Gemeinderat,
35. Sitzung vom 24.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 134
dass diese Entwicklung in den letzten Jahre verstärkt
weiterwirkt?
Hier stellt sich die entscheidende Frage, warum sich
eigentlich Wien von der positiven Entwicklung, die bundesweit festzustellen
ist, so abkoppelt. Die Gründe dafür sind leider hausgemacht. (GR Godwin Schuster: Das wiederholt er schon
zum dritten Mal, aber es wird nicht besser!) Da gibt es eine viel zu wenig
flexible und aufgeblähte Bürokratie. Schauen Sie nach Oberösterreich. Wie
schnell gibt es dort Betriebsanlagegenehmigungen! Innerhalb von drei Monaten!
Wie lange dauert das vielfach in Wien? Wie schaut es da aus mit den
Rahmenbedingungen? Die eine Magistratsabteilung, hört man manchmal (VBgm Dr
Sepp Rieder: Wo zum Beispiel?,)
ordnet das eine an, die andere das andere.
Warum ziehen verschiedene Betriebe ins Umland? Macht
der Wirtschaftslandesrat Grabmann manches besser als der Wirtschaftslandesrat
hier in Wien? (GR Godwin Schuster: Nennen
Sie ein Beispiel!) Und der Lohn dafür ist (GR Franz Ekkamp: Nennen Sie Beispiele!) – da können Sie schon die
Beispiele hören –: neue Betriebe, neue Arbeitsplätze. Schauen Sie sich die
Zahlen an! Sie sprechen eine klare Sprache. (GR
Fritz Strobl: Aber zu Gunsten Wiens!) Zusätzliche Arbeitsplätze, weniger
Arbeitslose in Niederösterreich und vor allem mehr Investitionen. Schauen Sie
sich beispielsweise Krems an. Hier wird in die Donau-Universität investiert.
Ich frage mich beispielsweise, warum man nicht etwa im Zusammenhang mit der Technischen
Universität mehr Fachhochschulen ansiedelt. Warum tut man das etwa nicht? Das
wäre eine Möglichkeit für Wien.
Und noch ein Beispiel. Der Herr Vizebürgermeister ist
darauf eingegangen, aber er hat es nicht zur Gänze gesagt, wie die Situation
ist, was die Ladenöffnungszeiten betrifft. Auch da war Niederösterreich unter
Erwin Pröll im Vergleich zu Wien weitaus effektiver. Das führt nur dazu, dass
das deutlicher wird, was in einem City-Ranking, das im "profil" vor
kurzem angestellt wurde, zum Ausdruck kommt: dass Wien hier zurücksinkt. Das
kann doch nicht das Ziel sein. Das kann doch nicht das sein, was wir zulassen.
Oder was die Erreichbarkeit Wiens mit Straße und
Eisenbahnverbindungen betrifft. Jetzt warte ich, dass Sie aufschreien. – Aha
Sie schreien nicht auf. Sie schreien deshalb nicht auf, weil Sie genau wissen,
dass von den 58 Jahren in der Zweiten Republik die SPÖ 49 Jahre das
Verkehrsministerium gehabt hat. Daher schreien Sie nicht auf. Sie haben
gelernt. (Beifall bei der ÖVP. –
GR Godwin Schuster: Und die ÖVP hat zugeschaut und nichts gemacht!)
Meine Damen und Herren! Wir müssen Angst haben, dass
unsere EU-Nachbarn die Chancen im Zuge der Osterweiterung schneller umsetzen
als wir. Wir sind froh, wenn sie sie umsetzen, und wir stehen zu dieser
Erweiterung, weil sie notwendig ist, aber wir sollten manches lernen von der
Flexibilität unserer Nachbarländer. Wo setzt Wien in Richtung
Standortverbesserung die Signale, die notwendig sind?
Sie kritisieren immer die Bundesregierung, sie tue zu
wenig für die Konjunkturbelebung. Da gibt es ein Wachstumspaket. Wo ist das
Wiener Wachstumspaket (GR Johann Driemer: Das steht ja nichts drinnen!)
– Kollege Driemer, ich komme schon darauf (GR Johann Driemer: Wo sehen Sie
da etwas? Sagen Sie das!), ich setze mich damit auseinander –, damit die
entsprechenden Impulse kommen für einen neuen Zentralbahnhof, für den Ausbau
des Nahverkehrs oder etwa für die Vorbereitung der Fußballeuropameisterschaft
in Wien?
Forschungsförderung, Forschungsstandort. (GR Godwin Schuster: Nennen Sie Betriebe!)
Hier sind genau die Mittel, die wir brauchen (GR Godwin Schuster: Welche Mittel?), damit Wien den Umstieg von
der Industriestadt zur Bildungs- und Wissensstadt herbeiführt.
Von den etwa 20 EU-weit kofinanzierten TEN-Projekten
war es möglich, sechs nach Österreich zu bringen, und ich zähle hier vier auf,
die Wien betreffen: den Bahnausbau Wien – Pressburg, den Bahnausbau Wien –
Budapest, den Donauausbau Wien – Pressburg und die Autobahn A 5 von Wien
nach Brünn.
Da kann ich mich nur an das anschließen, was mein
Parteiobmann, Staatssekretär Alfred Finz gesagt hat: Wo bleibt das Wiener
Wachstumspaket, Herr Bürgermeister, Herr Vizebürgermeister, Herr
Finanzstadtrat? (GR Mag Rüdiger Maresch:
Nicht bei der Autobahn!) Wir brauchen auch Autobahnen, das ist klar. (GR Mag Rüdiger Maresch: Wo? Nennen Sie das
genau!)
Was wir kritisieren – und da sind wir nicht allein,
das sagen auch die anderen Oppositionsparteien, das sagen vielfach die
Sozialpartner –, ist, dass nicht antizyklisch investiert wird von Wien. Schauen
wir uns die Investitionen an. Laut Rechnungsabschluss 2002 – das war der, der
zuletzt in diesem Haus diskutiert wurde, nämlich im Juni – gab es dafür
1,35 Milliarden EUR, laut Voranschlag 2004 lediglich 1,34 Milliarden EUR.
Das heißt, es geht zurück. Noch stärker ist es im Vergleich zum Voranschlag
2003, in dem noch 1,37 Milliarden EUR für Investitionen veranschlagt
waren.
Schauen wir uns doch die Ausgaben im Bereich Bau- und
Baunebengewerbe an. Das sind wichtige Wachstumsmotoren für unsere
Volkswirtschaft. Wir hatten vor rund sieben Jahren 41 640 unselbstständig
Beschäftigte am Wiener Bau, heute sind es um 25 Prozent weniger.
Und wie sieht es bei den Auftragsbeständen aus? Sie
sagen immer, das ist der Bund. Da frage ich mich nur, warum die in Wien um
15,7 Prozent zurückgegangen sind, bundesweit lediglich um
8,5 Prozent. Da kann man sich nicht darauf ausreden, daran ist der Bund
schuld, sondern das ist hausgemacht.
Und warum kann sich eigentlich der Bund jetzt ein Wachstumspaket
leisten? Einfach deshalb, weil eingespart wurde. Das sind
Zukunftsinvestitionen, die notwendig sind.
Und was das Einsparen betrifft, was den Schuldenabbau
betrifft, hat uns beispielsweise die Steiermark heute überholt. Das
Wachstumsklima etwa in der Steiermark ist besser als in Wien, und
dementsprechend günstiger ist auch die Arbeitsmarktsituation. Die Steiermark
hat heute eine geringere Arbeitslosigkeit als Wien.
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