sind Menschen, die entweder eine Substandardwohnung oder einen Überbelag haben, die große finanzielle Nöte beim Beheizen der Wohnung, bei der Anschaffung von Kleidung oder Lebensmitteln haben, denen es nicht möglich ist, einmal im Monat jemanden zu sich nach Hause zum Essen einzuladen, oder die Rückstände bei Zahlungen von Miete, Betriebskosten und Krediten haben. Das ist die Definition.

 

Betroffen sind in unserem Land mittlerweile 210 000 Menschen. Und was mich persönlich sehr betroffen gemacht hat beim letzten Bericht, ist, dass ein Drittel davon Kinder sind. Insgesamt sind es 4 Prozent unserer Wohnbevölkerung, und – das hat die Kollegin Vana heute auch schon ausgeführt – Armut ist weiblich. Das ist allerdings nichts Neues. Immer schon waren hauptsächlich Frauen von Armut am meisten gefährdet. Das Risiko ist für Frauen um 35 Prozent höher als für Männer, und es sind 700 000 Frauen in Österreich armutsgefährdet.

 

Überdurchschnittlich betroffen von Armut – auch das ist nichts Neues – sind Alleinerziehende. Es gibt mittlerweile schon 25 Prozent Alleinerziehende in unserem Lande. 25 Prozent der Familien sind sogenannte Ein-Kind-Familien, und ich meine, vor allem ihnen muss

 

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