Gemeinderat,
35. Sitzung vom 24.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 50 von 134
Bundesregierung investiert im nächsten Jahr, die Regierung
setzt neue Impulse, und hier in Wien wird von der Stadtregierung gekürzt! In
der Wirtschaftspolitik, in der Finanzpolitik wird dieser Unterschied am
deutlichsten; das auch Herr Kollege Aichinger bereits festgestellt.
Am 1. Jänner tritt die erste Etappe dieser
großen Steuerreform in Kraft. Bis 1 000 EUR im Monat werden ab
1. Jänner steuerfrei sein, eine freiheitliche Forderung aus dem letzten
Wahlkampf wird damit umgesetzt. Dadurch wird sich etwa ein Pensionist mit
900 EUR Pension 300 EUR im Jahr ersparen, und eine Alleinerzieherin,
die monatlich brutto 1 200 EUR hat, wird sich ab nächstem Jahr
230 EUR ersparen. Betriebe werden entlastet durch die halbe Besteuerung
nichtentnommener Gewinne, und am 1. Jänner tritt vor allem auch das dritte
Konjunkturpaket in Kraft.
Meine Damen und Herren, wie sieht hier das
Gegenmodell der Wiener SPÖ aus? Viele Vorredner haben ja bereits richtig darauf
hingewiesen: Die Stadtregierung kürzt die Wirtschaftsförderung nächstes Jahr um
6 Millionen EUR, sie kürzt die Forschungsförderung, die
Wissenschaftsförderung, und die Stadtregierung kürzt im nächsten Jahr auch die
öffentlichen Investitionen.
Herr Stadtrat! Sie haben heute erwähnt, dass die
Stadt im nächsten Jahr 1,34 Millionen EUR ausgeben wird, aber Sie
haben nicht dazugesagt, dass es heuer mehr ist: Heuer sind es
1,4 Milliarden EUR. Sie haben daher nicht dazugesagt, dass die Stadt
im nächsten Jahr natürlich bei den Investitionen kürzt, Sie haben nicht
dazugesagt, dass diese Kürzung im nächsten Jahr genau
33 Millionen EUR ausmacht. Herr Stadtrat, Sie haben selbst noch heute
in der Früh in Ihrer Rede darauf hingewiesen, dass öffentliche Investitionen
sehr wohl einen Aufschwung der Wirtschaft bewirken können. Es ist daher genau
die falsche Politik, jetzt mitten in der Flaute bei den kommunalen
Investitionen hier in Wien zu kürzen.
Meine Damen und Herren! Auf Bundesebene ist in der
Hochkonjunktur zum richtigen Zeitpunkt die Budgetsanierung in Angriff genommen
worden, es gibt daher jetzt wieder Spielräume. (GR Friedrich Strobl: ... vor
drei Jahren in der Hochkonjunktur?) Im Bundesbudget gibt es wieder
Spielräume für Investitionen, für die Steuersenkung, Herr Kollege Strobl, und
vor allem auch Spielräume für ein Wachstumspaket. Die Stadtregierung hat zwar
ihr Amt mit dem Anspruch angetreten, ein Gegenmodell zu entwickeln, aber wie
wir heute feststellen müssen, ist von diesem Gegenmodell eigentlich nichts übrig
geblieben. Übrig geblieben ist, dass Wien jetzt mitten in der Flaute kürzen
muss und dass Wien trotzdem den Stabilitätspakt verletzt.
Herr Stadtrat, Herr Vizebürgermeister! Meine Damen
und Herren! Ein Wort zum Stabilitätspakt: Herr Stadtrat, Sie haben sich in der
Früh ein bisschen zum Kämpfer für das Nulldefizit gemacht. Der Herr Stadtrat
hat sich aber ausgerechnet in einer für die österreichische Wirtschaft sehr
schwierigen, rezessiven Phase zu einem Kämpfer für dieses Nulldefizit gemacht. (Zwischenbemerkung
von Vgbm Dr Sepp Rieder.) Herr Stadtrat, wir haben uns in den
Regierungsverhandlungen ganz bewusst dazu entschieden, jetzt in der
Wirtschaftsflaute von diesem strengen Nulldefizit abzugehen. Das ist ja nicht
irgendwie passiert, sondern das war eine bewusste wirtschaftspolitische
Entscheidung. Die FPÖ hat sich in den Verhandlungen im heurigen Frühjahr
bewusst dazu entschieden, jetzt in der Flaute den konjunkturbelebenden
Maßnahmen Vorrang vor dem Nulldefizit zu geben. Wir haben uns bewusst dazu
entschieden, jetzt expansive Maßnahmen im Bundesbudget zu setzen, durch eine
Steuersenkung, durch ein Wachstumspaket und durch eine Forschungsoffensive.
Aber, meine Damen und Herren, Herr Stadtrat, wir
haben uns eben erwartet, dass auch die anderen Gebietskörperschaften jetzt, in
einer schwierigen wirtschaftlichen Situation, solche Maßnahmen setzen. Die FPÖ
hat dieses Regierungsübereinkommen in der Erwartung unterschrieben, dass jetzt
auch die Länder und natürlich auch die Gemeinden solche Maßnahmen zur Ankurbelung
setzen. Und was tut Wien? - Die Stadtregierung kürzt in diesem Bereich! Herr
Vizebürgermeister, wenn dieses Budget tatsächlich Ihr Modell ist, dann sage ich
gute Nacht. Ich glaube, es ist die falsche Politik, jetzt mitten in einer
rezessiven Wirtschaftsphase seine Liebe zum Nulldefizit zu entdecken. Es ist
die falsche Finanzpolitik, genau jetzt in der Flaute bei der Wirtschaft zu
kürzen. (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Sie haben aber nicht zugehört!)
Meine Damen und Herren! Es kürzt die Stadtregierung
auch bei den Bildungsausgaben, nicht nur bei der Wirtschaft. Sie kürzt bei den
Pflichtschulinvestitionen und bei den laufenden Bildungsausgaben; darauf ist
heute noch zu wenig hingewiesen worden. Die Regierung kürzt bei der
Betriebsausstattung der Schulen und bei der Volksbildung. Insgesamt macht diese
Kürzung 13 Millionen EUR aus. Auch hier zeigt sich der Unterschied
ganz deutlich. Herr GR Hundsdorfer - er ist jetzt nicht im Saal - hat diesen
Vergleich angestellt: Im Bundesbudget steigen die Ausgaben für die Bildung,
steigen die Ausgaben für die Wissenschaft allein im nächsten Jahr um
700 Millionen EUR. Das sind immerhin 10 Milliarden ATS
mehr!
Herr Stadtrat! Es ist gerade auch die Bildungspolitik
ein wichtiger Standortfaktor, und die Bundesregierung setzt hier neue Impulse.
Wie sieht das Gegenmodell in Wien aus? - Das sieht so aus, dass die
Stadtregierung gerade bei der Bildung im nächsten Jahr kürzt. Wir sehen daher
auch, was in der Bildungspolitik von diesem angeblichen Gegenmodell übrig
geblieben ist. Wir sehen, dass dieses Budget, das Sie heute vorlegen, eben auch
in der Bildungspolitik eigentlich eine Bankrotterklärung ist.
Meine Damen und Herren! Aus dem Budget Laska - auch darauf
hat bereits ein Vorredner hingewiesen - wird diesem Gemeinderat für das nächste
Jahr wieder ein falsches Budget vorgelegt. Man muss angesichts der Prognosen -
angesichts der eigenen Prognosen, die die MA 12 ja hat! - auch den Vorwurf
erheben, dass dieses Budget ein bewusst falsch erstelltes Budget ist. Denn
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