Gemeinderat,
35. Sitzung vom 24.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 5 von 134
welcher Rechtsqualität sich die Betreffenden in Österreich
aufhalten, und ohne Unterschied, aus welchem Grund der Fremde hilfs- und
schutzbedürftig ist. Wenn eine solche umfassende Regelung zu Stande kommt, dann
ist der grundsätzlich vereinbarte Schlüssel
von 60 zu 40 akzeptabel und dann bin ich der Meinung, dass
in diesem Bereich eine finanziell notwendige, entscheidende Verbesserung
erreicht werden kann.
Allerdings - auch das soll gesagt werden - muss
angemerkt werden, dass die Vorgangsweise des Innenministers, das Asylgesetz und
das Bundesbetreuungsgesetz am Konsultationsmechanismus vorbei, quasi über
Initiativanträge durch die Hintertür in den Nationalrat einzubringen, nicht
wirklich ein freundlicher Akt gewesen ist, und dass dies selbst dem loyalen
Pühringer gereicht hat, sodass er sich dann vor einigen Tagen lautstark in der
Öffentlichkeit dagegen ausgesprochen hat.
Es bedeutet auch die Tatsache, dass wir uns zu einer
raschen finanziellen Lösung dieses wichtigen humanitären Themas bekennen,
nicht, dass wir unsere Bedenken, unsere verfassungsrechtlichen Bedenken, gegen
das Asylgesetz damit ad acta legen, sondern wir werden sehr genau prüfen, ob
ungeachtet der Vereinbarung in diesem Bereich das Asylgesetz, so wie es derzeit
vorliegt, verfassungsrechtlich vereinbar ist.
Ich möchte in diesem Zusammenhang, meine sehr
geehrten Damen und Herren, unseren Bürgermeister loben, der heute deswegen
nicht da ist, weil er einer Einladung - allerdings einer verhältnismäßig späten
Einladung - des Bundeskanzlers zu einer Veranstaltung folgt, die heute, jetzt
zur selben Zeit, zum Thema Jugendarbeitslosigkeit stattfindet. Ich glaube, wir
werden alle verstehen, dass er dieses Thema, das für uns immer, von Anfang an,
die Priorität Nummer Eins gehabt hat, jetzt der Teilnahme an der Budgetdebatte
hier, vorzieht.
Aber ich möchte ihm deswegen danken, weil er
ungeachtet der merkwürdigen Verhaltensweisen auf Bundesebene, sich sehr rasch,
ja sehr rasch dafür eingesetzt und angeordnet hat, dass in
Wien 500 zusätzliche Nächtigungsmöglichkeiten für obdachlose Fremde
geschaffen werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, das
verdient unser aller Respekt, ungeachtet in welcher Fraktion man sitzt. (Beifall
bei der SPÖ.)
Es
muss aber auch angemerkt werden, dass während dies in Wien realisiert worden
ist, in den anderen Bundesländern vergleichbare Initiativen noch auf sich
warten lassen, sage ich einmal sehr freundlich.
Siebenter Punkt: In Verbindung mit der schlechten
Wirtschaftslage und der gestiegenen Arbeitslosigkeit hat die hohe
Steuerbelastung in Österreich die soziale Lage in ganz Österreich, aber
natürlich auch in Wien, deutlich verschärft. Überall dort, wo sozial schwachen
Menschen mit öffentlichen Mitteln geholfen wird, wo sie mit öffentlichen
Mitteln unterstützt werden, stellen wir ein starkes Steigen der Ausgaben fest.
Immer mehr Menschen fallen unter jene Einkommensgrenzen, die den Einsatz
öffentlicher Unterstützung vorsehen. Das gilt für die Wohnbeihilfe - wie der
Wohnbaustadtrat Faymann erst vor nicht all zu langer Zeit auch öffentlich
mitgeteilt hat -, genauso wie für den Bereich der Kindergärten und
Kindertagesheime und genauso für die Altenbetreuung. Dort macht sich übrigens
auch nachteilig bemerkbar, dass der Sozialminister das Pflegegeld seit Jahren
nicht angepasst, nicht erhöht hat, weil das zusätzlich die Möglichkeiten der
Finanzierung von Maßnahmen erschwert.
Bei der schon erwähnten
Landesfinanzreferenten-Konferenz in der vergangenen Woche wurde Zahlenmaterial
über die Belastung der österreichischen Bundesländer durch die Ausgaben für
Soziales vorgelegt. In allen Bundesländern sind diese Ausgaben um ein
Vielfaches stärker gestiegen als die Ertragsanteile der Länder. Die sind übrigens
seit 2001 um rund ein Prozent zurückgegangen.
Die Sozialausgaben von 1997 mit damals einer
Milliarde, 1,68 Milliarden EUR; sind bis 2003 mit 2,35 Milliarden EUR
um 40 Prozent gestiegen und sie werden bis 2008 auf 90 Prozent
ansteigen. Also man sieht, was in diesem Bereich österreichweit für eine
gewaltige Dynamik drinnen steckt, während immer so getan wird, als wenn das nur
ein Problem Wiens wäre.
Nicht anders ist die Situation bei den Nettoausgaben
für die Kinderbetreuung. Von 1997 mit 541,6 Millionen EUR auf 2003
mit 656 Millionen EUR macht der Anstieg 21 Prozent aus, bis 2008
sind es 37,4 Prozent. Wir sind in diesem Bereich mit einer Entwicklung
konfrontiert, wo es nicht um ein spezifisches Problem einer Stadt, eines Landes
oder eines Jahres geht, sondern mit einer dynamischen Entwicklung, hinter der
eine einzige Tatsache steht, nämlich dass die Kombination von Wirtschaftslage,
Arbeitslosigkeit und hoher Steuerbelastung in der Tat die soziale Lage jetzt
und in Zukunft dramatisch verschärfen wird. Und wer dafür verantwortlich ist,
glaube ich, brauche ich in diesem Bereich nicht sagen.
Natürlich sind alle Bundesländer in der Situation vor
die Wahl gestellt - ich kann mich an ein Gespräch mit dem Finanzreferenten des
Bundeslandes Steiermark erinnern -, entweder Sozialleistungen zu kürzen oder
sich auf Mehrausgaben, und zwar dramatische Mehrausgaben, einzulassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben uns
in Wien dafür entschieden, keine Kürzungen, keine Einschnitte vorzunehmen, sondern
den bisherigen hohen Standard zu halten. Wien soll auch weiterhin ein Platz für
soziale Sicherheit und soziale Gerechtigkeit sein. Und es war weder ein
sozialdemokratischer Sozialsprecher im Parlament, noch die Sozialstadträtin in
Wien, die in den letzten Tagen öffentlich darüber nachgedacht hat, wie man bei
der sozial ungerechten Besteuerung der Unfallrenten bleiben kann.
Und das an die Adresse der Wiener ÖVP und an die Adresse der
GRÜNEN: Ich möchte nur darauf aufmerksam machen, dass ich im Regierungsprogramm
der neuen Landesregierung Schwarz-Grün für Oberösterreich das Kapitel Soziales
gesucht habe und ich habe es nicht gefunden. Es gibt nur einige wenige
Anmerkungen über soziale Themen in dem größeren Kapitel Arbeit und
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular