Gemeinderat,
35. Sitzung vom 24.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 54 von 134
es geht um die Menschen in dieser Stadt, meine sehr
verehrten Damen und Herren, es geht um Schicksale - und nicht um gewisse
PR-Gags des Herrn Finanzministers, der durchaus weiß, wie man die Steuerpflicht
umgehen kann.
Es ist schon gesagt worden: Daher wird auch der
Schuldenstand in Wien, der nur mehr 1,7 Milliarden EUR beträgt - das
Lob von Seiten des Rechnungshofes ist ja heute auch bereits angedeutet und
erwähnt worden -, im Jahr 2004 nicht weiter reduziert. Gegenüber dem Bund
besteht jedoch ein Unterschied - ich muss mich jetzt ein bisschen auf die ÖVP
konzentrieren, aber auch die FPÖ hat früher einen Slogan gehabt und hat keine
Gelegenheit ausgelassen, um vor den Medien deutlich zu machen: Keine neuen
Schulden mehr! - Ich glaube, die Zahlen sprechen aber eine andere Sprache, denn
seit Amtsantritt der ÖVP-FPÖ-Regierung sind die Schulden in Österreich um
insgesamt 9,3 Milliarden EUR angewachsen. – So viel zur Schuldenwahrheit.
Dass für die ÖVP-FPÖ-Regierung Sparen oft nur ein
Lippenbekenntnis ist, das, glaube ich, liegt auch auf dem Tisch. Ich denke nur
etwa daran - es ist mir erst vorige Woche eine diesbezügliche Information über
die Medien zugekommen -, dass die liebe Frau Außenministerin zum Beispiel
innerhalb von drei Jahren 350 000 EUR an Steuergeld nur für
Fotografen vergeudet hat. Also wahrlich eine Hochglanzministerin, meine sehr
verehrten Damen und Herren!
Wenn die FPÖ – dies sei als weiteres Beispiel
angeführt - in sündteuren Medienkampagnen die Abschaffung der Ambulanzgebühr
feiert, so ist dies ihr gutes Recht, nur: Da hätte sie sie vorher nicht
einführen dürfen, denn sonst kann sie das nachher nicht feiern.
Und wenn sich die derzeitige Bundesregierung aus FPÖ
und ÖVP einen 40 Millionen EUR schweren Managertausch leistet, nur weil
jene, die damals an der Spitze waren, nicht der blau-schwarzen Farbenlehre
entsprechen, so spricht das, glaube ich, auch eine eigene Sprache. Das sind
keine Meisterleistungen, noch dazu auf dem Rücken der Steuerzahler und
Steuerzahlerinnen!
Wien hingegen setzt - und das ist, glaube ich, heute
auch schon einige Male zum Ausdruck gekommen - auf eine aktive Budgetpolitik.
Ich will nur kurz replizieren: Investitionen weiter auf hohem, ja höchstem Niveau
- 2 Milliarden EUR bei 9,3 Milliarden EUR Budget! - Ich will
jetzt keinen Vergleich zum Bund anstellen. - Zusätzlich rechnet man mit
200 Millionen EUR an weiteren Investitionen, die durch die
Förderprogramme des Wiener Wirtschaftsförderungsfonds ausgelöst wurden, und mit
1,41 Milliarden EUR erreicht auch das Bau- und Baunebengewerbe einen
neuen Höchststand. - Meine Damen und Herren, das sind Zahlen und Fakten einer
aktiven Wirtschaftspolitik, die den Vergleich mit der inaktiven Budgetpolitik
des Bundes nicht zu scheuen braucht und auch haushoch gewinnt!
Aktive Maßnahmen helfen in einem Konjunkturtief, den
Arbeitsmarkt weiter zu beleben, und zeigen, dass Wien die Menschen im
Konjunkturtief nicht im Stich lässt. Ich möchte vorausschicken - und ich glaube,
das ist heute auch von unserer Seite sehr klar zum Ausdruck gekommen -, dass
jede oder jeder Arbeitsuchende in dieser Stadt, in diesem Land oder auch in
Europa eine beziehungsweise einer zu viel ist. Man muss bei der Beurteilung der
Arbeitslosigkeit und des Arbeitsplatzangebots in einer Stadt oder in einem
urbanen Gebiet aber auch gewisse Mechanismen berücksichtigen. Es ist, glaube
ich, heute nicht so aufgenommen worden, dass Wien den Menschen über
800 000 Arbeitsplätze anbietet und dass fast 200 000 Menschen
nach Wien pendeln müssen, weil sie in ihren Bundesländern keinen
dementsprechenden Arbeitsplatz vorfinden. Dass in Wien bei
16 000 Lehrplätzen 4 000 Lehrlinge aus anderen
Bundesländern sind, muss man auch einmal herausstreichen. Das sind immerhin
25 Prozent der Ausbildungsplätze, und das soll man nicht unter den Tisch
kehren. Diese Faktoren wirken sich in rezessiven Phasen natürlich auch negativ
auf das Beschäftigungsangebot aus. Ich glaube, um das zu begreifen, braucht man
kein großer Mathematiker zu sein, das ist ganz einfach zu verstehen.
Ich darf auch noch erwähnen, dass in einer rezessiven
Phase oder infolge von Überlegungen gewisser Konzerne, die in dieser Stadt
angesiedelt sind, immer mehr Betriebe, insbesondere Zulieferbetriebe, in
Billiglohnländer ausweichen. In diesem Zusammenhang hat heute Herr Kollege
Tschirf eine Wortmeldung getätigt, die ich vielleicht ein wenig klarstellen
muss, meine Damen und Herren. Er hat gemeint, die Rahmenbedingungen in Wien
seien schuld am Personalabbau von gewissen Konzernen, und er hat auch den Namen
Siemens genannt. Ich weiß – ich war 38 Jahre lang dort beschäftigt -, dass
es auch bei Siemens nicht leicht ist. Aber die ganze Rede vom Kollegen Tschirf
war ein wenig durchsichtig, und er hat darin sehr fadenscheinige und oft auch
falsche Argumente gebracht.
Dass bei Siemens ein Personalabbau stattfindet, darf
ich kurz erklären; ich möchte aber vorausschicken, dass bezüglich des
Elektronikwerks Wien - Sie werden es vielleicht noch in Erinnerung haben: da
waren über 1 000, nämlich 1 020 Menschen beschäftigt - Ende vorigen
Jahres die Frage zur Debatte gestanden ist: Schließen - oder in ein anderes
Bundesland - oder gleich ins Ausland?
Es ist gelungen, dass wir dieses Werk, das noch
manuelle Fertigung betrifft, in Wien behalten konnten, und ich möchte daher an
Herrn VBgm Rieder und an Herrn Bgm Häupl danke dafür sagen, dass sie sich so
sehr dafür ins Zeug gelegt haben!
Es sind bei solchen Entwicklungen zwei Komponenten
ausschlaggebend - wer in einem Konzern tätig ist, wird das wissen -, wo die
arbeitenden Menschen und der Betrieb in ein gewisses Konkurrenzverhältnis
geraten. Das Erste, meine Damen und Herren - und ich weiß, wovon ich rede;
Kollege Wolfram, sitzt du auch irgendwo hinten im Saal und hörst zu? -, sind fehlende
Aufträge. Wir wissen, das geht auch an großen Konzernen nicht spurlos vorbei.
Es wird auch wenig investiert von anderen Betrieben, die dann bei Siemens oder
bei anderen
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