Gemeinderat,
34. Sitzung vom 04.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 59 von 99
Süden Wiens in der Vergangenheit zusammengefasst. Das
Kontrollamt hat geprüft, es hat in der Folge dann ein Untersuchungsausschuss
stattgefunden, und es zeigte sich doch, dass einige Großinvestoren
beziehungsweise Grundstückseigentümer Wünsche äußern durften und dass diesen
nachgekommen wurde. Anrainer und andere Betroffene durften Bedenken äußern;
diese sind aber leider weitgehend übergangen worden. Auch übergeordnete
politische Ziele wurden ganz einfach ins Out gestellt, zum Beispiel
Stadtentwicklungspläne, Grünraumkonzepte, wenn sie nicht ins Konzept gepasst
haben.
Herr StR Schicker hat in der Untersuchungskommission
und auch in der Folge Besserung und mehr Transparenz versprochen, und so bietet
dieser heute diskutierte Fall natürlich die Möglichkeit zu sehen, inwieweit die
Versprechen eingehalten worden sind. Man kann sich daher mit Spannung die
Umsetzung bei den Brauereigründen in Liesing ansehen: Ist dies ein weiterer
Fall von Bevorzugung eines Einzelinteresses vor den Interessen der Bevölkerung
- oder ist es diesmal besser geworden?
Das Areal war bisher aus zwei Gründen sehr
bemerkenswert: zum einen durch den weithin sichtbaren hohen Turm und zum
anderen durch die großen Grünflächen und Bäume. Irgendwie ist dieses Areal in
den letzten Jahren, wo an diesem Standort wenig Betrieb war, so etwas wie die
grüne Lunge des Bezirkszentrums geworden. Wie gesagt, es gibt an diesem
Standort schon länger keine Produktion, es gab daher auch keinen großen
Zubringer- und Abfuhrverkehr. Es war ganz einfach schön, dort in der Umgebung
spazieren zu gehen.
Nun, der Eigentümer plant einen Nutzungswechsel - das
ist natürlich sein gutes Recht -: Wohnungen, Geschäfte, Büros und
Freizeiteinrichtungen sollen gebaut werden, und dagegen ist auch grundsätzlich
gar nichts einzuwenden.
Nun ein näherer Blick auf die Umsetzung: Der
Eigentümer hat Pläne vorgelegt – sehr interessante, von renommierten
Architekten geplante Objekte - und hat in der Diskussion auch bereits
festgelegt, über 100 000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche müssten es
schon sein, denn darunter sei es ganz einfach für den Eigentümer nicht
interessant. Also Einkaufszentrum, Büros, Freizeiteinrichtungen und etwa
600 Wohnungen mit entsprechenden Parkplätzen dazu - das alles mit dem
Liesinger Platz, das alles entlang der Breitenfurter Straße, also in einer
Umgebung, wie wir heute schon gehört haben - da sind wir uns sicher alle einig
-, wo schon jetzt zu Spitzenzeiten die Breitenfurter Straße hoffnungslos im
Verkehr erstickt. Jetzt sollen auch noch Garagenausfahrten in die
Rudolf-Waisenhorn-Gasse kommen. Das heißt, damit wird auch noch Verkehr in eine
Umgebung gebracht, die bisher sehr ruhig und verkehrsberuhigt war. Es werden
also zusätzliche Autokolonnen täglich durch 30-km/h-Zonen, an Schulen vorbei
und durch bisher ruhiges Wohngebiet ihren Weg in Richtung Zentrum suchen.
Trotz all dieser Konsequenzen haben es die
Verantwortlichen dieser Stadt, nämlich StR Schicker, BV Wurm und die zuständige
MA 21 unterlassen, ein großräumiges und umfassendes Verkehrskonzept dazu
zu erstellen. Vielmehr hat man versucht, der Bevölkerung weiszumachen, dass es
zu gar keiner zusätzlichen Belastung kommen wird. Es war die Rede von zwei
zusätzlichen Kreuzungen für die bessere Erschließung der Wohn- und
Einkaufsbereiche. Man hat auch versprochen, in der Rudolf-Waisenhorn-Gasse
würden verkehrsberuhigende und verkehrsorganisatorische Maßnahmen kommen. Es
hieß mit einem Wort: Wenn das alles kommt, dann hat das alles seine Ordnung,
und es ist überhaupt nicht so schlimm.
In Wirklichkeit ist das die pure Verhöhnung, denn in
Wahrheit sieht es so aus, dass jedes zusätzliche Auto in diesem Areal, jede
weitere Kreuzung, jede weitere Ampel noch größeres Verkehrsaufkommen und ein
größeres Verkehrschaos verursachen wird als bisher. Und, wie gesagt, die Rudolf-Waisenhorn-Gasse
und ihre Umgebung waren bisher verkehrsruhige Zonen. Also es kommt jetzt
Verkehr dazu, den wir dann zusätzlich wieder beruhigen müssen. Es jetzt
sozusagen als einen Gewinn zu versprechen, dass dort dann verkehrsberuhigende
Maßnahmen kommen, scheint mir schon ein bisschen ein dickes Ei zu sein.
Die Folgen sind also: Die Realisierung eines derart
umfangreichen Großvorhabens ohne ein umfassendes Verkehrskonzept verschlechtert
die Situation für einen nicht unerheblichen Teil der Bevölkerung in diesem
Bezirksteil, und zwar durch zusätzliche Verkehrsstaus. Das heißt: steigende
Lärmbelästigung, steigende Luftverschmutzung und ein massives Sinken der
Lebensqualität für die im Umfeld lebenden Menschen.
Neues und Besseres hinsichtlich der Lebensqualität
hat uns die SPÖ versprochen: mit dem öffentlich zugänglichen Grünraum, wie sie
sagt. Denn bisher war dieser ja der Öffentlichkeit nicht zugänglich: Man konnte
rundherum spazieren gehen, aber man konnte natürlich nicht in das Grünareal,
das ist schon richtig. In Zukunft wird ein Teil für die Öffentlichkeit
zugänglich und kann dadurch noch mehr genossen werden.
Ob dadurch jetzt wirklich ein neues
Naherholungsgebiet geschaffen wird oder nicht, das hält sich auch in gewisser
Weise die Waage. Tatsache ist nämlich, dass dieses Riesenprojekt auch einiges
konterkariert, was die Grünlanddeklaration für die Umgebung des Liesingbaches
betrifft. Denn zuerst hat man die Revitalisierung der Liesing forciert und hat
den Liesingbach als Naherholungsgebiet angepriesen. Und jetzt hat man sozusagen
vor diesem Naherholungsgebiet eine nahezu 400 Meter lange, einige Meter
über das Aquädukt hinaus gehende "Schlange", also diesen langen
Monsterbau - und dahinter, oder im Schatten dessen, könne man dann im
Naherholungsgebiet spazieren gehen. - Das ist meiner Meinung nach schon ein
bisschen eine Fehlinformation.
Zum Thema Fehlinformation, und weil das Wort
"Aquädukt" da auch dazugehört: Man hat die Bürger informiert, man hat
Einsicht gegeben in Unterlagen, und man hat auch ein Modell errichtet. Doch
dann hat sich gezeigt, dass das Modell ein kleines Gebrechen hat, dass leider
etwas passiert ist, eine kleine Panne: Im Modell
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