Landtag,
31. Sitzung vom 29.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 54 von 93
liegt in
der Zusammenfassung und in der Auflistung, weil Gesetze und Rechtsvorschriften
nur dann etwas wert sind, das ist meine Meinung, wenn die Betroffenen auch
darüber informiert sind.
Wien hat übrigens bereits 1993 Patientenrechte
als Organisationsvorschriften für die Rechtsträger der Krankenanstalten im
Wiener Krankenanstaltengesetz verankert. Ein Patientenschutzgesetz oder ein
Patientenrechtegesetz wäre analog dem Konsumentenschutzgesetz eine Bundessache.
Nun zu einzelnen Punkten. Frau Kollegin Lakatha, Sie
haben die Verpflichtung zitiert, dass die angemessenen und zweckmäßigen
Leistungen für alle Patientinnen und Patienten ohne Unterschied des Alters,
Geschlechts und so weiter rechtzeitig sicherzustellen sind. Sie haben gesagt,
Sie finden das nirgends. Das finden Sie in der Bundesverfassung, ja,
Menschenrechtskonvention. Ich möchte zu diesem Grundsatz festhalten, dass
dieser meiner Meinung nach sicherlich unumstritten ist und ich bin überzeugt,
dass sich alle Parteien und alle Personen und alle Menschen dazu bekennen.
Ich bin der Meinung, dass man statt “angemessen und
zweckmäßig“ auch sagen könnte “nach letztem medizinischen Standard oder State
of the Art.“ Um diese Leistungen zu gewährleisten, und das sage ich eigentlich
immer wieder, wenn ich da heraußen stehe, ist aber auch, deren Finanzierung
sicherzustellen. Da könnten Sie vielleicht dann auch einiges an die
Bundesministerin ausrichten. Diese Finanzierung muss auf eine breite Basis
gestellt werden. Ein bisschen Flickwerk und Sparappelle reichen nicht aus. Und
die Gesundheitsministerin Rauch-Kallat, die durch ihre Politik
Leistungseinschränkungen erzwingt, sollte sich daher vertiefend mit den
Patientenrechten befassen! (Beifall bei der SPÖ.)
Der zweite Punkt, den ich herausgreifen möchte, ist
das Stichwort “Patientenverfügung“. Unter dem Artikel 18 finden wir:
„Patienten und Patientinnen haben das Recht, im Vorhinein Willensäußerungen
abzugeben, durch die sie für den Fall des Verlustes ihrer Handlungsfähigkeit
das Unterbleiben einer Behandlung oder bestimmte Behandlungsmethoden wünschen,
damit bei künftigen medizinischen Entscheidungen so weit wie möglich darauf
Bedacht genommen werden kann.“ Das ist sozusagen die Ausformulierung des
Stichwortes “Patientenverfügung“.
Ich möchte davor warnen zu glauben, dass mit einer
Patientenverfügung sozusagen alles geplant und geregelt ist. Ich behaupte
nämlich, dass man als gesunder Mensch nicht wissen und nicht beurteilen kann,
in welchen schlimmen Situationen das Leben trotzdem noch sehr lebenswert sein
kann. Ich sage Ihnen als ganz einfaches Beispiel, das, was wir alle selber
sehr, sehr oft sagen und wahrscheinlich immer wieder hören, wenn wir in einem
Pflegeheim sind und dort einen alten Menschen in einem Bett bettlägerig
vorfinden. „Na um Gottes Willen, so möchte ich nicht enden“ oder „Das möchte
ich nie“. Das sagen wir selber und das hören wir auch immer wieder. Ich bin
davon überzeugt, dass die Lebenswelt in einer solchen Situation zwar eine
eingeschränkte, aber doch eine lebenswerte sein kann, wenn ich mich nämlich auf
das Frühstück freue, auf das Mittagessen freue und darüber freue, dass ich ein
bisschen etwas lesen kann oder in einer Illustrierten blättern kann. Das sind
dann eben andere Interessen. So verschieben sich die Interessen. Davon bin ich
überzeugt und deswegen ist eine Patientenverfügung sehr kritisch zu betrachten,
nicht zu hinterfragen, sondern nicht als der Weisheit letzter Schluss zu sehen.
Das heißt, die Patientenverfügung kann nur ein Teil
eines Behandlungssettings sein. Das Wichtigste sind Emphatie, also
Einfühlungsvermögen, und die Einbeziehung der Angehörigen, um so weit als
möglich den Wünschen der Patienten und Patientinnen zu entsprechen, denn ich
denke, der Wille und das Wohlergehen der Patienten sollte die Richtschnur
ärztlichen und pflegerischen Handelns sein. (Beifall bei der SPÖ.)
Der nächste Punkt, den ich mir herausgegriffen habe,
ist “Sterben in Würde“ und “bestmögliche Schmerztherapie“. In diesem Bereich
hat es in den letzten Jahren zum Glück ein großes Umdenken gegeben. Ich kann
mich noch genau erinnern, dass früher mit Schmerzmitteln, vor allem mit
Morphinpräparaten, die sehr grauslich klingen aber sehr effektiv sind und sehr
gut helfen, sehr rigide umgegangen wurde. Diese Zeiten sind noch nicht so lange
vorbei und heute ist, Gott sei Dank, unumstritten, dass das Ziel die
Schmerzfreiheit sein muss.
Ein weiterer Punkt ist “Auf die Würde des Menschen,
auf den Lebensrhythmus und auf die Bedürfnisse Rücksicht nehmen“, nämlich einen
stationären Aufenthalt betreffend. Mir ist es wichtig, in diesem Zusammenhang
festzuhalten, dass in der tagtäglichen Arbeit dieses Eingehen auf
Patientenbedürfnisse eine Selbstverständlichkeit ist und dass es Standard ist,
dass bereits beim Aufnahmegespräch am ersten Tag peinlich genau erhoben wird,
welchen Lebensrhythmus und welche Bedürfnisse der Patient oder die Patientin
hat. Ich möchte das in diesem Zusammenhang erwähnen, dass die im
Gesundheitssystem Tätigen sich hier ständig im Sinne der Patientinnen und
Patienten weiterentwickeln.
Nächster Punkt “Aufklärung“. Das
Recht auf umfassende Aufklärung ist auch nicht immer Selbstverständlichkeit
gewesen. Ich denke in diesem Zusammenhang nur an bösartige Erkrankungen, bei
denen es früher fast üblich war, dass nur hinter dem Rücken des Patienten die
Wahrheit gesagt wurde. Ich bin der Meinung, dass es zu wenig ist, vor
Eingriffen und vor Diagnoseverfahren über den Zweck und die Risiken in der Form
aufgeklärt zu werden, dass man eine Einwilligungserklärung und ein Gespräch mit
dem zuständigen Arzt oder Ärztin führt, sondern ich bin darüber hinaus der
Meinung, dass jeder Mensch das Recht hat, gerade bei einer tödlichen Krankheit
über den Charakter und die Lebenserwartung und den tödlichen Ausgang dieser
Erkrankung aufgeklärt zu werden. Tut man das nicht, dann nimmt man ihm die
Möglichkeit der Gestaltung seines restlichen Lebens, man nimmt ihm die
Möglichkeit des Abschiednehmens und das kommt einer Entmündigung dieses
Menschen gleich und ist menschenverachtend. Hier ist meiner
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