Gemeinderat,
34. Sitzung vom 04.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 22 von 99
zahlreicher Gespräche davon ausgegangen war, dass das
Rabenhoftheater zu einer Mittelbühne mit einem etwa um die Hälfte höheren
Budget avancieren werde."
Nun, jetzt würde mich schon interessieren: Mit wem
hat denn der Herr Dr L. gesprochen? Also mit dem Kollegen Marboe nicht mehr,
weil der war nicht mehr zuständig. Also gibt es einen neuen Ansprechpartner in
Person des Herrn StR Mailath-Pokorny und seiner Beamtenschaft, die diese
Gespräche führen. Dann gibt es auch noch den Herrn Woller, der sich immer
wieder sehr intensiv um den Rabenhof bemüht hat, teilweise erfolgreich, eher
erfolglos, wenn man sich die finanzielle Gebarung ansieht.
Und dann gibt es mehr als undichte Stellen im Haus,
und von irgendwo muss ja diese Information gekommen sein.
Denn noch ein Indiz dafür, dass es in dem Haus mehr
als undichte Stellen gibt, hat mir der Herr Jochen Herdieckerhoff anlässlich
eines Mail-Verkehrs mitgeteilt: "Im April 2002 haben Lechner und
ich", also der Herr Jochen Herdieckerhoff, "den Herrn GR Woller
aufgesucht, um ihm in einem eindringlichen Gespräch den desolaten Zustand von
Welunschek klarzumachen. Schwere alkoholische Rückfälle, Störung von
Vorstellungen, wechselweise Selbstmord- und Gewaltandrohungen coram publico,
ausgetragene Beziehungskriege, komplette Arbeitsverweigerung et cetera, von
finanziellen Gebarungen und wiederholten Pfändungen nicht weiter zu reden. Wir
haben nachdrücklich gewarnt, dass unter diesen Umständen das zu diesem
Zeitpunkt sehr erfolgreich laufende Projekt akut gefährdet sei und in kürzester
Zeit implodieren werde." Wie Recht er hatte! "Einziges Resultat: Wir
hatten das Rathaus wohl noch nicht verlassen, war Welunschek schon über unsere
vertrauliche Visite bestens im Bilde." – Soweit zu den angeblich undichten
Stellen hier im Haus.
Auch Sie, Kollege Woller, müssen sich wohl fragen, ob
in der Causa Rabenhof hier alles richtig gelaufen ist, ob Sie auf das richtige
Pferd gesetzt haben. Nur tun Sie sich leicht. Sie haben da herinnen eine
Mehrheit, Sie beschließen einfach die Subvention, die notwendig ist, wider
besseren Wissens offensichtlich, denn auch bei der Wiederbestellung des Herrn
Welunschek hat es Einwände des Vereinsvorstandes gegeben. Insbesondere hatte
man Sorge, Welunschek drei Jahre wieder wirken zu lassen. Man hat eher
vorgeschlagen, eine andere Variante zu suchen. Offensichtlich war wider
besseren Wissens Ihr Einfluss, der Einfluss des Herrn Welunschek auf den Herrn
Stadtrat und auch auf die Beamtenschaft sehr groß. Der Herr StR Mailath-Pokorny
hat es so schön gesagt in der Kontrollausschusssitzung, er ist nicht
Spielleiter aller Theater in dieser Stadt, das stimmt, aber er ist zumindest
für die Subventionen und für die Vergabe der Subventionen verantwortlich und
zuständig.
Und ich glaube, in diese Richtung muss die
Verantwortung gehen. Jemand, der Verantwortung hat in dieser Stadt, indem er
amtsführender Stadtrat ist, sollte diese Verantwortung auch schleunigst
wahrnehmen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Herr StR Dr Marboe. Bitte.
StR Dr Peter Marboe: Herr Vorsitzender!
Meine Damen und Herren!
Die allfälligen straf-, zivil- und vereinsrechtlichen
Aspekte hat unser Klubobmann Tschirf gestern im Sonderausschuss sehr deutlich
dargelegt. Die Dramatik des Kontrollamtsberichtes hat der Kollege Salcher– und
übrigens auch alle anderen Redner – hier ziemlich eindeutig zum Ausdruck
gebracht. Und ich möchte jetzt schon etwas sagen: Das ist kein Geplänkel, wo
hie und da Polemik ausgetauscht wird zwischen den Parteien. Ich glaube, dass es
wirklich um etwas geht. Und wenn Sie die Zeitungen der letzten Tage gelesen
haben und nicht zu diesem Schluss kommen, dann stimmt in Ihrem
kulturpolitischen Denken wirklich etwas nicht. (Beifall bei der ÖVP.)
Am besten zusammengefasst oder am schlüssigsten
zusammengefasst hat das heute die "Presse", die Frau Petsch, die am
Schluss in einem größeren Theaterkontext ihres Artikels festhält:
"In einer Zeit, da das Sakrosankte im Schwinden
ist, alles hinterfragt wird, leisten sich die Theater-Branche und die mit ihr
befassten Politiker eine derart halsbrecherische Mischung von Nach- und
Fahrlässigkeit, Eigensinn, Angeberei, fehlender Objektivität, Seriosität, dass
man nicht weiß: Ist das ein Skandal – oder der Tragödie letzte Akt?"
Meine Damen und Herren! Es geht wirklich um etwas in
dieser Debatte, und bleiben wir dabei, dass es ernsthaft diskutiert werden
sollte.
Ich bin froh und dankbar, vor allem der Frau Kollegin
Ringler, dass sie das klargestellt hat, wen die Schuld von der Initiative her
trifft. Es ist einfach eine unglaubliche Chuzpe, jetzt zu sagen: Weil das alles
noch in der Koalitionsregierung seinen Anfang genommen hat, ist der Marboe
schuld. So wird es nämlich öffentlich gesagt, hier nicht so deutlich, aber ich
habe es oft genug gehört. Das ist wie bei einem Bankeinbruch, wo der Dieb
nachher sagt: Ja, der Generaldirektor ist schuld, weil der war zu dem Zeitpunkt
gerade im Job, und daher bin nicht ich schuld, sondern der Generaldirektor. –
Und das ist ja eine Ungeheuerlichkeit, meine Damen und Herren! (Beifall bei
der ÖVP.)
Aber wie so oft im Leben: Wer anderen eine Grube
gräbt, fällt selbst hinein. Und jetzt sitzen die beiden bis zum Hals im
Grubenwasser, meine Damen und Herren. Denn Sie sind sehenden Auges, das ist
heute in allen Wortmeldungen sehr deutlich geworden, sehenden Auges und voll
gewarnt in Ihr Unglück gefahren, wie es die Frau Kollegin Ringler so plastisch
ausgedrückt hat. Sie haben den Medien nicht geglaubt, die schon vor Jahren von
unsauberem Stil gesprochen haben, von handstreichartiger Übernahme. Ja, haben
da nicht alle Glocken geläutet, wenn man so etwas in den Zeitungen liest? Sie
haben mir nicht geglaubt, der hier vor zwei Jahren eindeutig gesagt hat:
Aufpassen, das geht in eine völlig falsche und unverantwortliche Richtung,
meine Damen und Herren.
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