Gemeinderat,
35. Sitzung vom 24.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 14 von 134
Die erste Eigenschaft, die eine Führungskraft haben muss,
ist, Fehler wahrzunehmen und auf Fehler zu reagieren. Das werfe ich Ihnen im
Kern vor: Entweder Sie haben bewusst weggeschaut, oder Sie haben es gewusst und
sind unfähig zu reagieren. Ich werde Ihnen eine Reihe von Beispielen bringen.
Ich möchte Ihre eigene Argumentation aufgreifen: Ja,
aber bitte Herr Kollege Chorherr, Frau Kollegin Pilz, Mandatarinnen und
Mandatare von der Opposition – Sie sagen das an die Öffentlichkeit gerichtet –,
es gibt ja nicht nur Lainz in Wien, es gibt auch hervorragende Einrichtungen
mit Ein- und Zweibettzimmern. Gehen Sie doch da hinein!
Ja, die gibt es, meine Damen und Herren, ja, die sind
teilweise hervorragend. Das ist aber auch ein System, das linke Parteien, das
sozialdemokratische Parteien, zum Beispiel in den USA, kritisieren, nämlich
eine Zweiklassenmedizin. Die, die es sich leisten können, die über ein
entsprechendes Einkommen verfügen (GRin
Mag Sonja Wehsely: Das ist doch nicht wahr!) – na warten Sie mit dem
Kopfschütteln –, die bekommen in den USA und in anderen kapitalistischen
Gesundheitsorganisationen schöne Einrichtungen, und die, die es sich nicht
leisten können, müssen mit anderen Systemen vorlieb nehmen.
Ist es in Wien so, dass die, die es sich leisten
können, die hohe Einkommen haben, das bekommen? Nein! Da ist etwas anderes
notwendig. Nicht die, die es sich leisten können – was ich massiv kritisiere,
dass im Gesundheitsbereich die Frage des Einkommens eine ist, die qualifiziert,
ob man eine gute oder eine schlechte Versorgung bekommt –, bekommen das,
sondern es gibt eine Wiener Gemeinderätin, die ich auch beim Namen nenne – sie
ist, glaube ich, jetzt nicht im Saal –, und die zeigt das, was das "System
SPÖ" in Wien ist, diese Zweiklassenmedizin, diese Zweiklassenversorgung:
hier Einbettzimmer, Toilette, eine Selbstverständlichkeit, zum Beispiel im
schönen neuen Geriatriezentrum im 10. Bezirk in Favoriten, in großen Bereichen
vorbildhaft. Aber wie kriegt man da ein Zimmer? Wer entscheidet darüber, ob ich
im Achtbettzimmer in Lainz oder im Einbettzimmer im Geriatriezentrum im
10. Bezirk untergebracht werde?
Die Frau Kollegin Pilz hat mit einem Hauch von Ironie
eine Gemeinderätin gefragt: Wie mache ich denn das, dass ich dort hinkomme?
Diese SPÖ-Gemeinderätin hat gesagt – und das
ist Wiener SPÖ –: Wenden Sie sich rechtzeitig an mich. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen
und der ÖVP.) Das muss in ihr leben, sie hat das als ernste Frage gemeint –
und genau das ist Wiener SPÖ. Es war im Übrigen die Frau GRin Klicka. Man muss
das auch einmal sagen – sie kann herauskommen und es tatsächlich berichtigen –,
man muss Namen nennen, man muss die Dinge benennen, damit man weiß, worum es
geht.
Das ist das System SPÖ: ein nicht wahnsinnig
aufgeklärtes Feudalsystem. Wenn du gute Beziehungen hast, kommst du ins
Einbettzimmer. Du musst über kein hohes Einkommen verfügen. Warst du eine brave
Rote oder hast du das gezeigt, was in Wien notwendig ist, die Demut gegenüber
der SPÖ, hast du die entsprechenden Beziehungen, dann bekommst du das.
Das ist Zweiklassenmedizin der übelsten Sorte, und
ich muss jetzt lange nachdenken, was ich schlimmer finde, ob es die Frage des
Einkommens ist, ob ich eine gute Versorgung habe – ich lehne das grundsätzlich
ab, weil der Gesundheitsbereich keine Frage des Einkommens sein darf – oder ein
Nahbereich zu den Herrschenden, wo man gönnerhaft die Dinge bekommt.
"Wenden Sie sich rechtzeitig an mich." Wenn du dich nicht rechtzeitig
an jemanden wendest, dann liegst du im Achtbettzimmer, wenn du dich rechtzeitig
an die SPÖ wendest, dann bekommst du ein entsprechendes Zimmer.
Das ist das "System SPÖ", das ist das
"System Lainz", und auch Kollege Rieder könnte nicht nur in der
Untersuchungskommission, sondern auch hier einmal darstellen, was er als
Gesundheitsstadtrat, der er jahrelang war, gemacht hat, was er als
Finanzstadtrat gemacht hat, um diese untragbaren, indiskutablen Zustände zu
klären.
Ein Weiteres rund um das System Lainz, ein Detail aus
der letzten Untersuchungskommission. Da ist von der Frau Pittermann ein –
Anführungszeichen – "PatientInnenanwalt" eingerichtet worden, der in
der letzten Woche – das muss man hier auch einmal sagen – ein verheerendes
Zeugnis ausgestellt hat. Der Herr Vogt meint wörtlich – und das ist ein zweiter
Bereich, warum sich nichts ändert: dass Sie nicht gelernt haben, Kritik zu
Ihnen dringen zu lassen, meine Damen und Herren von der SPÖ –: "Das
Dienstrecht ist ein einziger Maulkorb."
Ja, wer hat denn dieses Dienstrecht gemacht? Wer hat
dieses Dienstrecht gemacht, das der von Ihnen eingesetzte PatientInnenanwalt
einen "einzigen Maulkorb" nennt? Was heißt denn das? Wenn jemand
sagt, hallo, ich hätte etwas zu verbessern, ich hätte einen Vorschlag zu machen,
wird das von Ihnen als Kritik interpretiert, und, flups, ist das Einbettzimmer
schon weg, schon liegst du im Achtbettzimmer, schon wirst du entsprechend
sanktioniert.
Ist das nicht ein verheerendes Zeugnis, das es
verunmöglicht, Reformen zu machen? Denn wer, wenn nicht die, die dort arbeiten
und auch seit Jahren auf die Missstände hinweisen, sollte solche Vorschläge
machen? Aber die stoßen nicht auf offene Ohren – danke für den Vorschlag, das
ist wirklich ein Wahnsinn! –, sondern die werden sanktioniert, die werden mit
Maulkörben und noch Schlimmerem sanktioniert. – Das ist der zweite Punkt.
Und auch der dritte Punkt zeigt, wie verheerend, wie
letztlich auch inkompetent die Führung ist, denn es geht eben nicht bloß darum
– ich zitiere jetzt, was ich zu Beginn der Debatte gesagt habe –, dass jemand
geht. Der Rücktritt der Frau Pittermann, der hundertprozentig kommt – das
wissen alle hier im Raum –, der löst das Problem überhaupt nicht. Die Frage
ist, ob dieses "System SPÖ" verändert wird.
Ein weiterer Beleg für dieses verheerende "System
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