Gemeinderat,
34. Sitzung vom 04.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 81 von 99
wenn Personen Sie auf der Straße
als Gemeinderat erkennen und anreden und Sie fragen: Entschuldigen, warum
verteidigt ihr immer eure eigene Stadträtin, obwohl sie einfach keine Ahnung
hat von Sozialpolitik und Sozialabbau betreibt? Wenn Sie selbst sich
rechtfertigen müssen, dann ist der richtige Zeitpunkt für einen
Misstrauensantrag, weil dann besteht trotz einer Mehrheit der Sozialdemokratie
die Möglichkeit, dass Frau StRin Laska gehen muss. Und es ist höchste Zeit
dazu! – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: So.
Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Walter Strobl.
GR Walter Strobl (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und
Herren!
Verfehlte Sozialpolitik zeigt sich auch in anderen
Bereichen. Es geht um falsche Einschätzungen und um falsche Prioritätensetzungen.
Ich darf in einigen kleinen Schlaglichtern kurz
darstellen, was alles noch in diesem Zusammenhang zumindest in dieser
Diskussion miterwähnt werden muss.
Ich beginne
einmal mit der Schulsituation in Wien: Da gibt es einen Warenkorb, der an alle
Wiener Pflichtschüler großzügig und ich glaube seit fast 80 Jahren
ausbezahlt wird. Dieser Warenkorb ist zur Entlastung der Familien gedacht und
dient zur Unterstützung des einzelnen Schülers für seine Arbeitsmaterialien in
der Schule.
Am 1. September teilte die Frau
Vizebürgermeisterin als zuständige Stadträtin allen Schülern mit, dass diese
Gepflogenheit weitergeführt und das weiter ausbezahlt wird und das trotz dieser
widerwärtigen Situation der Streichungen durch die Finanzpolitik des Bundes, so
als ob hier ein gewisser Zusammenhang bestehen würde. Aber nichts desto trotz
schickte sie am 2. September - natürlich nicht mit ihrem Namen, sondern
mit dem Namen des zuständigen Abteilungsleiters der Magistratsabteilung 56
- einen ähnlichen Brief, in dem sie mitteilt, dass sie sich – und jetzt kommt
es – außerstande sieht, diesen Warenkorb heuer für alle in Privatschulen im
Pflichtschulbereich befindlichen Kinder auch zahlen zu können. Das ist eine
Zwei-Klassen-Politik und das hat mit Sozialpolitik in dieser Stadt wirklich
nichts zu tun! (Beifall bei der ÖVP.)
Ein ganz ein anderer, weiterer Bereich ist auch die
Frage, wie sozial es ist, wenn ich, obwohl ich weiß, dass zirka 500 Lehrer
in den Vorruhestand gehen werden und sich 170 in einen Sonderurlaub
verabschiedet haben, in Wien bei den Pflichtschullehrern eine Aufnahmesperre
verhänge, damit künstliche Engpässe erzeuge - es muss suppliert werden,
bestimmte Stunden können gar nicht mehr gehalten werden, es herrscht also
überall Aufregung - und dann einfach mit der Überschrift „Das ist die Schuld
der Kürzungspolitik der Bundesregierung“ komme. Na mitnichten, sehr geehrte
Frau Vizebürgermeisterin! Es ist Ihre Politik, Lehrer in Wien im Rahmen der
vorgegebenen Strukturen und Zahlen anzustellen!
Aber Sie haben es ja auch mit der Wahrheit nicht
besonders genau genommen als Sie mitgeteilt haben, dass auf Grund der
Stundenkürzungen im Pflichtschulbereich 170 Dienstposten verloren gegangen
sind, was ja rechnerisch schon gar nicht geht. Tatsache ist, dass im
Pflichtschulbereich genau aus diesen Stundenkürzungen heraus
170 Dienstposten zusätzlich zur Verfügung stehen, die zusätzlich
eingesetzt werden können, weil die Lehrer für diese Tätigkeit frei sind. Also
Sie verdrehen ja auch selbst diese Dinge, um mit Unwahrheiten einfach Stimmung
in einem Permanenzwahlkampf zu machen, in einer neurotischen Situation. Dabei
haben Sie für die Probleme, die Wien alleine lösen muss, die eigene
Lösungskompetenz sozusagen vollkommen verloren. (Beifall bei der ÖVP.)
Ein Beispiel,
das Sie heute ja selbst in der Fragestunde angesprochen haben und wo man sieht,
wie Sie sich entweder absichtlich von der Wahrheit entfernen oder vielleicht
tatsächlich auch nicht auskennen, zum ganztägigen Schulbereich: Wien ist in
diesem Zusammenhang angeblich eine Musterstadt und ich darf Ihnen nun die
aktuellen Zahlen nennen. Wir haben in Wien 273 Volksschulen,
121 Hauptschulen, 44 Sonderschulen und 85 AHS-Standorte. Die
ganztägige Betreuung war zuletzt ein Lieblingsthema der SPÖ. Man muss nur den
ideologischen Hintergrund wissen, warum das ein Lieblingsthema der SPÖ geworden
ist: Weil sie hier die Hoffnung hegt, über die Form der echten Ganztagsschule,
die wir immer als Zwangstagsschule bezeichnet haben, die Lehrerkosten voll
abgedeckt zu erhalten und nicht, so wie es die derzeitige Regelung vorsieht,
den Freizeitbereich, den Betreuungsbereich im Bereich der Länder
beziehungsweise der Gemeinde selbst finanzieren zu müssen. Das ist der wahre
fiskalische Hintergrund und das soll man auch sagen.
Tatsache ist, liebe Frau Vizebürgermeisterin, dass es
von den 273 Volksschulen in Wien nur 36 Standorte gibt, die eine
ganztägige Betreuung anbieten. Das sind knappe 13 Prozent. Tatsache ist,
dass Sie von den 121 Standorten der Hauptschulen 33 ganztägige Betreuungsformen
anbieten, das sind 27,5 Prozent. Und Tatsache ist, dass Sie bei den
44 Sonderschulen in der Summe 13 Standorte ganztägig betreuen.
Wie sieht es nun mit den Bundesschulen aus, wo ja der
Bund zuständig ist? Wir haben 85 Bundesschulen, 85 Gymnasien in Wien.
Bis auf 5 Schulen bieten alle anderen, also 80 Standorte, ganztägige
Schulbetreuung an.
Ich gebe Ihnen einen Tipp mit: Beenden Sie Ihre
Propaganda mit Unwahrheiten, handeln Sie und lösen Sie in Wien die Probleme,
die vor allem Sie selbst lösen können! (Beifall bei der ÖVP.)
Ein zweiter Bereich, der auch sehr schön zeigt... Vielleicht
noch etwas zitiert, damit man sieht, wie alt die Situation bei den ganztägigen
Schulen eigentlich ist: Das Schulgesetz, Frau Vizebürgermeisterin, stammt aus
dem Jahre 1993. Sie sollten mir jetzt zuhören, was hier im Gesetz steht,
weil das für Sie im Zusammenhang mit der Festlegung der Standorte vielleicht
wichtig ist: "Die Festlegung der Standorte öffentlicher ganztägiger
Schulformen erfolgt unter Bedachtnahme auf den Bedarf durch die Schulbehörde
erster Instanz (durch das Kollegium
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