Gemeinderat,
34. Sitzung vom 04.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 45 von 99
Planungsgemeinschaft-Ost-Variante nostalgisch
weitergepflegt. Dann gibt es dazu parallel die von der ÖVP und der FPÖ
favorisierte ÖSAG-Variante.
Da möchte ich nur eine kleine Lesung der beiden
Varianten, nicht die ganzen Varianten, sondern eigentlich war es interessant,
wie die beiden Varianten von den jeweils anderen besprochen wurden. Es gibt ein
altes Wiener Sprichwort, das heißt: "Jeder Krämer lobt seine Ware.".
Also muss man einmal schauen, wie die Planer mit den jeweils nicht
favorisierten Projekten umgehen, denn das eigene ist sowieso ultrasupergut. Das
kennt man sowieso von der Sozialdemokratie in Wien. "Super, superer, am
supersten", hat der Kollege Kenesei das immer genannt. Da kann ich ihm nur
beipflichten.
Faktum ist, dass die so genannte SPÖ-Variante von der
ÖSAG charakterisiert wird. Das ist immer interessant, weil ich sage, das sind
Planer, die werden andere Dinge nicht schlecht machen. Was schreibt die ÖSAG,
sprich das Ministerium, sprich die ÖVP/FPÖ, über die so genannte Innenvariante
oder SPÖ-Variante? Gefahren sind mögliche Setzungen im Tunnelvortrieb.
Kontaminierter Untergrund bedingt erhöhte bautechnische Risiken. Zirka
150 000 m3 kontaminiertes Aushubmaterial, kostet
40 Millionen EUR, in den EbS ein Vielfaches des Betrags. Die direkte
Anbindung des Flugfelds Aspern bedingt einen großen Flächenverbrauch von
hochwertigem Betriebsbaugebiet. Umfahrungsstraßen sind unter Siedlungsgebieten.
Dann gibt es Probleme mit Altlasten, in der Spitzau und in der
Niklas-Eslarn-Straße. Der Tunnel ist alternierend in offener und geschlossener
Bauweise. Das ist sehr ungünstig. Und dann ein Schmankerl für die Grünen: hohes
Durchsetzungsrisiko. Offensichtlich glaubt die ÖSAG, dass sich die SPÖ gegen
Umweltschützer und Umweltschützerinnen, aber auch gegen die Leute, die Menschen
vor Ort, vielleicht auch ein bisschen gegen die Grünen, nicht so leicht
durchsetzen kann. Die letzten zwei Punkte waren, dass die Baudurchführung im
Stadtgebiet und höhere Kosten als die außenliegende Variante kritisiert werden.
Zu den Kosten komme ich dann noch einmal.
Jetzt schauen wir uns einmal an, was die SUPer NOW,
sozusagen die SPÖ-Favoritin, über die Speckgürtelvariante sagt. Das ist wieder
die Variante an der Stadtgrenze, welche die ÖVP und die FPÖ so gern haben. Also
was sagt diese zu der vom Kollegen Madejski befürworteten Variante? CO2-Emissionen
nehmen trotz angenommener technologischer Verbesserung um 42 Prozent zu.
Vor allem Standorte an der Stadtgrenze und im Umland werden gefördert.
Zersiedelung innere Stadtbereiche, Flugfeld Aspern, Hirschstetten, Eßling. Aber
auch die bestehenden Ortskerne in Niederösterreich werden nicht gefördert. Die
Nahversorgung ist bedroht. Die Bebauungsdichte wird insgesamt geringer.
Genderspezifische Ungleichheiten werden verstärkt. Die Mobilität wird zusätzlich
erschwert. Unzerschnittene Räume im Marchfeld werden belastet. Die Unterquerung
im Nationalpark wegen verbotener Beeinträchtigung ist besonders schwierig.
Entlüftungen auf 14 Kilometer Länge werden kompliziert und schwierig.
Größte potenzielle Umweltbelastungen in diesem Szenario. Nach übereinstimmender
Ansicht werden bei der außenliegenden Variante fehlende Entwicklungen im
Planungsgebiet nicht kompensiert.
Das heißt, wenn man sich diese beiden Betrachtungen
der jeweils anderen Variante ansieht, denkt man sich, das brauchen wir
eigentlich nicht.
Zu den Kosten: Begonnen hat das Ganze eigentlich mit
Kosten rund um 1 Milliarde EUR. Wenn man sich vorstellt, was die
Straßenbahnen oder der Öffiausbau kosten, weiß man schon, wo in Wirklichkeit
die Prioritäten liegen. Mittlerweile sind wir bei 1,2 Milliarden EUR
für die Innenvariante angelangt. Für die Außenvariante war man bei
1,5 Milliarden EUR. Die Speckgürtelvariante ist dann wieder bei
1,5 Milliarden EUR und die ÖSAG spricht bereits von
1,7 Milliarden EUR. Das heißt, als gelernter Wiener,
2 Milliarden EUR. Kein Problem! (GR
Robert Parzer: Wenn man es baut, kostet es noch mehr!) Genau das glauben
Sie!
Das Problem ist nur, mir geht eigentlich in dem
Masterplan etwas besonders ab. Ich habe es nicht als so schlecht empfunden,
dass ursprünglich, wenn auch sehr verschlüsselt, ein Kapitel über
verkehrsvermeidende Maßnahmen darin war. Das fehlt leider. Der Kollege Chorherr
hat schon darüber gesprochen, ob das jetzt "Citymaut" oder
"Staumaut" heißt. Grundsätzlich muss man sich überlegen, ob es
wirklich Verkehrspolitik bedeutet, wenn man einfach eine vierte Spur zur
Tangente baut – die ÖVP hätte gerne auf dem ersten Stock die Tangente noch
einmal – oder ob das jetzt heißt, Verkehr zu verwalten anstatt Verkehrspolitik
durchzuführen.
Ganz zum Schluss noch, der große Favorit im
Masterplan – zumindest intern in der SPÖ – ist die Parkraumbewirtschaftung.
Diesen Teil habe ich ganz interessant gefunden. Aber wie geht man mit dem
ruhenden Verkehr um? Leider Gottes fördert die Stadtregierung noch immer einen
Parkplatz doppelt so hoch als Wohnungen, ohne soziale Kriterien. Bei Wohnungen
ist es klar. Sozial Bedürftige bekommen ein Fördermittel oder denen stehen
letztendlich die Ergebnisse der Förderungen zur Verfügung. Beim Garagenbau ist
man weniger zimperlich. Der wird einfach lustig gefördert. Das ist der erste
Punkt.
Der zweite Punkt ist, wo die Garagen hinkommen, das
funktioniert irgendwie ganz eigenartig. Da gibt es das interessante Bild, der
Garagenkoordinator reitet mit seinem schwarzen BMW durch die Stadt, findet
irgendwelche Plätze, zeigt dort hin und sagt: "Da kommt jetzt eine
Volksgarage hin." Das scheint auch so zu sein. Man hat im Grunde genommen
Wildwuchs, und zwar bei den Garagen einerseits, aber auch beim Ausgeben
andererseits.
Wenn man sich das Papier Masterplan Verkehr anschaut, gibt
es zumindest eine Erkenntnis, dass man Lebensqualität nicht allein durch den
Garagenbau, sondern nur durch den parallelen Rückbau an der Oberfläche gewinnt.
Dazu gibt es einen interessanten Satz. Dieser lautet: "Im Stadtzentrum
hundertprozentiger, das heißt, eins zu eins, Rückbau an der Oberfläche, und
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular