Gemeinderat,
35. Sitzung vom 24.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 73 von 134
immer –, da haben wir in dieser Stadt einfach grundsätzlich
Handlungsbedarf. Das ist nicht nur eine Angelegenheit der Bundesbehörden, das
ist auch eine Angelegenheit, der sich diese Stadt in Form von entsprechenden
Gesetzen zu stellen hat.
Ich darf eines dieser Gesetze ansprechen, Frau
Stadträtin, das ist das schon einmal zitierte Prostitutionsgesetz. Wir sind auf
einem ganz guten Weg, wir nähern uns da an. Ich muss wirklich sagen, da sind
die Standpunkte nicht mehr sehr weit auseinander. Das war eine – also wenn ich
jetzt "befruchtend" sage, ist das blöd im Zusammenhang mit
Prostitution – interessante Diskussion, die uns sehr weit aneinander
herangeführt hat. Wenn das der neue Stil ist, wie man in dieser Stadt versucht,
mit Problemen umzugehen, dann bin ich dafür zu haben, dann finde ich das gut,
dann zeigt das aber auch, dass es wichtig ist, die Opposition einzubinden. Und
in diesem Sinne verstehen wir es auch.
Auseinander sind wir sicher noch bei der
Fremdenpolitik, Frau Stadträtin, denn unsere Grundfrage lautet: Was macht den
Menschen Sorge? Den Menschen macht vermutlich Sorge, dass sie glauben, in
dieser Stadt gibt es subjektiv für sie zu viele Fremde. Vielleicht ist es auch
objektiv so, vielleicht ist die Tatsache, dass wir in diesem Land – jetzt nicht
in Wien allein – im Vorjahr 40 000 Asylsuchende hatten und vor zirka zehn
Jahren nur 4 000, ein Zeichen dafür, welche Entwicklung stattgefunden hat.
Da hilft es auch nicht, zu sagen, das werden wir irgendwie bewältigen können,
denn wir werden das nicht bewältigen können, wir werden uns dazu andere Modelle
überlegen müssen.
Die Modelle bestehen nicht automatisch darin, in die
Staatsbürgerschaft zu gehen und diese relativ leicht zu verleihen. 16 Prozent
der Bevölkerung in dieser Stadt – das sagen Sie selbst – haben keine
Staatsbürgerschaft. 16 Prozent Fremde in Wien! Da müssen wir etwas tun.
Die Staatsbürgerschaft allein ist noch kein Maßstab für die Integration, sie
ist auch keine Formalakt und kein Verwaltungsverfahren, wie es viele sehen,
sondern es bedarf der inneren Einstellung, nämlich des Fremden. Er muss sich
dazu entscheiden, Staatsbürger zu werden, nicht nur mit Rechten, sondern auch
mit Pflichten.
Viele sagen, dass in dieser Stadt einfach zu rasch
und zu viel eingebürgert wird. Da unterscheiden wir uns sicher, denn Sie wollen
viele Rechte für alle, und Sie meinen, das sei Integration. Wir wollen die
Teilnahme der Fremden an unserem Gemeinwesen, wenn sie da sind. Sie müssen sich
an unserer Kultur beteiligen und an unserer Lebensart, und sie müssen dazu auch
eine innere Bereitschaft haben, nämlich die Bereitschaft, Pflichten zu
übernehmen und unsere Werte zu teilen. Ich weiß schon, das klingt pathetisch
und übertrieben, aber es ist das Wesensinnere dessen, was man als Teilnahme an
der Staatsbürgerschaft bezeichnen könnte.
Wir unterscheiden uns auch bei der Sprachkompetenz.
