Gemeinderat,
35. Sitzung vom 24.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 8 von 134
Konjunkturtief zu entkoppeln. Wir befinden uns in einem
überlangen Konjunkturtief und die Prognosen der Wirtschaftsforscher für 2004
sind ungeachtet anklingenden Optimismus in Wirtschaftskreisen, insbesondere in
der Bundesrepublik Deutschland, noch immer sehr vorsichtig, genauso für
Österreich im Besonderen als für die gesamte Eurozone. Das WIFO hat erst vor
kurzem von einer anhaltenden flauen Konjunktur gesprochen.
Die privaten Investitionen halten sich in deutlichen
Grenzen, sie steigen nur zögerlich. Der private Konsum - und das ist ein
entscheidender Faktor gerade für die Wirtschaft im Osten Österreichs - bleibt
1,6 bis 1,9 Prozent für 2004 hinter dem langjährigen Schnitt von 2,25 Prozent
zurück. Also, wir sind mit einer Situation konfrontiert, wo eigentlich die
Wirtschaft eines zusätzlichen Impulses bedarf.
Ein kurzer Ausblick in die USA: Mit 7,2 Prozent ist
das aktuelle Wirtschaftswachstum in den USA das höchste seit 20 Jahren. Die
Interpretation der Wirtschaftsexperten und Wirtschaftsforscher dort: Dieses
massive Wirtschaftswachstum wird getragen vom öffentlichen Staat, also durch
Investitionen in Form von Staatsausgaben. Und ich bin überzeugt, dass
zusätzliche öffentliche Investitionen auch in Österreich einen derartigen
Konjunkturaufschwung bewirken könnten. Leider findet sich auch im jüngsten
Konjunkturpaket der Bundesregierung dieser Aspekt der öffentlichen
Investitionen kaum, man kann fast sagen, gar nicht. Für umso wichtiger halten
wir es, dass die Stadt Wien ungeachtet der sinkenden Einnahmen an der
bisherigen Investitionspolitik festhält.
Ich möchte das auch an einigen Zahlen für das Jahr
2004 belegen. Das direkte Investitionsvolumen aus dem Budget macht 2004
1,34 Milliarden EUR aus. Korrekterweise füge ich hinzu,
137,3 Millionen sind darin Bundesmittel für den U-Bahn Ausbau.
Einschließlich des Investitionsvolumens der Unternehmen der Stadt stehen für
Investitionen im kommenden Jahr 2 Milliarden zur Verfügung. Ich überlasse es
Nachrednern, den Vergleich mit dem Investitionsvolumen des Bundes herzustellen.
Dazu kommen dann noch die mittelbaren Investitionen,
die durch Förderungen aus der Wirtschaftsförderung der Stadt ausgelöst werden,
die nach den Meinungen der Wirtschaftsexperten zusätzliche 200 Millionen
ausmachen, also 2,2 Milliarden durch direkte und mittelbare Investitionen.
Die Aufwendungen für Bau- und Baunebengewerbe einschließlich der
Wohnbauförderung machen 1,4 Milliarden aus und sind damit um 40 Millionen
höher als der bisherige Spitzenwert bei 2003. Also, wir haben 2004 neuerlich
einen Spitzenwert in diesem Bereich.
Ich habe es schon erwähnt. Natürlich ist
Wirtschaftspolitik mehr als Investitionspolitik und ich möchte darauf
hinweisen, dass wir mit dem Wiener Wirtschaftsförderungsfonds über ein
ausgezeichnetes Instrument moderner Wirtschaftsförderung verfügen, in dem sich
auch die gute Zusammenarbeit zwischen Stadtregierung und Stadtpolitik auf der
einen und Interessenvertretung der Wiener Wirtschaft auf der anderen Seite
dokumentiert.
Und ich möchte die Gelegenheit wahrnehmen, den
Repräsentanten der Wiener Sozialpartner meinen Dank für die Unterstützung und
für die gute Zusammenarbeit auszusprechen. Auf der Arbeitgeberseite gilt dieser
Dank den beiden Präsidenten Walter Nettig und Fritz Strobl und Dr Oliva
von der Industrieellenvereinigung und auf der Arbeitnehmerseite dem
Arbeiterkammerpräsidenten Herbert Tumpel und dem ÖGB-Präsidenten Fritz
Verzetnitsch. (Beifall bei der SPÖ.)
Und an die Adresse des Kollegen Aichinger gesprochen:
Gerade der vor kurzem erzielte Konsens bei der Erweiterung der
Geschäftsöffnungszeiten um einen zweiten langen Einkaufsabend bestätigt diese
Handlungsfähigkeit der Sozialpartner und ich möchte darauf aufmerksam machen,
dass damit sicher Abhilfe geschaffen worden ist in einer Entwicklung, die lange
Zeit von der Wiener Wirtschaft mit großer Sorge beobachtet worden ist, nämlich
dass die größere Zahl, nämlich dort zwei Einkaufsabende, insbesondere in den
Einkaufszentren außerhalb der Stadtgrenze, möglicherweise zu einem Abfluss der
Kaufkraft führen kann und ich möchte mich auch bei meiner Kollegin Renate
Brauner, die ja diese Verhandlungen geführt hat, für das rasche Zustandekommen
herzlich bedanken.
Immerhin, meine sehr geehrten Damen und Herren,
schneidet der Wirtschaftsstandort Wien, aber vor allem auch der Kongress- und
Tourismusstandort Wien im internationalen Benchmark mit anderen europäischen
Großstädten recht gut bis sehr gut ab. Wien zählt, gemessen am ökonomischen
Entwicklungsniveau, unangefochten zu den Top Ten der internationalen
Großstädtehierarchie.
Seit 1975 ist das Verhältnis von Bruttourbanprodukt
zur Einwohnerzahl in Wien um 86 Prozent gestiegen und damit um ein Viertel
rascher gewachsen als im Schnitt der europäischen Städte.
Seit 1975 ist die Arbeitsproduktivität, die ja dafür
entscheidend ist, ob der Standort Wien von Wirtschaftsinvestoren gesucht wird,
um 75 Prozent gestiegen. Nur sechs von 35 europäischen Vergleichsstädten
haben eine höhere Produktivität. Und Wien liegt damit um 20 Prozent, also
ein Fünftel, über diesem europäischen Durchschnitt.
Den Preis dafür, das sage ich schon jetzt, zahlen wir
allerdings in der Beschäftigungsstruktur und in der Beschäftigungsintensität.
Die Produktivität der Arbeit wurde gewaltig gesteigert, es hält aber damit die
Entwicklung der Beschäftigungsverhältnisse nicht Schritt, dazu komme ich aber
noch.
Trotzdem hat Wien noch immer im internationalen Vergleich,
im Großstädtevergleich, eine hohe Beschäftigungsquote und die Erwerbsquote ist
in Wien seit Mitte der 80er Jahre um 10 Prozent gestiegen und letztlich -
das muss auch mit hoher Anerkennung für die Wiener Wirtschaft gesagt werden -
hat jetzt der beschleunigte Strukturwandel in der Wiener Wirtschaft in die
richtige Richtung, nämlich in die Richtung einer modernen,
unternehmensorientierten Dienstleistungsstruktur, stattgefunden. Und Wien ist
als Kongressdestination seit
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