Gemeinderat,
34. Sitzung vom 04.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 79 von 99
des Herrn ÖVP-Vorsitzenden Finz untergekommen, der das
kritisiert. Ich würde Sie bitten, das zu veranlassen, weil das ein weiterer
Anschlag auf Wien ist. Finz schweigt.
Tatsache ist, dass die hohe Arbeitslosenzahl
natürlich auch die Zahl der Notstandshilfebezieher erhöht. Wir haben das hier
schon ausreichend, dachte ich doch, offensichtlich nicht, ich werde es daher
noch einmal sagen, diskutiert. Besonders die Zahl der Richtsatzergänzungen, das
sind jene Notstandshilfebezieher, die zusätzlich zur Notstandshilfe noch
Sozialhilfe bekommen, weil die Notstandshilfe so gering und nicht mehr
sozusagen armutsvermeidend ist, ist von 1999 auf das Jahr 2003 um
100 Prozent gestiegen.
Und das müssen wir alles zur Kenntnis nehmen, wenn
wir darüber sprechen, wie die Rahmenbedingungen sind und was Wien tun kann.
Eine weitere Zahl, die auch wichtig ist: Im Jahr 1999
hatten wir etwas über 44 000 SozialhilfebezieherInnen, 2003 sind wir bei
80 000.
Und jetzt möchte ich sagen, und das ist vielleicht
schon auch wichtig für die Kolleginnen und Kollegen von den GRÜNEN, die sich
hier also sozusagen immer bemühen, darzustellen, dass das eigentlich alles
dasselbe ist, was in Wien passiert und was im Bund passiert: Was tut der Bund
gegen diese Arbeitslosigkeit? Der Bund tut nichts dagegen. Er setzt überhaupt
keine Maßnahmen, die zur Konjunkturbelebung beitragen könnten.
Was tut Wien? Wien tut das Gegenteil. Wien sichert
auf der einen Seite – und die Frau Vizebürgermeisterin hat es schon gesagt,
heute, bei der letzten Sondersitzung, der Herr Bürgermeister hat es mehrfach
gesagt –, Wien sichert die gesetzlichen und vertraglichen Leistungen im
Sozialbereich, obwohl die auf Grund der Politik des Bundes exorbitant
ansteigen. Und Wien macht aber nicht nur das. Wien setzt auch zusätzlich
5,5 Millionen EUR ein über den Wiener
ArbeitnehmerInnen-Förderungsfonds zum Ausbau der Arbeitsstiftung und zum Ausbau
von speziellen Programmen für Frauen und Jugendliche.
Und ein zweiter Bereich, an dem ich auch exemplarisch
darstellen möchte, wie das so funktioniert zwischen dem Bund und Wien, ist die
Situation der Flüchtlinge in Österreich, insbesondere der Situation der
minderjährigen Flüchtlinge. Da muss man sich vor Augen halten, um diese
Situation und diese Problematik auch zu verstehen, wie das im Zeitablauf alles
vor sich gegangen ist.
Da gab es ab Oktober 2002, ausgehend von einem
Beschluss der Landeshauptleutekonferenz, Verhandlungen zwischen den Ländern und
dem Bund über ein Grundversorgungsmodell, das mehrere Parameter enthalten
sollte. Ein Grundversorgungsmodell für alle Flüchtlinge, die nach Österreich
kommen. Erstens sollte es für alle Flüchtlinge sein, natürlich auch für die
minderjährigen Flüchtlinge. Zweitens sollte es spezielle Standards enthalten,
die überall gleich sein sollen, weil es ja nicht sein kann, dass ein Flüchtling
in Wien besser betreut wird als in Salzburg, sondern es soll selbstverständlich
auf demselben Niveau sein. Und ein dritter wichtiger Punkt ist die Aufteilung
der Betreuung auch auf alle Bundesländer.
Was ist zeitgleich im Oktober 2002 passiert?
Zeitgleich hat der Herr Bundesminister Strasser eine Liste der angeblich
sicheren Drittstaaten erlassen, und das hat dann dazu geführt, dass im Oktober
2002, also quasi zu Winterbeginn, 1 000 Asylanten auf die Straße gesetzt
worden sind. Und da sage ich Ihnen – die Kollegin Jerusalem ist jetzt nicht
mehr da –, was der Unterschied ist zwischen dem Herrn Minister Strasser und dem
Herrn Bgm Häupl, auch wenn ich weiß, dass Sie das nicht gerne hören wollen,
weil es nicht in Ihr Weltbild passt. Der Herr Bundesminister Strasser setzt
1 000 Asylanten auf die Straße und die Stadt Wien nimmt von diesen 1 000
Asylanten 600 zusätzlich über den Anteil der Quote auf und investiert auf Grund
einer von der Bundesregierung ausgelösten humanitären Krisensituation
zusätzlich 800 000 EUR. Das ist der Unterschied zwischen Wien und dem
Bund. (Beifall bei der SPÖ.)
Weiter geht diese Sache so, dass es dann – und das
ist, glaube ich, bekannt – im September 2003 ein OGH-Urteil gab, aus dem ganz
klar hervorgegangen ist, dass der Bund verantwortlich und zuständig ist für
alle Flüchtlinge und dass der Bund auch die getätigten Aufwände, die andere
bereits getätigt haben, zurückzahlen muss. Das ist dem Innenministerium egal.
Es wird ein neues Asylgesetz vorgelegt und mit der Mehrheit der ÖVP und der FPÖ
auch beschlossen, das aber nach Ansicht aller Experten verfassungswidrig ist
und wo drinnen steht, dass der Bund wieder nicht grundsätzlich zuständig ist,
sondern nur dann, wenn sie niemand anderer betreut.
Die Verhandlungen finden weiter statt. Es gibt noch
kein Ergebnis. Ich denke nur, dass es die richtige und die einzig richtige
Position der Stadt Wien sein kann, den Bund aufzufordern, hier
verfassungskonform zu handeln, und das werden wir auch weiterhin tun, und das
ist gut und richtig so.
Auch wenn
es viele hier nicht hören wollen, weil sie sich sozusagen dieses Thema warm
halten wollen, weil es ihnen offensichtlich an anderen Themen mangelt, sollte
man aber vielleicht schon auch bei der Fortführung dieses Themas daran denken
oder die heutigen Zeitungen anschauen, wo man sehen wird, dass es in keiner
Zeitung einen Niederschlag gefunden hat. Also offensichtlich ist es
ausgelutscht. Daher ein kleiner Hinweis: Ich glaube, man kann diese Debatte,
wenn man sich davon insbesondere Öffentlichkeit erwartet, hier auch
abschließen.
Zum Schluss möchte ich nur das sagen, was die Wirklichkeit
in dieser Stadt ist, nämlich dass Wien ein hohes Niveau im Sozialbereich hat,
dass Wien für vorsätzliches Versagen des Bundes einspringt, um soziale
Notwendigkeiten zu finanzieren, ob das die Sozialhilfe ist, ob das die
Behindertenhilfe ist oder ob das die soziale Staffelung in vielen, vielen
Bereichen ist.
Zur Frage, die heute hier auch an die Frau
Vizebürgermeisterin gestellt wurde, wer wem wann warum welche Weisungen gegeben
hat, da sage ich ehrlich, Kollege Margulies: Das ist mir wurscht, weil ich bin
nicht
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