Gemeinderat,
34. Sitzung vom 04.11.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 18 von 99
Weigerung des Künstlers, eine Honorarnote auszustellen, ohne
Bestätigung aus dem Privatgeld des Inspizienten beglichen."
Das Ganze hat sich ziemlich hochgeschaukelt, sodass
es am 25. November 2002 zu einer Mitarbeiterbefragung kam. Auch wieder
Originalzitat: "Die erhobenen Vorwürfe gegen die genannten Personen
reichten von der erlittenen Androhung körperlicher Gewalt über Beschimpfung und
die Drohung gegenüber Mitarbeitern, auch vor dem Publikum, bis zu der Forderung
nach unbeschränkter Bereitstellung von Gratisgetränken aus der Kantine." –
Letzteres ist wohl das Harmloseste.
Über dieses Theater sagt Herr Mailath-Pokorny in
diesem Haus wörtlich: "Ein tolles Theater, wie es das in Wien noch nie
gegeben hat. Ein junges, urbanes, trashiges Volkstheater."
Ernst Woller freute sich mehrmals, dass man über den
Rabenhof wieder redet, und stellte sich das letzte Mal die Frage, wann die
vereinigte Opposition endlich so weit ist, zu sagen, dass das ein wirklich
erfolgreiches Theater ist.
Sehr geehrter Herr Stadtrat! Ich bemühe mich ja immer
sehr, Sie zu schonen, was Sie mir nicht leicht machen, aber ich sage Ihnen, was
der Rabenhof für die vereinigte Opposition ist: Es ist wirklich eine Chronik
des Versagens sozialistischer Theaterpolitik, ein Fiasko – und der Name stammt
nicht von mir, sondern vom Kontrollamt –, das den Steuerzahler
2,5 Millionen EUR gekostet hat, das viele andere Theaterprojekte in
dieser Stadt das Leben gekostet hat, das viele junge Künstler am Rabenhof den
Glauben ans Theater verlieren hat lassen und das dem Karl Welunschek seine
finanzielle Existenz und seine künstlerische Reputation gekostet hat.
Wenn Sie sich nur eine Sekunde ehrlich fragen, meine
Damen und Herren von der Sozialdemokratie, ob Sie dem Karl Welunschek etwas Gutes
getan haben, als Sie ihm das Theater gegeben haben, dann, glaube ich, weiß ich,
wie diese Frage zu beantworten ist. Nach so einem Debakel jedoch nicht einmal
mit der Wimper zu zucken und ständig nur so zu tun, als wäre eigentlich ohnehin
alles okay, niemand hätte einen Fehler gemacht, schon gar nicht der
SPÖ-Stadtrat – das ist die Arroganz der absoluten Macht, wie wir sie schon sehr
oft erlebt haben. (Beifall bei der ÖVP.)
Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Theater, in dem es
zwar einen künstlerischen Intendanten, einen Geschäftsführer, einen
Chefdramaturgen, einen Oberspielleiter, einen Inspizienten und sogar einen
künstlerischen Kakerlakenjäger gegeben hat (GRin Mag Marie Ringler: Alles
nur Männer!) – alles nur Männer, das kommt noch dazu, wenigstens beim
Kakerlakentrainer hätte man irgendwie etwas machen können –, das ist für uns
wirklich kein Erfolgsmodell, wenn man noch dazu die Auslastung anschaut, die
der Rabenhof zustande gebracht hat.
Für ein Theater, in dem sich die Führungskräfte
öffentlich abwatschen, Mitarbeiter bedroht werden und ohne Konzession
gearbeitet und agiert wird, dürfen Sie sich von der Opposition keinen Applaus
erwarten.
Sie sagen immer: Welcher Schaden ist denn dem
Steuerzahler entstanden? Das kann ich Ihnen sagen. Nehmen wir einmal das
Burgtheater her. Stellen Sie sich vor, das Burgtheater macht zwei, drei
sensationelle Produktionen am Beginn des Jahres, aber mit Anfang Mai muss es
seinen Betrieb einstellen, weil die gesamte Jahressubvention aufgebraucht ist.
Na, glauben Sie nicht, dass der Steuerzahler und dass die Wiener SPÖ dann
schreien würden, was da für ein Murks auf Bundesebene passiert? Das ist doch
ein Riesenskandal, wenn eine Jahressubvention schon am Beginn des Jahres
aufgebraucht ist. (Beifall bei der ÖVP.)
Sehr geehrter Stadtrat! Sie kommen mir in der ganzen
Causa Rabenhof so ein bisschen vor wie ein Fußballtrainer, dessen Mannschaft
fünf Minuten vor Schluss eins zu sieben im Rückstand liegt – das eine Tor, das
ich vergeben würde, ist die Produktion "Tamagotchi" –, drei der
Spieler von Ihnen sind bereits ausgeschlossen, der Mannschaftskapitän und der
Tormann raufen miteinander in der Cornerecke, und auf die Frage der Reporter:
Herr Fußballtrainer, wie sehen Sie das? sagen Sie: Ich habe keinen Fehler gemacht,
und übrigens von der 17. bis zur 21. Minute haben wir eigentlich super
gespielt. (Heiterkeit und Beifall bei der
ÖVP)
Sehr geehrter Herr Stadtrat! Für die Ära – und nur
für die mache ich Sie verantwortlich –, die mit der Überbrückung begonnen hat,
die Sie gleich am Beginn Ihrer Ära als amtsführender Stadtrat beschlossen
haben, bis zum 12. Dezember des letzten Jahres, wo Sie genau gewusst
haben, was sich im Rabenhof abspielt, aber trotzdem gegen den massiven
Widerstand aller Oppositionsparteien noch einmal 581 000 EUR
durchgesetzt haben, dafür haben Sie die politische Verantwortung und die nimmt
Ihnen niemand weg. (Beifall bei der ÖVP.)
Und was mich besonders stört: Sie haben erst – um
beim Sportlichen zu bleiben – abgeklopft, als der letzte Cent im Rabenhof
ausgegeben war. Wenn Sie da wirklich glauben, dass Sie keinen einzigen Fehler
gemacht haben, dann muss ich Ihnen sagen, sind Sie auch in Ihrer eigenen
Fraktion der Einzige, der das heute noch glaubt. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin
Mag Ringler. – Bitte. 5 Minuten, wenn ich bemerken darf.
GRin
Mag. Marie Ringler (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte
Damen und Herren!
Das,
was uns der Rabenhof in den letzten Wochen, Monaten, um nicht zu sagen, Jahren
gezeigt hat, ist, glaube ich, nur vergleichbar mit einem sehr berühmten
Ereignis in der Geschichte, nämlich mit dem Untergang der Titanic. Lassen Sie
mich kurz erklären, warum. (GRin Inge Zankl: Es ist aber keiner gestorben
beim Rabenhof!)
Mitte
2000, sehr geehrte Damen und Herren, da hatte einer einen Plan. Da hatte der
Herr Woller einen Plan, und dieser Plan war: Ich baue ein ganz großes Schiff,
mit dem ich nach Amerika fahren will. Leider, sehr geehrte Damen und Herren,
hat er die Rechnung ohne den damaligen Reeder gemacht, ohne den Reeder Marboe
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