Landtag, 17. Sitzung vom 29.06.2017, Wörtliches Protokoll - Seite 35 von 67
Jugendliche, den Schritt zu gehen und zu sagen, dass man Hilfe braucht. Das ist, glaube ich, das Schwierigste. Genau hier muss man ansetzen, dass diese Schritte erleichtert werden.
Ich sehe viele positive Bereiche im Bereich der Kinder- und Jugendanwaltschaft, wo ein Beitrag geleistet wird. Ich möchte ein paar herausheben, die mir ein Anliegen sind.
Als ersten die ehemaligen Heimkinder. Da ist die Entschädigung und Abwicklung über den Weissen Ring 2016 ausgelaufen. Da machen dankenswerterweise Sie auch noch die Nachbetreuung und die Nachbearbeitung. Ich habe den Eindruck, jetzt mit den Daten auch noch einmal schwarz auf weiß, dass es sehr viele gibt, die sich nicht vor 2016 gemeldet haben, aber betroffen waren. Es waren 68, die ich im Bericht gesehen habe. Das ist keine zu vernachlässigende Zahl an Personen, die damals ein Leid mitgemacht haben und jetzt erst den Schritt gegangen sind, um Hilfe zu suchen, oder die auch die Information nicht hatten. Hier sollte man überdenken, ob man nicht diese Frist für die Entschädigung, auch wenn sie schon oft verlängert worden ist, noch einmal verlängert. Aber auf jeden Fall ist die persönliche Betreuung in diesem Bereich extrem wichtig! (Beifall bei den NEOS.)
Was mir persönlich ein Herzensanliegen ist, was ich leider noch nicht gesehen habe, war im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Wiener Geschichte. Da haben wir erst in diesem Jahr die Studie dazu gesehen, die veröffentlicht worden ist, mit Pavillon 15 und den unglaublichen Gräueltaten, die damals im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie begangen worden sind. Es handelt sich natürlich um eine Opfergruppe, die deshalb ganz besonders schwierig ist, weil viele von ihnen nicht selber die Sprachkraft haben oder ganz viele auch nicht mehr leben. Das heißt, diese Gruppierung ist auch weniger in der Öffentlichkeit, um bewusst zu machen, was denn dort alles eigentlich passiert ist. Hier würde ich mir auch wünschen, dass die Kinder- und Jugendanwaltschaft auf diese Gruppe genauer schaut und auch mit der Stadt gemeinsam schaut, wer denn die Betroffenen, die Opfer dieses Unrechts, damals waren, wer vielleicht noch am Leben ist und wen man mit Gesprächen noch abholen kann. Die Lösung, die in diesem Bereich gefunden worden ist, finde ich wirklich suboptimal, nämlich, dass die Ansprechperson für die Opfer von damals eigentlich die Stelle der Täter ist. Der KAV hat eine Hotline eingerichtet. Der KAV war damals der Träger davon und damit indirekt auch verantwortlich für die Vorkommnisse. Da kann man es Opfern auf jeden Fall nicht zumuten, sich an die gleiche Stelle zu wenden. Das ist eher im Gesundheitsbereich angesiedelt. Aber ich wollte es trotzdem für Ihre tägliche Arbeit in der Kinder- und Jugendanwaltschaft angemerkt haben. (Beifall bei den NEOS.)
Ein ganz wichtiges Thema ist Gewalt in der Familie. Leider ist es noch immer sehr gravierend, wie viele Übergriffe es, vor allem auch gegenüber Kindern, gibt. Hier ist die Arbeit besonders wichtig.
Der letzte Punkt, auf den ich eingehen möchte, sind die Empfehlungen des Expert-Forums und vor allem die Gefahr von radikalen Tendenzen. Ich habe auch vorgestern schon ausgeführt, ich sehe eine sehr große Gefahr für unsere Gesellschaft durch den Extremismus, einerseits durch den islamischen Extremismus, andererseits durch den Rechtsextremismus. Diese beiden passen irgendwie gut zusammen, weil sie komplementär sind. Sie können nicht ohne einander, der radikale Islam, der gegen den Westen hetzt, und der rechtsradikale Rand, der gegen den Islam hetzt. Sie haben die gegenseitigen Opfer und schaukeln sich auf. Leider sind beide Strömungen auch in Wien für Jugendliche sehr interessant, wie man in Berichten immer wieder liest. Hier ist ganz besonderes Augenmerk notwendig, Jugendliche auf dem Weg Richtung extremes Gedankengut aufzuhalten, egal, ob Rechtsextremismus oder islamischer Extremismus. Dazu gibt es auch einen Antrag von Rot-Grün, den wir unterstützen. Hier muss ganz viel gemacht werden. Auch im Expert-Forum gibt es einige Wünsche, mehr Präventionsarbeit in Schulen, Rückkehrer aus dem Krieg für den Islamischen Staat besser zu betreuen und zu beobachten und auch gefährdete Peergroups genauer zu beobachten. In Dialogen werden hier sehr oft auch tschetschenische Communities genannt, die sich in den letzten Jahren weiter abgekapselt haben und auch für die Kinder- und Jugendarbeit sehr schwer zu erreichen sind. Hier muss man ein ganz besonderes Augenmerk darauf legen, diese zu beobachten und auch wieder über Kinder- und Jugendarbeit versuchen, besser in den Dialog zu treten.
Besonders erschreckend fand ich den Bericht des Verfassungsschutzes zu „Foreign Fighters“, dass diese von 2015 auf 2016 geschätzt von 259 auf 296 gestiegen sind, davon 90 Personen als Dschihad-Rückkehrer und sehr viele vermutlich auch in Wien.
Dass der Krieg im Dschihad noch immer als einiges attraktiver, lebensvarianter gesehen wird, ist erschreckend! Hier brauchen wir auf jeden Fall gemeinsame Anstrengungen.
Ich danke für Ihre Arbeit und für diesen Bericht! - Danke. (Beifall bei NEOS und GRÜNEN.)
Präsident Dipl.-Ing. Martin Margulies: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau Abg. Schwarz. Bitte sehr.
Abg. Sabine Schwarz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Frau Kinder- und Jugendanwältin! Sehr geehrter Herr Kinder- und Jugendanwalt! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich möchte gern noch auf den Bericht eingehen und interessanterweise das, was Herr Kollege Wiederkehr als sehr positiv herausgehoben hat, ein wenig kritisieren.
Es geht nämlich sehr wohl um diese Einzelfallstatistik, die Sie hier auf einer Seite gezeigt haben. Ich möchte Ihnen meinen Zugang zu Berichten sagen. Dann verstehen Sie, warum ich es kritisiere. Für mich ist ein Bericht etwas, womit man arbeiten kann, woraus man nachvollziehen kann, woraus man wirklich erkennen kann, wo die Schwierigkeiten, die Herausforderungen und die Probleme, in diesem Fall bei unseren Kindern und Jugendlichen, liegen. Ich finde es schon einmal gut, weil letztes
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