Landtag,
31. Sitzung vom 29.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 80 von 93
abschließend noch keine Meinung gebildet. Ich bin wirklich noch nicht überzeugt, ob ich dafür bin oder vollständig dagegen.
Es hat positive Elemente. Es hat das Element, dass
man sicherstellen kann, dass dort der Schutz der Gesundheit wieder
gewährleistet ist und dass man beim Drogenausstieg ansetzen kann, keine Frage.
Ich habe aber natürlich wieder dasselbe Rechtsproblem. Ich drücke mindestens
ein Auge zu vor der Frage: Wer handelt denn? Es wird zwar in den Fixerräumen
nicht gehandelt, aber im Umfeld. Denn es ist ja nicht anzunehmen, dass man die
Fixerstube kilometerweit weg errichtet von den Plätzen, an denen gehandelt
wird. Aber genau den Handel müssen wir bekämpfen, sonst erübrigt sich ja der
Rechtsstaat und wir haben vollständig versagt. Und das ist halt das Dilemma,
vor dem man noch steht in der Frage der Fixerstube.
Und vielleicht noch einmal zu den Schutzzonen, um
eine Problematik noch ein bisschen zu beleuchten, warum ich nicht ganz
verstehe, warum Sie gegen eine weitere Ausweitung sind. Die Schutzzone hat doch
letztendlich auch den Effekt, dass der Drogenhandel dort nicht stattfindet. Wir
wissen ja, das geht ja nicht von heute auf morgen, und es ist auch nicht so,
dass da einer alle Taschen voll hat, sich irgendwo hinstellt und verkauft und
von der Polizei nicht angehalten wird. Das ist doch ein System der Weitergabe,
in dem eine Kette von fünf, sechs Personen aktiv wird, bis tatsächlich der
Konsument das Produkt erhält. Und nicht jeder in dieser Kette ist automatisch
strafbar. Das wissen wir, das ist das Problem unserer Rechtsordnung. Wenn Sie
da durch den Rathauspark gehen, bekommen Sie in der Nacht alle Augenblicke
etwas angeboten. Wenn Sie da zu dem Polizisten gehen, der vor dem Amerikahaus
steht, und sagen: Hallo, warum schreiten Sie da unten nicht ein?, dann sagt
der: Grenzmengenverordnung, was soll ich tun? Der hat genauso viel einstecken,
dass es noch gilt. Das darf er Ihnen jederzeit anbieten und ist damit nicht
strafbar. Das wissen wir doch.
Deswegen ist die Idee der Schutzzone entstanden. Dort
muss man nicht fragen, ob das eine strafbare Handlung ist oder nicht, sondern
da kann man den Bürger, der nichts damit zu tun haben will, vor allem den
jungen Bürger trennen von denen, die konsumieren oder handeln. Der Effekt der
Schutzzone ist genau derselbe, den Sie im Bereich des Stalking haben wollen,
nämlich dass der Bürger oder die Bürgerin davor geschützt wird, dass jemand
anderer in seine unmittelbare private Sphäre eindringt – in dem Fall eben
im öffentlichen Raum. Es geht darum, dass er geschützt wird und nicht daran
gehindert wird, sein Leben so zu leben, wie er will, und dass er nicht
unmittelbar in Kontakt mit Dingen kommt, die er eigentlich nicht haben will.
Das ist der Zweck der Schutzzone.
Es ist auch nicht unlogisch, das letztendlich für
öffentliche Verkehrsmittel durchzudenken. Warum? Wir alle kennen andere
Phänomene in den öffentlichen Verkehrsmitteln, die keine strafbaren Handlungen
sind. Da haben die Leute die Füße auf dem gegenüberliegenden Sessel, da spucken
sie aus, da rülpsen sie oder sonst irgendetwas, und jeden stört das. Aber was
soll denn der Bürger machen? Sollen die alle gewaltbereit aufspringen und
sofort gegen den einschreiten? Da ist ja kein strafgesetzlicher Tatbestand
erfüllt. Da gibt es ja keine Strafprozessordnung – 502 glaube ich, ist das, der
Kollege Ulm wird das besser wissen –, die mich dazu ermächtigt, das
Anhalterecht oder sonst etwas wahrzunehmen, sondern da geht es darum zu sagen,
hier muss man einschreiten können, hier muss die Polizei die Möglichkeit haben,
eine – unter Anführungszeichen – besondere Art des Platzverbotes auszusprechen.
Was ist denn daran schlimm?
Was ist denn daran schlimm, wenn wir darüber
nachdenken, in welchen Bereichen von öffentlichen Verkehrsmitteln man auf
Schutzzonen zurückgreifen kann, um genau dasselbe zu erreichen, wie Sie es beim
Stalking wollen? Nämlich dass der Bürger, die Bürgerin nicht in seiner/ihrer
Sphäre verletzt wird durch Handlungen, die er/sie nicht will. Ich halte das für
normal. Man kann darüber nachdenken, es muss ja nicht jede Straßenbahn-Station
sein. Wenn Kollege Kenesei sagt, dort, wo er wohnt, will er keine haben, werden
wir darüber nachdenken. Aber es kann ja nicht sein, dass jede U-Bahn-Station
zum Platz des Drogenhandels wird, nur weil wir dagegen nichts unternehmen. Und
darüber hätte man sich ernsthaft den Kopf zerbrechen können.
Kollege Ulm, worum geht es eigentlich auch noch? Es
geht eigentlich darum, dass heute niemand weiß, ob diese Zonen jetzt verlängert
werden oder nicht. Über den Sommer, sagt man einmal, brauchen wir sie nicht.
Was ist der Zweck, sie über den Sommer nicht durchzuführen? Man sagt, da
braucht man niemanden hinzustellen, denn da gehen keine Kinder in die Schule.
Aha! Was ist der gegenteilige Effekt? Der Raum wird wieder frei, und Dealer,
Händler, Konsumenten nehmen den Raum wieder für sich in Besitz. Es ist immer
so: Wenn ein Raum frei wird, dann kommt wieder jemand hinein. Dann muss man,
wenn man die Zone verlängert haben will, sofort nach Ende des Sommers, mit
Schulbeginn, mit der doppelten Anstrengung beginnen, den Raum wieder von ihnen
frei zu machen. Wo ist da die Logik? Warum belasse ich die Zone nicht und
kontrolliere sie halt nur weniger. Das wäre das Logische.
Und es ist ja noch nicht einmal sichergestellt, dass
die Zonen tatsächlich mit Schulbeginn wieder verlängert werden. Das wäre die
Aussage, die ich mir von Ihnen erwartet hätte mit Ihren Kontakten ins
Innenministerium, dass Sie herauskommen und sagen: Keine Angst! Diese beiden
Zonen werden wieder verlängert. Da gibt es immer die wunderbaren Kontakte zum
BMI, aber diese Aussage fehlt mir. Was soll ich annehmen? Soll ich annehmen,
dass sie nicht verlängert werden? Oder dass nur sechs in Diskussion stehen,
aber die zwei sicher nicht kommen? Das hätte ich mir von Ihnen erwartet,
Sie haben auch die
Sicherheitswacheorgane oder eine Stadtwache angesprochen. Also neben der Frage,
wie dieser Stadtwächter denn aussehen soll, ob er mit der Laterne geht so wie
im Mittelalter und dazu aufruft,
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular