Gemeinderat,
35. Sitzung vom 24.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 61 von 134
zu erreichen, was aber natürlich wiederum zusätzliche
Kursprogramme erforderlich macht.
Bundesminister Bartenstein stellt dafür aus den
Insolvenzausgleichfondsmitteln 25 Millionen EUR zur Verfügung, unter
der Auflage allerdings, dass die Länder mitzahlen. Wir werden am
17. Dezember, wenn er oder sein Vertreter da ist, die Sache besprechen. Es
passt sozusagen auch in unsere Schiene. Man muss sich nur klar darüber sein,
dass das quantitativ in den Auswirkungen ein Problem für den
Insolvenzausgleichfonds bedeutet, denn es ist ja hier auch wiederholt darauf
hingewiesen worden, dass es eine Reihe großer internationaler Konzerne gibt,
wie zum Beispiel Grundig, die ein Unternehmen hier in Österreich in die
Insolvenz getrieben haben. Das ist sicher nicht hausgemacht, aber das ist in
Wien mit viel Geld aufgefangen worden, im Gegensatz übrigens zu den
Bundesländern Niederösterreich und Burgenland.
Also hier gibt es durchaus einen Aspekt, den man gemeinsam
angehen kann, man soll nur nicht die Augen davor verschließen, dass damit das
Problem natürlich generell nicht wirklich gelöst werden kann.
Was ich nicht ganz verstanden habe, Herr Klubobmann
Kabas: Du hast den Technologiestandort Wien besonders negativ mit einem
boomenden Bereich außerhalb Wiens verglichen. Also alle österreichweiten und
internationalen Rankings bestätigen, dass – auch wenn man alles differenziert
sehen kann – der Schwerpunkt Biotechnologie und Technologie in der Tat ein
Aushängeschild für ganz Österreich ist und die Entwicklung, die in Wien
stattgefunden hat, außerordentlich gewaltig ist. 35 Betriebsgründungen in
diesem Bereich, 6 000 Leute, die in diesem Bereich tätig sind, die große
Entwicklung des Campus Vienna Biocenter, der Bereich Novartis, der Bereich
Baxter und was es alles gibt.
Also hier haben wir tatsächlich eine enorm positive
Entwicklung, und ich glaube, dass es, so wie bei anderen Dingen, kein Fehler
ist, wenn auch andere Bundesländer auf diesem Gebiet eine Entwicklung haben.
Ich habe da überhaupt keinen Neidkomplex. Ich würde uns allen – ich nehme mich
da selbst bei der Nase – überhaupt empfehlen, dass wir mit den österreichweiten
Inzuchtvergleichen, wer jetzt da oder dort besser oder schlechter ist,
aufhören. Wien kann man in Wirklichkeit nur mit internationalen Großstädten
vergleichen, weil wir einfach ein Ballungsraum sind und nicht ein
Flächenbundesland wie Niederösterreich oder Kärnten zum Beispiel, und jeder
Vergleich, bei dem wir unsere Kaufkraft hervorheben, ist genauso unfair, als
wenn man umgekehrt Beschäftigungszuwächse im Wintertourismus mitzählt. Also das
wird es nicht sein.
Ich möchte zu diesem Komplex nur eines noch sagen:
Wenn man schon immer das Wort "hausgemacht" in den Mund nimmt, lieber
Kollege Kabas, um dich freundlich anzusprechen, und sich dabei auf – nicht
Arbeitskammerpräsident, sondern Wirtschaftskammerpräsident – Walter Nettig
bezieht, dann sollte man korrekterweise den gesamten Text zitieren und nicht
nur die erste Hälfte. Da ist sicher davon die Rede, wie es hier heißt:
"Walter Nettig schlägt Alarm". Aber jetzt kommt es: "Als
Heilmittel gegen den Verlust von Industriearbeitsplätzen verschreibt er eine
rasche KÖSt-Senkung."
Jetzt zu sagen, die KÖSt-Senkung liegt in der Hand
der Stadt Wien, daher ist der Verlust von Industriearbeitsplätzen hausgemacht,
steht diametral im Widerspruch zum Kronzeugen Nettig, der sagt, eigentlich
sollte hier die Bundesregierung handeln. Er stimmt da überein mit Leitl, der
das genauso kritisiert. Leitl und Nettig sagen, nicht die Stadt Wien ist hier
säumig, sondern die Bundesregierung ist säumig.
Jetzt leite ich daraus auch nicht ab, dass wir nichts
tun könnten, nur ein Problem sehe ich zunehmend: Mit der pauschalen
Abqualifizierung, alles, was negativ ist, ist hausgemacht (GR Mag Hilmar
Kabas: Nicht alles! Das habe ich nicht gesagt!), wird ja in Wirklichkeit in
keinem einzigen Punkt konkret gesagt, wo der Fehler liegt. Ich habe in der
gesamten heutigen Debatte bisher keinen einzigen Vorschlag gehört – okay, das
ist nicht die Aufgabe der Opposition –, aber ich habe auch keinen einzigen
Punkt gehört, wo gesagt wird, jawohl, diese oder jene Maßnahme ist unrichtig.
Es kam nichts außer der generellen Forderung, bei weniger Einnahmen soll man
mehr ausgeben, und Schuldenmachen soll man vielleicht auch nicht.
Das Problem, das ich jetzt sehe, ist, dass es in der
Tat bei der Frage, was ist hausgemacht, möglicherweise Punkte gibt, wo wir
gemeinsam zu der Auffassung kommen, in diesem oder jenem können wir es besser
machen, aber wenn wir einander so begegnen, dass die Opposition bei jeder
Tatsache, ob das jetzt die Beschäftigungssituation ist oder was immer, sagt, es
ist hausgemacht, es ist hausgemacht, selbst wenn es um steuerliche Maßnahmen
geht, dann werden wir wahrscheinlich zu keinem Qualitätssprung in der
Budgetdebatte kommen. Ich denke immer, wenn jemand von außen zuhört, wie wir da
mit dem Budget umgehen, wird er sagen, dass das eigentlich sehr merkwürdig ist
für Gemeinderäte, die doch immerhin vom Steuerzahler auch entsprechend bezahlt
werden.
Ein weiterer Punkt, den ich zu bedenken gebe, weil
mir das auch aufgefallen ist. Gerade weil die Opposition bei der Frage
"hausgemacht" auf eine Konkretisierung verzichtet, passiert es immer
wieder – ich glaube nicht absichtlich, aber es passiert immer wieder –, dass
Kritik an der Regierung gleich damit verbunden wird, den Wirtschaftsstandort
Wien und die Wiener Wirtschaft schlecht zu machen. (GR Mag Hilmar Kabas: Nein, überhaupt nicht!) Lies einmal deine
Aussagen nach, wie sich das für einen Außenstehenden darstellt. (GR Mag Hilmar Kabas: Die objektiven Daten
sprechen eine klare Sprache! Das ist ja nicht meine Erfindung!)
Dadurch, dass mit "hausgemacht" der Vorwurf
nicht konkretisiert wird, weicht man in eine Darstellung aus. Es wird hier
dargestellt, welche Industrien abgewandert sind, wie alles negativ ist. (GR Mag Hilmar Kabas: Ja, willst du das
bestreiten!) Ja, aber negativ.
Ich habe noch gut im Ohr einen Kommentator des ORF, der zur
Beurteilung der Entwicklung der
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