«  1  »

 

Landtag, 31. Sitzung vom 29.06.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 76 von 93

 

und das kann man auch dokumentieren, dass wir hier immer auch eine klare Position gehabt haben, und speziell ich.

 

Ich möchte für mich auch festhalten, dass das gesamte Problem der Schutzzonen ja nichts anderes als eine Kapitulation vor der Kriminalität ist - nichts anderes! Es ist ein Armutszeugnis, über zwei, drei, vier, fünf oder sechs Schutzzonen in Wien nachzudenken. Was ist denn das für ein Armutszeugnis, so eine Pseudodebatte zu führen? Es müsste ganz Wien eine Schutzzone sein, und es müsste für ganz Wien an jedem Ort, wenn einer in Verdacht steht, irgendeine kriminelle Handlung setzen zu wollen, das gleiche Recht für jeden Exekutivbeamten bestehen, nämlich einzuschreiten, wenn er draufkommt.

 

Was für eine Rechtfertigung gibt es dafür, dass man dann vor einem Kino stehen darf und nicht weggewiesen werden kann? Was für eine Rechtfertigung gibt es dafür, dass man vor der Disco stehen kann und nicht weggewiesen werden darf? Das ist ja unsinnig. Wenn jemand unter dem Verdacht auch angetroffen wird, eine strafbare Handlung zu setzen oder setzen zu wollen, dann muss überall das gleiche Recht gelten. Und man muss vor neuralgischen Punkten, die besonders betroffen sind, wie eben Schulen oder öffentliche Verkehrsmittel, darauf schauen, dass genügend Exekutivpersonal vorhanden ist, um dort auch Patrouillengänge machen zu können und damit die Sicherheit direkt vor Ort für die Betroffenen sicherzustellen.

 

Da sind wir ja einer Meinung. Da sind wir einer Meinung, und deshalb ist es eine Pseudodebatte, die mir eigentlich weh tut und die eben ein Armutszeugnis darstellt. Denn das erlebe ich auch, und das habe ich beim letzten Besuch des Wachzimmers am Karlsplatz festgestellt. Es ist zwar schön, wenn man sich bei den Beamten für ihre Arbeit bedankt - ich bedanke mich auch, gerade bei den Beamten für ihre Arbeit! -, aber man muss einmal aufzeigen, wie diese Beamten heute im Regen stehen gelassen werden, wie man ihnen überhaupt keine Rückendeckung gibt und sie dort in Wirklichkeit nichts anderes machen, als ein Problem zu betreuen. (Zwischenruf von Abg Volkmar Harwanegg.) Dort gibt es eine Schutzzone mit 150 Metern Umfeld, beim 151. Meter stehen 100, 200 Süchtige und Drogendealer gemischt, und das ist dann auf einmal kein Problem für die Stadt. Das ist ja ein Unsinn!

 

Das ist natürlich auch ein Unsinn für die Beamten, und das erkennen sie ja. Deshalb sind sie so verzweifelt, dass ihr einziger Job darin besteht, dort hinzugehen, diese Gruppe von 100, 200 Menschen zu beobachten und dann, wenn etwas passiert, einzuschreiten. Das ist es, aber das ist ja keine Problemlösung!

 

Wenn wir Probleme lösen wollen, dann müssen wir tiefer gehen und dann müssen wir endlich einmal darüber nachdenken, den Bereich der Prävention richtig im Volksschulkinderalter anzusetzen, dann müssen wir darüber nachdenken, dass Süchtige, die ja krank sind, kriminell werden und damit auch die Gesellschaft, ihre Umgebung und natürlich auch das Umfeld gefährden. Es geht darum, ob wir nicht endlich auch bereit sind, darüber nachzudenken, alle möglichen Therapieplätze zur Verfügung zu stellen und auch bis zur Zwangstherapie zu gehen, damit wir das Problem lösen (Abg Godwin Schuster: Die Zwangstherapie!) und nicht nur verwalten und betreuen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Heute ist bei Ihnen der Ansatz da. Wir wissen, es gibt hunderte Süchtige und Dealer, manchmal auch gemischt; manchmal ist natürlich auch ein Süchtiger ein Dealer - klar, weil er sich seine Sucht auch finanzieren muss, das geht ja gar nicht anders. Das lässt man zu, man betreut das Problem! Man betreut das Problem und weiß, dass da jemand auch Drogen verkauft, und schaut zu. Das ist es ja. Ich will doch, dass den Menschen geholfen wird, dass man das Problem löst und dass die 200 in Zukunft dort nicht mehr stehen, weil sie eben gesichert in Behandlung sind und daher nicht mehr dort stehen müssen! Das muss ja das Rezept sein.

 

Deshalb ist das so eine hanebüchene Debatte, in der man nicht auf das Grundproblem zu sprechen kommt, sondern nur versucht, für zwei, drei, vier, fünf, sechs Plätze irgendeine Regelung zu finden, das Problem verlagert und verschiebt, es ist aber keine Lösung vorhanden. Das ist auch genau der Punkt, an dem wir sagen, es wäre selbstverständlich auch einmal notwendig, über die Zwangstherapie dort nachzudenken, wo Süchtige, kranke Menschen so krank geworden sind, dass sie sich selbst nicht mehr helfen können, von der Krankheit wegzukommen, und gleichzeitig so krank geworden sind, dass sie auch andere gefährden. Dann muss man doch diesen Menschen helfen wollen. Und wenn man ihnen helfen will, dann muss man auch über den Zwangsentzug nachdenken, weil das die einzige Chance wäre, ihnen zu helfen. (Abg Godwin Schuster: Ich weiß nicht, ob Sie... gekannt haben! Sie hätten mit Herrn...!)

 

Jetzt sage ich Ihnen etwas. Mein Cousin ist mit 16-Jahren drogenabhängig geworden. Er ist mit 18 an der Heroinnadel gehängt, er ist mit 19 in das erste freiwillige Programm in Österreich gegangen, und zwei, drei Monate später - wie es eben bei allen ist, die dort diese Programme besuchen - war er wieder am Karlsplatz oder sonst wo. Wenn er nicht das Glück gehabt hätte, dass er eine Mutter hat, die zum Glück so gut verdient, dass sie ihm eine geschlossene Therapieanstalt ermöglichte, die er eineinhalb Jahre nicht verlassen durfte - das musste er vorher unterschreiben, aber sie hat dafür bezahlen müssen, 1 Millionen ATS -, wenn sie sich das nicht hätte leisten können, wäre er nie davon weggekommen. Durch die eineinhalb Jahre Zwangsentzug in der Schweiz hat er es geschafft, sonst hätte er keine Chance gehabt. Heute ist er zum Glück zurück im Leben.

 

Wir sehen bei uns die vielen, vielen gescheiterten, armen Menschenseelen, die heute am Heroin hängen, auf freiwilligen Entzug beim Grünen Kreis sind und zwei, drei, vier Monate später, weil sie weggehen können und weil man sie nicht daran hindert, natürlich wieder hinausgehen und wieder zum tödlichen Gift kommen. Das ist ein Unsinn, wenn wir so etwas finanzieren und dabei wissen, wir stecken Geld in solche Programme, bei denen am Ende aber kein konkretes Ergebnis

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular