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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 24.11.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 51 von 134

 

die MA 12 rechnet ja in ihren eigenen Prognosen mit einer weiter stark steigenden Zahl von Sozialhilfeempfängern. Es müssten daher im nächsten Jahr mehr Mittel budgetiert sein, aber tatsächlich sind im nächsten Jahr im Budget weniger Mittel für die Sozialhilfe veranschlagt, als bereits im heurigen Jahr für diesen Bereich erforderlich sind. Es ist die Stadtregierung daher nicht imstande, im nächsten Jahr auch in diesem Sozialbudget ausreichend Vorsorge zu treffen.

 

Meine Damen und Herren! Die Stadtregierung kürzt im nächsten Jahr die Förderung für Kinderbetreuungseinrichtungen um 6 Millionen EUR, die Familienmaßnahmen um 4 Millionen EUR, die Sportförderung um 4 Millionen EUR, die Behindertenhilfe um 3 Millionen EUR. Sie kürzt den Reinigungsdienst für die Behinderten, sie kürzt den Besuchsdienst für behinderte Menschen.

 

Herr Vizebürgermeister! Sie selbst haben von StRin Pittermann vor zwei Jahren einen später berühmt gewordenen Brief erhalten, den berühmten Pittermann-Brief. In diesem Pittermann-Brief, der damals geschrieben wurde, waren alle diese Kürzungen eigentlich bereits aufgelistet. Obwohl in diesem Pittermann-Brief alle diese Kürzungen aufgelistet waren, ist das damals in Abrede gestellt worden. Wenn man sich das heutige Budget ansieht, Herr Stadtrat, dann sehen wir, dass diese Kürzungen tatsächlich realisiert werden. (Zwischenbemerkung von Vgbm Dr Sepp Rieder.) Herr Stadtrat, wenn Sie im Budget nachlesen: Die Förderung von Kinderbetreuungseinrichtungen wird um 6 Millionen EUR gekürzt.

 

Meine Damen und Herren! Es ist eben die Stadtregierung vor zwei Jahren vor allem in diesem Bereich, in der Sozialpolitik, angetreten, ein Gegenmodell zu entwickeln. Wir sehen vor allem hier im Sozialbereich, was von diesem angeblichen Gegenmodell übrig geblieben ist: Wir sehen hier die massiven Einschnitte. Geblieben sind Kürzungen im Sozialbereich, und geblieben sind vor allem Skandale, etwa bei der Auftragsvergabe, Skandale bei den Wiener geschützten Werkstätten, Skandale bei der Lehrerabrechnung in diesem Ressort, oder auch Skandale durch das Mobbing von Mitarbeitern. Übrig geblieben ist also, dass die SPÖ im Sozialbereich stark kürzen muss, während die Bundesregierung hier neue Impulse setzt.

 

Meine Damen und Herren! Es fließen etwa für die Arbeitsmarktförderung heute mehr Mittel denn je aus dem Bundesbudget nach Wien. Die Bundesregierung reagiert damit genau auf die Tatsache, dass sich Wien zum Schlusslicht am Arbeitsmarkt entwickelt hat. Als diese Regierung angetreten ist - das ist ja erst zweieinhalb Jahre her -, belegte Wien noch den 7. Platz in der Arbeitsmarktstatistik, von hinten gerechnet also den drittletzten Platz. Im ersten Amtsjahr dieser Stadtregierung sind wir schon auf den 8. Platz, das ist der vorletzte Platz, abgerutscht, und im Vorjahr, 2002, hat dann die Bundeshauptstadt erstmals den 9. und letzten Platz bei der Arbeitslosigkeit belegt.

 

Herr Stadtrat! Sie haben heute wieder einmal den Versuch unternommen, diese Situation in Wien ein bisschen der Bundesregierung in die Schuhe zu schieben. Sie haben aber heute auch eine kleine Neuerung in die Diskussion eingebracht, einen neuen Gedanken: Sie haben einen neuen Schuldigen gefunden, nämlich die Nicht-Wiener Beschäftigten, diejenigen, die in Wien beschäftigt sind, aber ihren Wohnsitz woanders haben. Sie haben nämlich gemeint, dass dadurch die anderen Bundesländer ihre Arbeitslosigkeit nach Wien exportieren.

 

Aber ich meine, Herr Stadtrat, dass auch dem eigentlich nur ein grundlegendes Missverständnis, ein grundlegender Denkfehler zugrunde liegen kann. Denn es ist ja in Wirklichkeit so, dass das Arbeitsmarktservice nach dem Wohnsitzprinzip organisiert ist. Es ist also in Wirklichkeit so, dass sich ein Niederösterreicher, der in Wien beschäftigt ist, dann, wenn seine Wiener Firma in Konkurs geht, natürlich nicht in Wien, sondern in Niederösterreich meldet: Er meldet sich in seiner Heimatgemeinde arbeitslos. (Zwischenbemerkung von Vgbm Dr Sepp Rieder) Es ist daher ganz umgekehrt so, dass beim Konkurs einer Wiener Firma die Arbeitslosigkeit in Niederösterreich steigt oder im Burgenland steigt, weil sich der Nicht-Wiener Beschäftigte dort, bei seinem Heimat-Arbeitsamt, arbeitslos meldet.

 

Ich meine daher, Sie haben heute auch beim dritten Versuch wieder den falschen Schuldigen gefunden. Schuld ist nicht die Bundesregierung, schuld sind schon gar nicht die anderen Bundesländer, sondern schuld, Herr Stadtrat, sind Sie selbst mit Ihrer falschen Wirtschaftspolitik in Wien!

 

Herr GR Strobl hat heute wörtlich gemeint, dass die Bundesregierung sich Wien als parteipolitische Zielscheibe ausgesucht hat; Herr Strobl ist jetzt nicht im Saal. Ich meine, diese Unterstellung, dass die Bundesregierung sich Wien als Zielscheibe ausgesucht hat, ist eine falsche Darstellung aus Zeiten vergangener Wahlkampf-Rhetorik. Es ist natürlich das Gegenteil der Fall.

 

Herr Stadtrat! Die Bundesregierung hat eben dieser Entwicklung der steigenden Arbeitslosigkeit in Wien Rechnung getragen und hat die Mittel für das Wiener AMS aufgestockt. Die Bundesregierung hat die Mittel für das Wiener AMS um ein Drittel aufgestockt, weil eben Wien hier im Laufe der Jahre auf den letzten Platz zurückgefallen ist. Sie haben heute wieder das Gespenst von Kürzungen an die Wand gemalt, daher nochmals zur Erinnerung: Das Wiener AMS hat heute ein um ein Drittel größeres Budget als noch etwa unter einem sozialistischen Bundeskanzler im Jahre 1999. Die Bundesregierung hat die Arbeitsmarktmittel für Wien in diesen vier Jahren um 60 Millionen EUR aufgestockt.

 

Herr Stadtrat! Wir haben uns aber erwartet, dass die Stadt selbst hier auch neue Impulse setzt. Wir haben uns erwartet, dass auch Wien jetzt das Sozialbudget im erforderlichen Ausmaß dotiert. Wenn dieses Budget 2004 wirklich Ihr Gegenmodell ist, Herr Stadtrat, dann sage ich: Gute Nacht! Ich meine, es ist die falsche Politik, bei steigender Arbeitslosigkeit genau hier im Sozialbudget massive Kürzungen vorzunehmen.

 

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