Sie meinen, dass es wichtig ist, aber dass man die Menschen nicht verpflichten
soll, denn man schreckt sie damit ab. Wir glauben aber, dass die Verpflichtung
notwendig ist, denn viele Jahrzehnte hinweg haben die Menschen das Angebot, das
freiwillig dargelegt wurde, nicht angenommen. (GRin Martina LUDWIG: Das stimmt ja nicht!) Das stimmt schon. Ich
will jetzt nicht persönlich werden, aber wenn man den GR LUDWIG dazu fragen
würde, wie das so in den Volkshochschulen ist, ob die Menschen alle Angebote
annehmen, würde man etwas anderes hören. Oder die Frau Stadträtin selber hat ja
erst im heurigen Jahr gesagt, dass die Kurse des Bundes jetzt zu wenig
angenommen werden. (GR Dkfm Dr Ernst
Maurer: Das haben Sie nicht verstanden! – GRin Martina LUDWIG: Der Bund hat die
Mittel für heuer eingeschränkt!) Das ist Faktum. (Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Das habe ich nicht gesagt!) Oh ja,
Sie haben gesagt, sie werden zu wenig angenommen. (Amtsf StRin Mag Renate Brauner: Es gibt keine gescheiten Kurse des
Bundes, habe ich gesagt!) Sie haben gesagt, es gibt keine gescheiten Kurse
des Bundes. Jetzt frage ich Sie: Was versteht man unter einem gescheiten Kurs?
Das Problem beim gescheiten Kurs ist ja das – und das
sage jetzt nicht nur ich, sondern da habe ich mich wirklich schlau gemacht bei
denen, die solche Kurse abhalten –: Viele der Menschen können das Angebot nicht
wahrnehmen, weil sie ihrer eigenen Sprache nicht mächtig sind in Wort und
Schrift, weil wir sie zuerst in ihrer eigenen Sprache alphabetisieren müssten,
um ihnen dann unsere Sprache beizubringen. Und das ist natürlich nicht möglich.
(GRin Martina LUDWIG: Warum ist das nicht
möglich?) Aber bei diesen Menschen – das sage ich auch ehrlich – wird man
sich schwer tun, sie zu integrieren. Da wird man nicht sagen können, denen gibt
man die Staatsbürgerschaft, und das war es dann.
Und sagen Sie nicht, dass es diese Leute nicht gibt,
die die Sprache nicht beherrschen. Wir wissen das. Sie kommen in die Spitäler
und können nicht wirklich in unserer Sprache sagen, was ihnen weh tut, und wir
müssen ihnen daher zusätzliche Hilfen geben. (GRin Martina LUDWIG: Wer sagt das?) Wer das sagt? Die Kollegin
LUDWIG hat gesagt, dass ist nicht wahr, dass die Leute freiwillig das Angebot
nicht angenommen haben. (GRin Martina
LUDWIG: Aber die Sprachangebote boomen!) Ich sage, ja, sonst könnte es
nicht sein, dass viele, die seit Jahrzehnten hier sind, unsere Sprache so
schlecht beherrschen, dass sie sich im Spital und im Alltagsleben nicht
ausdrücken können. (GR Godwin Schuster:
Wir bieten kostengünstige Kurse an!) Daher nutzt offenbar die
Freiwilligkeit nichts, denn ich muss ihnen die Hand reichen und sagen: Nehmt
teil! Wenn ihr Teil unserer Kultur, unseres Lebensraumes sein wollt, dann müsst
ihr unsere Sprache erlernen, ihr müsst euch dazu bereit erklären. (Beifall
bei der FPÖ.)
Die Barriere, die besteht, die wird ja nicht von uns
errichtet, die wird nicht von den indigenen Einwohnern Österreichs errichtet,
indem sie sagen: Wir reden unsere Sprache, und wenn ihr sie nicht lernen wollt,
dann lebt weiter so, wie ihr wollt. Wir sagen zu denen, die schon hier sind:
Wir laden euch ein, nehmt daran teil ... (GR Godwin Schuster: Wir schicken Ihnen Unterlagen!) Nein, bitte
schickt mir keine Unterlagen. Das ist wieder so viel, das lese ich mir durch,
dann komme ich darauf, dass das
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