Landtag,
31. Sitzung vom 29.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 38 von 93
66 500 Beschäftigungsbewilligungen für Saisoniers, die das Wirtschaftsministerium im Vorjahr ausgestellt hat. 3 900 Grenzgänger und Praktikanten kommen allein aus Ungarn. Tausende Ein-Personen-Unternehmen bieten ihre Arbeitsleistungen besonders in der Baubranche an. Mit der Scheinselbstständigkeit umgehen sie aber die Übergangsfristen. Beschäftigungsabkommen zwischen Österreich und den neuen Mitgliedsstaaten ermöglichen bereits nach zwölf Monaten einen völlig freien Zugang zum österreichischen Arbeitsmarkt.
Die slowakische Regierung verschärft diese Situation
weiter und will Arbeitslosen sogar eine Prämie zahlen, wenn sie sich in den EU‑Nachbarstaaten
Arbeit suchen. Die Slowakei hat mit 18 Prozent die zweithöchste
Arbeitslosenrate der EU nach Polen. Wenn diese Menschen sich bei uns
niederlassen, dann haben sie früher oder später auch die Möglichkeit, soziale
Leistungen in Anspruch zu nehmen.
Spätestens bis 30.4.2006 müssen die alten
Mitgliedstaaten der EU 15 der Kommission mitteilen, ob sie die
Übergangsfristen auslaufen lassen oder für weitere drei Jahre verlängern
wollen. Das ist ein unbedingtes Muss, um den österreichischen Arbeitsmarkt zu schützen.
So lange nämlich die Löhne in den neuen EU-Ländern um vieles niedriger sind und
die Arbeitslosigkeit um so vieles höher ist, bleibt der Anreiz, sich in
Österreich niederzulassen, hoch. An dieser Situation hat sich im vergangenen
Jahr nichts zum Besseren geändert. Während die Bruttomonatsdurchschnittslöhne
in Österreich bei 2 190 EUR lagen, betrugen diese in Tschechien nach
wie vor nur 490 EUR und in der Slowakei 310 EUR, also weniger als ein
Siebentel. Die Arbeitslosigkeit ist unverändert hoch, bis zu 19 Prozent in
Polen.
In Wien explodiert gegenwärtig die Zahl der
Sozialhilfeempfänger auf Grund der schwierigen Arbeitsmarktlage. Weitere
Bezieher aus Osteuropa werden das Sozialhilfesystem belasten und mittelfristig
die schon jetzt österreichweit geringsten Sozialleistungen in Wien" –
Anmerkung: WIFO-Studie – „weiter reduzieren. Erhöhungen werden überhaupt nur
mehr, wie die letzten Jahre gezeigt haben, unter der Teuerungsrate möglich
sein.
Die gefertigten Landtagsabgeordneten stellen daher
gemeinsam mit den Mitunterzeichnern laut der Geschäftsordnung des Wiener
Landtages folgenden Antrag:
Der Wiener Landtag möge beschließen: Der
Landeshauptmann wird aufgefordert, im Zusammenwirken mit der Bundesregierung
sicherzustellen,
1. dass die siebenjährige Übergangsfrist des EU
Erweiterungs-Anpassungsgesetzes zum Schutze des Arbeitsmarktes um weitere drei
Jahre verlängert wird;
2. dass keine weiteren Beschäftigungsabkommen mit
osteuropäischen Staaten zum Nachteil des heimischen Arbeitsmarktes geschlossen werden;
3. dass alle rechtlichen Möglichkeiten ergriffen
werden, die Sozialhilfe als Existenzsicherung für die an der Armutsgrenze
lebenden Österreicher zu erhalten.
Es wird sofortige Abstimmung dieses Antrages
beantragt.“ (Beifall bei der FPÖ.)
Präsident Johann Hatzl: Zum Wort
gemeldet ist Herr Abg Hufnagl.
Abg Heinz Hufnagl (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Herr Präsident! Frau
Stadträtin! Hoher Wiener Landtag!
Einige wenige Sätze zu den langen Ausführungen meines
Kollegen Kowarik, die mit dem eigentlichen Gegenstand und einem sehr, sehr
wichtigen Landesgesetz nur sehr peripher überhaupt in einem gedanklichen Konnex
gesehen werden können. Ich denke, wir haben eine Europakommission, in der ohne
Zeitdruck und emotionslos auch Fragen des Arbeitsmarktes diskutiert werden.
Jetzt Aussagen zu treffen, wie sich der europäische und der österreichische
Arbeitsmarkt in sieben Jahren darstellen werden und welche Schlussfolgerungen
und zwingenden Schritte jetzt schon notwendig wären, halte ich für verfehlt.
Der Wiener Landtag und speziell das Gentechnik-Vorsorgegesetz sind weder der
richtige Ort noch der richtige Zeitpunkt, hier eine Antwort zu geben. Ich lehne
daher auch namens der sozialdemokratischen Fraktion – so wie vorweg schon
Kollegin Sommer-Smolik für die GRÜNEN – die Kowarik’schen Anträge ab.
Hoher Landtag! Zum eigentlichen und, wie ich glaube,
in der Tat sehr, sehr wichtigen und erfreulichen Punkt: Dem heute beschlussreif
vorliegenden Entwurf eines Wiener Gentechnik-Vorsorgegesetzes sind schon einige
demokratiepolitische und parlamentarische Initiativen hier im Wiener Landtag
vorausgegangen. Bereits im April 2002 hatte ich die Ehre, zusammen mit der
damaligen Gemeinderätin und später Nationalratsabgeordneten Petra Bayr einen
Beschluss- und Resolutionsantrag betreffend das Verbot der Freisetzung von
gentechnisch manipulierten Organismen in der Natur einzubringen und eine
Änderung des Wiener Naturschutzgesetzes in diesem Zusammenhang unter Beachtung
der verfassungsmäßigen und kompetenzrechtlichen Abstimmungsnotwendigkeiten
einzubringen.
In der Folge zeigte sich jedoch, dass ein rigoroses
Verwendungsverbot von gentechnisch verändertem Saatgut und der Anbau derartiger
Pflanzen die Hürde des europäischen Rechts – leider, muss man sagen – nicht
nehmen kann. Dem Rechnung tragend fand im November vorigen Jahres ein Antrag
aller vier Landtagsparteien betreffend den Entwurf eines Gesetzes über
Maßnahmen zur Gentechnik-Vorsorge hier einen einstimmigen Beschluss.
Diese Maßnahmen, die nunmehr die Gestalt und die Form
eines Gesetzes angenommen haben, umfassen vor allem eine stringente Melde- und
Bewilligungspflicht gegenüber den Bezirksverwaltungsbehörden und, wie ich doch
annehmen kann, der dann rechtszuständigen MA 58. Strenge Auflagen wie
weitestgehende Sicherheitsabstände zu möglicherweise beeinträchtigten
Nachbargrundstücken, egal, ob sie ökologisch oder konventionell bewirtschaftet
werden, aber auch dichte Naturhecken zum Unterbinden des Samenfluges werden die
Ausbringung von GVOs wirtschaftlich unattraktiv machen und daher de facto
weitestgehend unterbinden.
Zuwiderhandelnde Personen, die
ohne oder gar
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