Landtag,
31. Sitzung vom 29.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 79 von 93
vielleicht folgen, es führt nur nicht dazu – und das
ist auch erwiesen –, dass weniger konsumiert wird. Damit ist der Schutzgedanke
nicht aufgelöst. Es werden zwar die Kartelle vielleicht ein bisschen
zurückgedrängt, aber dem Schutzgedanken ist man damit nicht gefolgt. Also:
Konzept nicht vollständig logisch durchgedacht.
Nächstes, Heinz-Christian, von dir angesprochen.
Absolutes Verbot. No tolerance! Ich habe dafür große Leidenschaften, das gebe
ich zu. Da trennt uns nicht so viel, denn das wäre nicht so schlecht, aber es
funktioniert nur dort, wo die gesamten Kompetenzen noch tatsächlich in der Hand
desjenigen sind, der das vollziehen kann. Der ehemalige Bürgermeister von New
York, Giuliani, ist halt nicht nur eine andere Person als unser Bürgermeister,
sondern der hat auch gewaltige Kompetenzen, die diese Stadt nicht hat. Da hat
Kollege Ulm bei all seinen Auflistungen über eine Stadtwache nur bedingt Recht,
denn die hätte nicht dieselben Vollziehungskompetenzen wie die New Yorker
Polizei. Das ist unbestritten.
Daher: No tolerance ist dort gut, wo es darum geht,
die Kleinkriminalität zurückzudrängen, aber was uns fehlt, damit das Prinzip
aufgeht, ist eine kleine Kronzeugenlösung nach dem Motto: Jeden, den wir
erwischen, verknacken wir volle Länge, außer er gibt zu, wer der Mann hinter
ihm oder die Frau hinter ihm ist. Er bekommt die kleine Kronzeugenlösung und
geht nach Hause, damit wir ganz zum Schluss bei den Kartellen ankommen.
Das funktioniert nicht, dazu haben wir
verfassungsrechtlich keine Kompetenzen. Und es hat ein technisches Problem,
Heinz-Christian, das du angesprochen hast, das ist die Frage dessen, wie denn
der Begriff Handel und Besitz zu verstehen ist mit der Grenzmengenverordnung.
Was ist denn noch Eigenbedarf?
Weil wir das in unserer Rechtsordnung eben nicht so
festlegen können, wie wir das alle gerne wollten, weil wir da an
verfassungsrechtliche Grenzen stoßen, sind wir zur Begrifflichkeit der
Schutzzone gekommen, mit dem Zweck, jemanden, der noch keine konkrete strafbare
Handlung begangen hat, der auch noch keinen Vorschub geleistet hat, der kein
Beitragstäter ist oder sonst irgendetwas, zu sagen: Aber du bist in Verdacht,
du könntest es vielleicht sein, denn es gibt sonst keinen vernünftigen Grund,
hier anwesend zu sein, also bitte, verlasse diesen Raum, die so genannte
Schutzzone mit Wegweiserecht. Bei Wiederholung gibt es noch andere Strafen.
Damit ist die Schutzzone – sonst würde es sie nicht geben, sie wurde auch von
der Sozialdemokratie begrüßt, muss man letztendlich sagen, ihr wart nicht
dagegen – eine Methode, obwohl sie immer noch an ein Rechtsproblem stößt,
nämlich daran, dass wir am Schluss trotzdem das Zudrücken einiger Augen haben,
weil wir den Handel dadurch nicht vollständig bekämpfen können.
Nächstes Konzept, das nicht vollständig aufgeht: Das
der Stadt Wien. Der Koordinator, der Herr Michael Dressler – er ist da –, der
hat so die Vision des Verdrängens aus dem öffentlichen Raum. Dazu bräuchte man
aber mehr Schutzzonen. Aber das geht auch noch nicht ganz auf, denn am Schluss
bleibt der Handel im nichtöffentlichen Raum, es bleibt die Abhängigkeit, es
bleibt die Gewalttat, die oft damit verbunden ist.
Und es gibt das Programm zum Schutz der Gesundheit
der Jugendlichen, vor allem bei den Designerdrogen, durch ChEck iT. Jeder weiß,
worum es geht. Es geht darum, dass man den Jugendlichen sagt: Bring uns deine
Designerdroge. Wir sagen dir, ob sie in Ordnung ist oder ob sie nicht
vielleicht zu deinem Tod durch Herzstillstand oder sonst was führen kann. Damit
schützen wir deine Gesundheit, denn das ist uns wichtiger als die sicherheitspolizeiliche
Aktivität. Das ist wunderbar! Das schützt die Gesundheit der Jugendlichen, aber
es ist trotzdem am Schluss die Kapitulation des Rechtsstaates. Warum? Weil wir
in jenen Räumen, in denen diese Programme stattfinden, natürlich alle Augen vor
den dort vorherrschenden Dealern zudrücken müssen, weil ja sonst die Konsequenz
wäre, dass niemand mehr kommt, um etwas vorzulegen bei ChEck iT, weil der sich
ja dann dessen gewiss wäre, dass die Dealer ausgeforscht werden. Daher bestehen
Absprachen – und das weiß ja jeder –, dort, wo ChEck iT läuft, nicht zu
kontrollieren und nicht einzugreifen. Dieses Konzept geht natürlich am Schluss
auch nicht auf, weil die Rechtsgüter Gesundheit der Jugendlichen auf der einen
Seite und auf der anderen Seite Rechtsstaat, Verbot von Handel einander
gegenüberstehen.
Kollegin Jerusalem, da geht es mir jetzt gar nicht um
die Verharmlosung – Sie haben das auch nicht getan, ich gebe das zu, Sie haben
das diesmal nicht getan –, aber eines ist klar: Handel mit Drogen steht am
Schluss auch immer oder sehr oft, sagen wir so, in Kombination mit anderen
kriminellen Aktivitäten durch die handelnden Banden: Menschenhandel,
Menschenschmuggel, Zwang zur Prostitution und was sonst noch alles damit
verbunden ist.
Deswegen geht es jetzt nicht an, dass man die
Schutzzonendebatte verharmlost und sagt, das ist ja furchtbar, das ist der
lächerlichste Antrag des Jahrhunderts und ich weiß nicht, was alles. Es geht um
ein ernstes Thema, und da kann man unterschiedlichster Auffassung sein, wie man
sich dem Thema annähert, ihm begegnet, es bekämpft, aber es zu verharmlosen,
halte ich für falsch. Deswegen haben wir es für richtig gehalten, diesen Antrag
einzubringen. (Beifall beim BZW.)
Ich begrüße wie Sie und auch wie der Heinz es gesagt
hat, Programme zum Ausstieg. Wunderbar! Aber man muss ernsthaft darüber
nachdenken, ob dieser Ausstieg nicht manchmal zwangsweise zu verordnen wäre,
weil es allzu leicht geschieht, dass jemand aus den Programmen aussteigt.
Bei den Fixerräumen – ich sage es
Ihnen ganz offen –, da wohnen wirklich zwei Herzen in meiner Brust. Früher war
ich immer dagegen. Immer! In Berlin bei der Ausschussreise waren auf einmal
viele der Kollegen, die vom Gesundheitsausschuss mit waren, davon überzeugt,
dass das doch gar nicht so schlecht ist, aber kaum zurückgekommen aus Berlin,
waren wieder alle dagegen. Ich bin mir noch nicht ganz bewusst, warum das so
ist mit diesem Sinneswandel. Ich habe mir
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