Gemeinderat,
34. Sitzung vom 04.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 99
seiner
damaligen Funktion als Stadtrat. Aber weil der Herr Woller einen ehrgeizigen
Plan hatte, nämlich nach Amerika zu fahren, hat er sich einen Kapitän gesucht,
den Herrn Welunschek. – So!
Neue
Szene: Amtsantritt eines neuen Reeders. Im April 2001 tritt Mailath-Pokorny auf
den Plan, und er begeht einen kapitalen Fehler. Er glaubt dem Herrn Woller, und
er glaubt dem Herrn Welunschek. Er glaubt nämlich, dass der Herr Woller und der
Herr Welunschek ein unsinkbares Schiff bauen können, mit dem sie nach Amerika
fahren können, und er glaubt Ihnen auch noch, dass das ohne Geld geht. – Eigentlich
ziemlich dumm! Oder?
Nachdem
der Herr Mailath-Pokorny diesen ersten kapitalen Fehler gemacht hat und den
Herrn Woller und den Herrn Welunschek ein Schiff bauen hat lassen, ein
angeblich unsinkbares Schiff, stellt er im Juni 2001erstmals fest: Oje, ohne
Geld geht das nicht. Daher muss er eine Subvention für den Kapitän Welunschek
und den Herrn Woller beschließen. Allerdings schon im Herbst 2001, sehr geehrte
Damen und Herren, wird eines deutlich, die Anzeichen verdichten sich,
Sturmwolken ziehen auf, das Schiff, es steht noch im Hafen, schwankt: Mit dem
bisschen Geld, dass der Herr Mailath ausgegeben hat, kann man kein ordentliches
Schiff bauen, das unsinkbar wäre.
Allen
Warnungen zum Trotz begeht der Herr Mailath-Pokorny nun den zweiten kapitalen
Fehler. Er sagt nämlich, wenn der Herr Woller und der Herr Welunschek ein
Schiff bauen, angeblich eines, das unsinkbar ist, mit dem man nach Amerika
fahren kann, dann gebe ich denen nicht nur noch mehr Geld, sondern ich sage dem
Herrn Welunschek, dass er auch wirklich der Kapitän ist. Nach einer
Ausschreibung, die damals schon als Farce bezeichnet wurde, segnet der Herr
Mailath-Pokorny den Herrn Welunschek als offiziellen Kapitän der Titanic
Rabenhof ab. Er gibt ihm außerdem einen Steuermann dazu, den Herrn Lechner, und
er meint, dass, wenn er jetzt das Schiff aus dem Hafen fahren lässt, alles in
Ordnung sein wird.
Das
Schiff fährt im Herbst 2001 langsam in seichte Gewässer. Es schwankt
bedrohlich. Überall in der Presse ist zu lesen, dass es Probleme gibt. Doch
auch nach öffentlichen Ohrfeigen eines Mitarbeiters und nach viel medialer Berichterstattung
tut der Herr Mailath-Pokorny noch immer nichts. Der Reeder schaut zu wie der
Kapitän Welunschek und sein Steuermann, der Herr Lechner, weiter aufs offene
Meer fahren, mit noch mehr Geld, mit noch mehr öffentlichen Mitteln.
Und
er begeht den dritten kapitalen Fehler, den so ein Reeder nicht machen darf. Er
gibt dem schlingernden Schiff im seichten Gewässer, auf dem die Partys lustig
weitergehen – ich erinnere nur an Pay-TV und Barbesuche, die mit der
Subventionen bezahlt wurden –, weiter Geld.
Ende
2002 ist eines klar: Das Schiff wird nie in Amerika ankommen. Die Titanic wird
nicht in Amerika ankommen, weil sie nicht unsinkbar ist. Der Kapitän geht von
Bord. Alle haben das Schiff verlassen. Und die ganze Zeit, sehr geehrte Damen
und Herren – Sie können im Kontrollamtsbericht, der sich ja wie ein
Kabarettbesuch liest, nachlesen, was hier die ganze Zeit passiert ist –, die
ganze Zeit weiß der Herr Mailath, was los ist. Der Herr Mailath steht die ganze
Zeit ...
Vorsitzender
GR Rudolf Hundstorfer (unterbrechend): Frau Ringler, Sie
haben Ihre Redezeit bereits verbraucht. Bitte kommen Sie zum Schluss.
GRin
Mag Marie Ringler (fortsetzend): Der Herr Reeder
Mailath-Pokorny steht an der Mole, neben ihm Woller mit einem Fernglas, und sie
schauen zu, wie das Schiff am Horizont verschwindet und gegen einen Eisberg
nach dem anderen prallt.
Sehr
geehrte Damen und Herren! Wenn das Versenken von 2,5 Millionen EUR
öffentlicher Gelder keine Titanic-Katastrophe ist, dann weiß ich nicht, was in
dieser Stadt noch passieren muss, damit ausreichende politische Konsequenzen
gezogen werden.
Lieber
Herr Stadtrat! Zu sagen, 2,5 Millionen EUR sind versenkt, doch es ist
nichts passiert, das ist unredlich gegenüber all jenen, die in dieser Stadt mit
öffentlichen Geldern sorgsam umgehen. – Danke.
Vorsitzender
GR Rudolf Hundstorfer: Herr GR Mag Stefan. – Bitte.
GR
Mag Harald STEFAN (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr
geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Bei
mir ist das immer ein bisschen weniger blumig, und ich halte nicht so viel von
solchen Vergleichen. Außerdem war meiner Erinnerung nach die Titanic auf dem
neuesten technischen Stand und sehr fortschrittlich. (GRin Mag Marie
Ringler: Das hat man geglaubt!) Na ja, das weiß ich schon. Hier geht es
aber eher um einen Boot das halt unter roter Flagge dahingetümpelt ist und um
nicht viel mehr. (GR Günter Kenesei: Das war ein Tretboot auf der Alten
Donau!)
Der
eine Skandal ist das, was passiert ist im Rabenhof – darüber wurde schon gesprochen,
und ich werde auch gerne noch so ein paar Schmankerln zitieren –, der zweite
Skandal, der aber ebenso groß ist, ist die Reaktion darauf. Und das ist es, was
ich hier in erster Linie zur Sprache bringen will. Denn wenn man so einen
Fehler macht, wie das hier geschehen ist, wenn man dann die Dinge laufen lässt
in einer Art und Weise, wie sie eben heute auch schon geschildert wurde, dann
ist das eine Sache, wenn man dann aber ertappt wird und feststellt, was
passiert ist, dann muss man auch dazu stehen. Und da beginnt jetzt eine ganz
gefährliche Argumentation, und ich werde Ihnen auch erklären, warum sie
gefährlich ist.
Es wird nämlich jetzt als Hauptargument immer wieder
verwendet, von Anfang an waren alle Parteien im 3. Bezirk für dieses
Theater. Sie haben mitgestimmt, damit das Rabenhoftheater gerettet wird, und
haben einer für einen Bezirk relativ hohen Subvention zugestimmt. Die
Argumentation, wie das passiert ist, kennt jeder, der in politischen Funktionen
und vor allem in einem Bezirk einmal tätig war. Es weiß jeder, wie das läuft.
Da kommt man und sagt: Passt auf, im 3. Bezirk
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