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Gemeinderat, 35. Sitzung vom 24.11.2003, Wörtliches Protokoll  -  Seite 39 von 134

 

Arbeitsmarkt, der Sozial- und der Gesundheitsbereich. Ich möchte hier noch auf einige Bereiche eingehen. Wenn der Kollege Chorherr gesagt hat, es ist sozusagen aus seiner politischen Sicht gleichwertig, Schwarz-Blau und die absolute sozialdemokratische Mehrheit in dieser Stadt wegzubringen, nehme ich das auch zur Kenntnis, möchte aber in einigen Punkten schon darlegen, wo es im Politikverständnis und in der Prioritätensetzung wesentliche Unterschiede gibt.

 

Die Investitionen, die die Frau Kollegin Rothauer nicht hören will, die es im Bund nicht gibt, wo es jetzt die Drohung des Herrn Kukacka gibt, dass es kein Geld mehr für den U-Bahnbau geben soll, habe ich bereits angesprochen. Ich nehme auch das zur Kenntnis. Das würde mich alles nicht wundern. Tatsache ist, dass die Investitionen in Wien auf 2 Milliarden EUR durch die Stadt Wien und durch die Unternehmungen der Stadt steigen und darüber hinaus noch 200 Millionen EUR investitionswirksam in Förderungen gesteckt werden.

 

Der nächste Bereich ist der Arbeitsmarktbereich, wo ich nur zwei konkrete Bereiche ansprechen möchte, und zwar sind das die Lehrlinge und die Situation der Frauen am Arbeitsmarkt. Tatsache ist, dass es insgesamt 56 Millionen EUR für Mittel am Arbeitsmarkt gibt. Da muss man sich wieder die Rahmenbedingungen vor Augen halten, denn die Rahmenbedingungen sind die, dass die Stadt Wien dafür an sich nicht zuständig ist. Es ist also nicht so, dass wir sagen, das ist ein Bereich, wo wir zuständig sind und jetzt mehr Geld hineingeben, denn der Arbeitsmarkt ist eindeutig eine Bundeskompetenz. Wir haben als einziges Land in dieser Republik den ArbeitnehmerInnenförderungsfonds und wir erhöhen die Mittel um 5,5 Millionen EUR, um genau diese Rahmenbedingungen, die nicht hausgemacht sind und die wir uns nicht ausgesucht haben, so gut es möglich ist, wettzumachen. Dass damit nicht alle Probleme am Arbeitsmarkt gelöst sind, Kollege Margulies, sind wir vollkommen einer Meinung. Ich sage nur, das ist nicht möglich, das kann eine Stadt auch nicht leisten.

 

Ich komme kurz zu den Lehrlingen, wo wir schon oft darüber diskutiert haben, dass wir der Ansicht sind, das große Problem ist, dass wir keine Möglichkeit haben, Lehrlingen eine volle Lehrausbildung zu bieten, weil das Jugendausbildungssicherungsgesetz in der Form geändert wurde, dass es diese Stützungen nicht mehr gibt. Es ist so, dass nur auf Grund der Initiative der Stadt Wien die Lehrlingsplätze auf 2 400 erhöht worden sind – ursprünglich waren vom Bund 1 000 in Wien vorgesehen – und allein für diese Lehrgänge 4,35 Millionen EUR im nächsten Jahr ausgegeben werden.

 

Ein zweiter Punkt: Über Frauen und Arbeitsmarkt ist heute noch nichts gesprochen worden, dass Extramaßnahmen, neue Maßnahmen für Wiedereinsteigerinnen gibt. Wiedereinsteigerinnen in dem Fall mit kleinem I, da wir wissen, dass es leider noch immer zu 98 Prozent eine Frage von Frauen ist. Wir wissen auch auf Grund der vom Kollegen GÜNTHER zitierten OECD-Studie, dass die Situation im Wiedereinstieg für die Frauen, seit es das Kinderbetreuungsgeld gibt, weitaus schwieriger geworden ist. Hier gibt es im nächsten Jahr Extraprogramme für Frauen, um ihnen den Wiedereinstieg auch möglich zu machen. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Es sei auch ein Punkt angeführt, der heute noch keine Diskussion war, außer in der Rede vom Herrn Vizebürgermeister, der ganz eng damit zusammenhängt, nämlich wie Wiedereinstieg möglich ist. Wiedereinstieg ist möglich, wenn es ausreichende Kinderbetreuungseinrichtungen gibt. Da sollte man vielleicht auch, wenn man über das Budget dieser Stadt spricht, erwähnen, dass drei Viertel aller Krippenplätze nicht irgendwo, sondern in der Bundeshauptstadt Wien sind, dass wir eine Vollversorgung bei den Drei- bis Sechsjährigen haben und dass wir als einziges Bundesland für alle Eltern von Pflichtschülerinnen und Pflichtschülern, die das wollen, eine ganztägige Betreuung zur Verfügung stellen. Das ist die Grundvoraussetzung dafür, dass Familie und Beruf für Frauen und Männer vereinbar ist. Das ist in ganz Österreich nur in Wien möglich und wird auf Grund dieses Voranschlags auch im nächsten Jahr möglich sein. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Ich komme jetzt zum nächsten Punkt, zum Sozialbudget. Kollege Margulies, Sie haben davon gesprochen, wir haben irgendwelche Löcher abgestritten. Die Tatsache, über die wir wirklich unterschiedlicher Ansicht waren, war mehr eine philosophische, nämlich die Frage: Wenn ein Loch gestopft ist, ist es dann noch ein Loch oder nicht? Ich persönlich vertrete aus der Kenntnis des Sockenstopfens, nein, zuerst Loch, dann stopfen, dann nicht mehr. Diese Meinung vertritt: Ein Loch bleibt immer ein Loch, wenn es einmal eines gewesen ist, auch wenn es gestopft ist. Das war die wesentliche Differenz, die wir hatten. (Beifall und Heiterkeit bei der SPÖ.)

 

Tatsache ist, es gibt hier kein Loch, weil die Sozialdemokratie ihre Aufgabe wahrgenommen und zusätzliche Mittel aus Umschichtungen im Budget – du weißt das alles – und aus Zentralmitteln zugeschossen hat. Ich glaube, dass das wichtig ist und die Debatte werden wir heute hier nicht führen.

 

Ich möchte daher nur die Frage streifen, wenn wir über Wien als soziale Stadt sprechen, dürfen wir doch bitte nicht nur über die Frage der Sozialhilfe sprechen. Da müssen wir doch auch über den sozialen Wohnbau, den es nirgendwo außer in Wien in diesem Ausmaß gibt, sprechen. Wo gibt es 220 000 Gemeindewohnungen?

 

Dann müssen wir über die außerschulische Jugendarbeit sprechen, die in ganz Europa und auch in allen anderen Bundesländern gekürzt wird, dass es nicht mehr ärger geht. Bei uns ist das nicht der Fall.

 

Dann müssen wir darüber sprechen, dass wir in Wien vier Frauenhäuser haben, die im nächsten Jahr sieben Prozent mehr Budget haben, um für die ärmsten der armen Frauen Möglichkeiten zu haben. Tatsache ist aber – das möchte ich schon auch anmerken, obwohl wir das schon oft diskutiert haben –, dass die Probleme im Sozialbudget nicht hausgemacht sind, dass wir wissen wie es ausschaut, wenn die Arbeitslosigkeit steigt, die Zahl der Notstandshilfebezieher sich verdoppelt, die Notstandshilfe immer schlechter ausgestattet ist, das heißt, die Leute

 

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