Gemeinderat,
35. Sitzung vom 24.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 74 von 134
bestätigt wird, was ich mir gedacht habe. Warum sollte ich
mir das noch einmal durchlesen? Aber ich nehme es trotzdem gerne an, weil ich
heute gut drauf bin. (Heiterkeit bei der
SPÖ und den GRÜNEN.)
Eine Gruppe, die es besonders trifft in der
Integration, das sind die Kinder, die Jugendlichen. Sie haben die meisten
Probleme, denn sie sind zerrissen, zerrissen zwischen zumindest zwei Kulturen,
zwei Lebensstilen, zwei Welten. Die Handreiche der Politik ist mir da zu
gering. Die Handreiche müsste heißen: Ihr müsst euch entscheiden. Ihr dürft
das, was ihr von euch so besonders wertvoll erachtet und was für uns akzeptabel
ist, gerne behalten, aber ihr müsst euch auch von dem trennen, was wir nicht
akzeptieren können. Man müsste, glaube ich, auch den Mut haben – selbst wenn es
dann wieder jemand gibt, der das nicht so gerne hört –, ihnen zu sagen, was man
eigentlich nicht will.
Man müsste den Mut haben, zu sagen, wir haben in
einem jahrhundertelangen Prozess mehrere Dinge als richtig anerkannt als unsere
Werte: die Gleichberechtigung von Mann und Frau, die Trennung von Kirche und
Staat.
Schauen Sie nicht so verwundert, Frau Kato, das ist
bei mir kein Lippenbekenntnis. (GRin Sonja Kato: Ich höre das mit Freude!)
Mit Freude, ja gut. (GRin Martina LUDWIG:
Sind Sie der Pressesprecher vom Bischof Krenn?) Ich bin nicht der
Pressesprecher vom Bischof Krenn, ich bin nicht einmal katholisch, und es ist
auch nicht von mir zu erwarten, dass ich ihn verteidige, obwohl es interessante
Diskussionen mit ihm gäbe.
Aber lassen Sie mich bei den vier Punkten bleiben.
Dazu gehört noch die Universalität der Menschenrechte und der Vorrang des
Rechts. Das sind die Dinge, die wir alle erkämpft, erstritten haben, manchmal
mit Blut, um das nicht so pathetisch, aber doch historisch richtig zu sagen.
Und diese Dinge, die sehe ich eben nicht bei allen
Einwanderungsgruppen verwirklicht. Ich sehe nicht bei allen die Akzeptanz, das
zu übernehmen, zumindest nicht in der nötigen Geschwindigkeit. (GRin Martina LUDWIG: Sie teilen diese Werte
ja nicht einmal selbst!) Jetzt sage ich Ihnen etwas, Kollegin LUDWIG:
Selbst wenn Sie der Meinung sind, dass Teile der männlichen Bevölkerung –
vielleicht in Ihrer Fraktion, bei uns ist das ein bisserl anders –, diese Werte
auch noch nicht teilen können, dann muss ich mir nicht Einwanderungsgruppen
hereinholen, die es mir noch schwieriger machen. Das ist die Problemstellung,
vor der wir stehen.
Diese Grundwerte sind uns wichtig, daher müssen wir
den jungen Einwanderern sagen: Übernehmt sie, entscheidet euch! Hört zwar zu,
was die Elterngeneration euch sagt, aber bedenkt, was bei uns nicht geht. Und
da, Frau Stadträtin, haben es die Mädchen natürlich besonders schwer. Jetzt
komme ich auf das, weil man mir etwas zuschicken wollte. (Der Redner dreht sich zum Berichterstatterplatz um.) Jetzt ist sie
nicht mehr da. Schade! (GR Godwin Schuster – der kurzfristig
Berichterstatterin amtsf StRin Mag Renate Brauner vertritt –: Sie kommt gleich
wieder.) Godwin, du überrascht mich nahezu.
Der Herr Vertreter der Frau Stadträtin möge geneigt
sein, zuzuhören. Ich habe die Unterlagen alle gelesen über das Problem der
Mädchen, vor allem im öffentlichen Raum beim Spielen. Aber was lese ich
witzigerweise dort – sagen Sie nicht, dass das ein Vorurteil ist (GRin Martina LUDWIG: Ich habe noch gar
nichts gesagt!) –: Auch dort ist es für Migranten besonders schwierig,
nämlich einerseits für Migrantinnen, die vom Elternhaus unter dem Druck stehen,
nicht im öffentlichen Raum teilzunehmen, und für junge Burschen mit
Migrationshintergrund, die offensichtlich auf Grund ihrer kulturellen Erziehung
tendenziell – ich sage nur tendenziell – aggressiver sind als andere und daher
mehr Raum für sich in Anspruch nehmen.
Das ist ein Problem, das Sie selbst in einem Bericht
darstellen, den Sie mir schicken und sagen, dass ich ihn lesen soll. Sag bitte
der Frau Stadträtin, die mir gesagt hat, ich soll ihn lesen, dass ich ihn
gelesen habe. Und dort steht drinnen, dass natürlich die Migranten die größeren
Probleme haben. Das kann ich nicht gelangweilt zur Kenntnis nehmen und da kann
nicht sagen, das ist halt so, sondern da muss ich sagen: Entscheidet euch!
Entscheidet euch und nehmt zur Kenntnis, dass das Dinge sind, die wir nicht wollen.
Da gibt es auch eine Vielzahl von Symbolen, die wie
immer das Selbstverständnis prägen. (GRin
Martina LUDWIG: Wie ist das bei Ihnen zu Hause mit halbe/halbe?) Wie das
bei mir zu Hause mit halbe/halbe ist? Ich weiß zwar nicht, was das mit dem
Spielen auf dem Spielplatz zu tun hat, sage ich ganz ehrlich. Ich weiß es
nicht, aber ich werde trotzdem auf den Zwischenruf eingehen, obwohl die
Kollegin Kato dann wieder sagt, ich soll nicht so viel der Redezeit dafür
verwenden, über mich selber zu reden. Das hat sie das letzte Mal gesagt nach
dem Rechnungsabschluss. Irgendwie müsst ihr euch in der Fraktion entscheiden,
was ihr wollt. Wollt ihr etwas über mein Privatleben wissen oder über meine
politische Meinung.
Aber wenn Sie etwas wissen wollen, dann sage ich
Ihnen: Bei uns zu Hause, ich gebe es zu, ist es nicht leicht. Meistens hat
meine Frau Recht, dass ich mehr von dem tun sollte, was offensichtlich heute
als Aufgabe ihr zugeordnet ist. (GRin
Martina LUDWIG: Also nicht ganz halbe/halbe?) Ich habe jetzt schon ein
jahrhundertelangen – nicht ich als Person, aber ich als Teil des Gemeinwesens –
Akkulturationsprozess hinter mir, und viele der Migrationsgruppen, die kommen,
haben diesen Akkulturationsprozess noch nicht hinter sich, und die machen es in
dieser Stadt noch schwieriger. Deswegen sage ich: Je mehr sie sind, umso größer
werden die Probleme der Akkulturation, und nichts anderes. Das wird man ja wohl
noch sagen dürfen, zurückkommend auf die Frage, wie es denn bei uns zu Hause
ist.
Aber lassen Sie mich über das sprechen, was ich Ihnen in
diesem Zusammenhang eigentlich noch sagen wollte, nämlich zur Frage der
Symbolik. Es lässt sich trefflich streiten und es wird in der Fremdenpolitik
immer wieder diskutiert, ob man bei den Symbolen
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular