Gemeinderat,
35. Sitzung vom 24.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 134
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Steiermark hat
beispielsweise für Projekte der Standortverbesserung und Arbeitsplatzsicherung
die Ausgaben von 2002 auf 2003 verdoppelt. Und was leistet sich Wien?
Beispielsweise bei den Gemeindebeamten noch immer ein Pensionsalter von
60 Jahren.
Oder schauen wir uns die Situation im Schulbereich
an. Klubobmann Chorherr hat schon darauf hingewiesen. Man hat ja jetzt den
Eindruck, dass im Stadtschulrat das Chaos eingezogen ist, zumindest ab dem
Zeitpunkt, als der Herr Stadtschulratspräsident Scholz abserviert wurde. Sonst
ist es einfach unverständlich, dass im Jahre 2000 der Herr Landeshauptmann eine
Vereinbarung, den Finanzausgleich, unterschreibt, dass aber offensichtlich
regelmäßig mehr Personal aufgenommen wird, und dann werden die Leute einfach in
Pension geschickt. Es ist ja nach dem Sozialplangesetz nicht so, dass jeder in
Pension gehen könnte. Da ist es Aufgabe des Dienstgebers, das heißt des
Stadtschulrates für Wien, dafür zu sorgen, dass nur so viele in Pension gehen
dürfen, wie notwendig ist. Dafür ist nicht Sorge getragen worden. (GR Godwin
Schuster: Das ist ja vom Bund ausgegangen! Sie negieren das!)
Und wenn Sie so mit dem Kopf schütteln, Herr
Schuster, würde ich Ihnen empfehlen, sich die Situation im Bereich der höheren
Schulen in Wien anzuschauen, für die die Zuständigkeit sehr wohl beim Bund
liegt. Dort sieht die Situation weitaus besser aus als bei den Pflichtschulen.
Herr Schuster, schauen Sie sich das an. Das heißt, wir haben eine Situation in
Wien, dass der Herr Bürgermeister in seiner Eigenschaft als Landeshauptmann
etwas unterschrieben hat, aber keiner kann sich mehr daran erinnern. Seit einem
Jahr weiß man in der MA 56, dass es Abrechnungsprobleme gibt – das werden
Sie wahrscheinlich auch wissen, dass es dort Probleme gibt – durch massive
Dienstplanüberziehungen. Jetzt wird das auf einmal anders dargestellt, jetzt
heißt es plötzlich, da sind wieder irgendwelche anderen schuld, der Bund ist
schuld. Das ist das, was der Herr Vizebürgermeister, völlig zu Unrecht, in
einem anderen Zusammenhang gesagt hat: Das ist nämlich heuchlerisch, was sich
hier abspielt, was sich hier im Bereich der Schulen auf dem Rücken der Schüler,
Eltern und Lehrer dieser Stadt tut. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich frage mich: Wieso sorgen Sie nicht dafür, dass
die entsprechenden Lehrerdienstposten nachbesetzt werden? Das liegt in Ihrer
Verantwortung. Warum haben Sie offensichtlich zu viele in Pension gehen lassen?
Das ist alles Ihre Verantwortung. Das ist nicht einzusehen, das ist leider Ihre
Verantwortung. Vor dieser Verantwortung können Sie sich auch nicht drücken. Das
ist einfach unglaublich, was sich da abspielt. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Und wie sieht
die Situation aus mit dem Geld, das wir bräuchten, etwa im Bereich der
Altenpflege? Da gibt es den offensichtlich chronisch unterdotierten
Sozialbereich. Da geht es darum, dass ältere Menschen unter zumutbaren
Umständen ihren Lebensabend verbringen sollten, aber dafür gibt es kein Geld.
Auch hier wieder: Warum hat man nicht ein entsprechendes Entlohnungssystem
geschaffen? Warum werden die Mitarbeiter der Stadt Wien nicht entsprechend
motiviert? An uns alle wird laufend herangetragen, wie die Situation aussieht.
Hier ist die Rede von Mobbing, und da handelt es sich nicht nur um einen Anruf
bei uns, der in diese Richtung geht, nicht nur um ein Gespräch, das in diese
Richtung geht. Warum wird dieser öffentliche Dienst in Wien nicht modernisiert,
beispielsweise so, dass ein zweites Pensionsstandbein in Form einer
Pensionskasse eingerichtet wird?
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es muss aber
auch diskutiert werden, ob es wirklich sinnvoll ist, dass alles und jedes durch
die Stadt erledigt wird, ob es nicht vernünftiger wäre, manches auch durch
Private besser und kostengünstiger erbringen zu lassen. Ist es wirklich
notwendig, dass Wien eine Sargfabrik hat, dass die Hirschwanger
Holzverarbeitung der Stadt Wien gehört, dass die Friedhofsgärtnereien der Stadt
Wien gehören? Nicht umsonst sagt Univ Prof Dr Schneider, dass kein einziges
Bundesland ein derart hohes Privatisierungspotential hat wie Wien. Damit könnte
frisches Geld hereinkommen und dafür verwendet werden, in Wien investiert zu
werden.
In diesem Budget beispielsweise fehlt etwa das, was
der Herr Bürgermeister angekündigt hat, nämlich die Pflegemilliarde. Das heißt,
wir brauchen Geld, und das wird einfach nicht genutzt.
Oder wozu brauchen wir eigentlich noch diese defizitären
Tröpferlbäder? Wäre es nicht sinnvoller, hier lukrative Wellness-Centers zu
etablieren oder Ähnliches. Phantasie ist notwendig und gefragt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr
Finanzstadtrat! Es geht aber nicht nur darum, zu kritisieren, sondern es geht
auch darum, dass entsprechende Änderungen vorgeschlagen werden, etwa im Bereich
der Altenpflege. Wir haben in den letzten Wochen und Monaten intensivst
diskutiert, wie dieses Wiener System aussieht, wir erleben das jede Woche im
Untersuchungsausschuss, wo davon die Rede ist, dass einfach nur zentrale
Aufbewahrungsanstalten für Menschen bestehen. Was notwendig ist, ist, dass
tatsächlich Schritte gesetzt werden für eine menschlichere Möglichkeit, in
dieser Stadt alt zu werden.
Wir brauchen hundert Nachbarschaftshilfezentren in
Wien, wir brauchen eine Eigeninitiative, wir brauchen die Unterstützung der
Ehrenamtlichkeit. Das ist der Zugang, den wir zu diesem Thema haben. Auf diese
Weise hätten wir menschlichere Formen, damit die älteren Menschen in dieser
Stadt ihren Lebensabend genießen können. (Beifall
bei der ÖVP.)
Wenn
wir uns den Sozial- und Gesundheitsbereich ansehen, dann fällt auch auf, wie
effizient in den einen Bereichen vorgegangen wird und wie ineffizient in
anderen. Dass etwa der gesamte Abgang der Ordensspitäler so hoch ist wie der
eines einzigen Spitals, des Hanusch-Spitals, sagt mehr aus als viele
Statistiken.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir brauchen
effektivere Einheiten und keine aufgeblähte, unübersichtliche Gesundheits- und
Altenpflegebürokratie.
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