Landtag,
31. Sitzung vom 29.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 26 von 93
Disziplinarverfahren einleitet. So hat sich auch Herr Andreas Khol deutlich ausgesprochen. Aber es fehlt am Ende immer wieder der Punkt, an dem man sagt, keinen Fußbreit, gar nichts, keinen Platz!, an dem man die Zivilcourage auch gegenüber Medien hat, die einem hier vielleicht ein bisschen in die Parade fahren und sich wünschen, dass man mehr der Trümmerfrauen gedenkt als der Opfer auf der anderen Seite, sodass man denen auch die Stirn bietet.
Wir haben in Österreich nach wie vor keine
Rehabilitierung für Deserteure der Wehrmacht. Nach wie vor ist der KZ-Wächter
gegenüber einem Deserteur, der inhaftiert war, im Vorteil im Sinne seiner
Pension, weil der die - unter Anführungszeichen - Arbeitszeit, die er im KZ
verrichtet hat, für seine Pension angerechnet bekommt. Der Deserteur, der
eingesessen ist, hat heute, 2005, immer noch nichts, dem fehlen diese Jahre
einfach. Es ist ungeheuerlich, dass das immer noch so ist! Es scheitert unter
anderem an der Österreichischen Volkspartei, die wartet, bis es Einstimmigkeit
im Parlament gibt, sich damit aus der Verantwortung stiehlt und sagt: Wir sind
eh dafür, aber wir machen es erst, wenn es einstimmig ist. Und das wird es eben
nicht.
Ich rede deswegen länger über die Deserteure, weil
wir das an dieser Stelle schon öfter gemacht haben und weil da immer noch
Handlungsbedarf besteht. Ich werde aber noch ein zweites Thema angreifen, und
zwar den Umgang mit den Ehrengräbern aus dieser Zeit, gestern angesprochen von
StR Mailath-Pokorny in seiner Rede, dass man sich da an ein sehr heikles Thema
herangewagt hat und dass man das jetzt endlich so zu Ende geführt hat, dass man
quasi sagen kann: Da hat man jetzt Zivilcourage gezeigt, und das ist eine gute
Lösung.
Ich halte die Lösung, dass am Zentralfriedhof neben
WiderstandskämpferInnen immer noch in unmittelbarer Nähe ein Grab von jemandem
ist, der dieses Ehrengrab, das ja auch keines mehr ist, ausschließlich bekommen
hat, weil er ein Flieger für den NS war und Leute abgeschossen hat, und das war
es dann - ich halte es für unsäglich, dass wir immer noch keine Lösung gefunden
haben, die weiter geht als: Es gibt eine Aberkennung von dem Grab, Punkt, aus,
das war es!
Im nächsten Ehrengrabführer des Zentralfriedhofs
werden diese Gräber entweder nicht mehr aufscheinen - eine Möglichkeit -, oder
sie werden trotzdem noch drinstehen, wie es sich Herr Scholz wünscht, mit einer
Begründung, was es für ein Grab ist. Das ist aber auch schon alles. Mit dem
Grab von Nowotny haben wir genau das gemacht, das kommt im alten Buch einfach
nicht vor, ein so genannter Druckfehler - eine österreichische Lösung oder, in
dem Fall, Wiener Lösung. Das ist zu wenig, und da fehlt der Mut.
Ich weiß schon - zumindest kann man es ahnen -, woher
das kommt. Denn als ich diese Geschichte übernommen habe - angefangen habe
nicht ich sie -, als ich sie übernommen habe von Herrn Richard Wadani, der
selber ein Deserteur der Wehrmacht ist und heute noch lebt, und von Friedrun
Huemer, die diese Arbeit an dieser Stelle für die GRÜNEN begonnen hat, da habe
ich gemerkt, wie schnell einem in dieser Republik der Wind ins Gesicht bläst.
Die "Kronen Zeitung" hat über hundert Leserbriefe veröffentlicht, die
sich sehr intensiv mit diesen Anträgen beschäftigt haben. Meine Mailbox ist übergegangen,
und von den Telefonaten, privat und im Klub, hat man keines länger als
5 Sekunden durchgehalten, weil es ausschließlich Beschimpfungsorgien
waren. Das ist nicht so tragisch, die Handynummer ist schnell gewechselt. Aber
man hat dort gemerkt, es gibt einen Bodensatz, der sich in diesem Land immer
wieder sehr laut Gehör verschafft, und vor diesem Bodensatz weichen zu viele
Leute zu oft zurück.
Ich freue mich, dass wir heute so weit sind, dass wir
Herrn Gudenus den Gerichten übergeben können. Ich hoffe, dass das Landesgericht
so entscheidet, wie ich in dieser Frage entscheiden würde, und vermutlich auch
die meisten in diesem Haus. Aber ich sage ganz ehrlich, mit einer namentlichen
Abstimmung heute, woraufhin jeder hinter seinem Namen und jede hinter ihrem
Namen lesen kann: "Ich war für die Auslieferung.", ist es wirklich
nicht getan. - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Präsidentin Erika Stubenvoll: Als
Nächster zum Wort gemeldet ist Herr Abg Prochaska. Ich erteile es ihm.
Abg Johannes Prochaska (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Frau Präsidentin! Frau Berichterstatterin! Meine
sehr geehrten Damen und Herren!
Ich bedauere es, dass es bei einem so ernsten Thema
nicht möglich ist zu reden, ohne immer ein bisschen aus der unteren Lade auf
jemand anderen hinzuschleudern. (Zwischenruf von Abg Mag Thomas Reindl.)
Jeder weiß es - Herr StR Ellensohn nicht, oder aber er will es nicht wissen -,
dass in der letzten Vorlage die Widerständler genauso aufgenommen wurden und
daher sozialrechtlich in keiner Weise mehr benachteiligt sind. Es ist genau
dieser Regierung überlassen geblieben, nach Jahrzehnten andersfärbiger
Regierungen diese Dinge vorzunehmen. Aber ich bin gerne bereit, Ihnen die
Vorlage zu übergeben. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen und Herren! Das Immunitätskollegium hat
heute ohne Wortmeldung, ohne irgendeine Äußerung den Antrag stimmeneinhellig
gutgeheißen, Herrn Mag Gudenus nicht länger dem Straf- und Disziplinarrecht zu
entziehen. Die rechtliche Beurteilung seiner Aussagen obliegt nun der ordentlichen
Gerichtsbarkeit, die politisch-moralische ist durch entsprechend deutliche
Stellungnahmen klar und sogar heftig ausgesprochen worden.
Damit hat Herr Mag Gudenus den ihm zustehenden
Aufmerksamkeitswert mehr als voll ausgereizt. Er eignet sich unseres Erachtens
zu absolut nichts auf öffentlicher Ebene, für kein Mandat und für keine
Funktion. Er eignet sich nicht einmal zur taktischen Instrumentalisierung, weil
wir ihm nicht einmal die Hochstilisierung - die Kehrseite der Medaille - als
Ikone der Vorgestrigen gönnen wollen, meine Damen und Herren. Das lassen wir
ihm nicht zukommen, das ist ein Mag Gudenus einfach nicht wert.
Daher werden wir ohne weitere
Kommentierung seiner unsäglichen Äußerungen dem Antrag
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