Landtag,
4. Sitzung vom 22.11.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 44 von 60
gibt neue
Bereichsleiter im Lehrkörper. Da erhält man fast den Eindruck, es handle sich
um eine Veranstaltungsagentur und nicht um eine Lehranstalt.
Das heißt,
dass hier die Mittel nicht zum Nutzen der Musik und nicht zum Nutzen der vielen
jungen Menschen in dieser Stadt verwendet werden, die auf ausgezeichnete
Ausbildungseinrichtungen angewiesen sind, sondern dass hier das Geld für die
Verwaltung aufgeht. Und das darf es nicht sein. Wir haben hier auch einen
Auftrag, für die jungen Menschen in dieser Stadt, auch für diese Bildung entsprechend
etwas bereitzustellen. (Beifall bei der
ÖVP.)
Damit möchte
ich, meine Damen und Herren, zur Geschäftsgruppe Stadtentwicklung und Verkehr
kommen, wo wir schon im Ausschuss sehr, sehr interessante Feststellungen
vernehmen mussten. Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Auto. Wahrscheinlich,
viele von Ihnen werden eines haben. Manche auch nicht. Sie können sich trotzdem
hineindenken. Und Sie fahren vielleicht mit diesem Auto überhaupt nie, weil Sie
vielleicht schon zu alt sind oder weil Sie es verborgt haben oder aus irgendwelchen
anderen Gründen. Plötzlich flattert Ihnen eine Strafverfügung ins Haus: Sie
sind zu schnell gefahren, Sie haben das Auto falsch abgestellt, weiß Gott was
alles. Das ist doch vollkommen unmöglich, gibt es doch nicht, ich fahre seit
einem Jahr nicht mehr mit dem Auto. Vollkommen unmöglich. Wie können mich die
strafen?
Ja, das ist
ganz einfach. In der Stadt Wien ist das ganz einfach. Denn wenn jemand, oder
ich muss eigentlich sagen, wenn ein Kraftfahrzeug, nicht eine Person, wenn ein
Kraftfahrzeug ertappt wird bei einer Verwaltungsübertretung, dann wird sofort
der Zulassungsbesitzer bestraft, egal, ob er gefahren ist oder nicht. Es wird
nicht überprüft, ob er gefahren ist, sondern er wird von Haus aus gleich einmal
bestraft.
Wir haben im
zuständigen Ausschuss den Stadtrat gefragt: Ja, glauben Sie nicht, dass Sie
hier eine andere Maßnahme treffen müssten? - Er erklärte uns, er wäre Politiker
und nicht Jurist.
Meine Damen
und Herren! Ein Stadtrat ist dafür verantwortlich, dass die Beamten
rechtskonform vorgehen. Und die Volksanwaltschaft äußert hier massive verfassungsrechtliche
Bedenken gegen die Stadt Wien. Sie sagt, dass die Unschuldsvermutung ein ganz,
ganz wesentlicher Punkt ist, der auch im Art. 6 der Europäischen
Menschenrechtskonvention festgehalten ist, dass man sich danach richten soll.
Und dann hat sie das Ganze auch noch - und das wurde auch der Stadt Wien
mitgeteilt - dem Verfassungsdienst des Bundeskanzleramts gegeben, der diese Ansicht
noch bekräftigt hat. Das heißt, die Erlassung einer Strafverfügung, meine Damen
und Herren, ist eben nur dann zulässig, wenn der Täter bereits bekannt ist.
Und ich bitte
Sie, dass das, was im Ausschuss gesagt wurde, das ist nur in 80 Prozent -
so wurde gesagt - der Fällen so, dass der Zulassungsbesitzer auch gleichzeitig
Täter war, in 20 Prozent nicht - na ja, ist eh nicht so viel, kann man
halt nichts machen -, so nicht sein darf. Das heißt, 20 Prozent aller
Strafen, die ausgestellt werden, gehen an unschuldige Menschen, und die sind
zuerst einmal bestraft. Und jeder Beamte, der irgendwann einmal nachschaut, ob
der unbescholten ist oder schon bescholten ist, kriegt einmal die Auskunft: Ja,
der hat eine Strafverfügung. Na, das kann es ja wohl nicht sein. Mit der Unschuldsvermutung
der Europäischen Menschenrechtskonvention muss man einfach sorgfältiger umgehen
und sie wirklich genauer anschauen. Hier kann man nicht einfach darüber hinwegsehen
und sagen, es wäre ein zu großer Verwaltungsaufwand. Hier sind die Grenzen
gesetzt, hier können Sie sich nicht auf einen schmalen Verwaltungskörper
ausreden, weil Sie auch gleichzeitig in Wirklichkeit keinen Verwaltungsabbau
betreiben. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine Damen
und Herren! Ein Fall, der die Bauordnung betrifft, ist auch wirklich köstlich,
wenn man sich den näher anschaut. Da geht es darum, dass man eine Sporthalle
mit 1 900 Quadratmetern auf einem Grundstück mit der Widmung
"Grünland, Erholungsgebiet, Sport- und Spielplatz" errichten kann.
Warum, denkt man sich. Das ist doch vollkommen unmöglich. In ein Grünland kann
ich doch nichts bauen. Aber es gibt rechtliche Begründungen, man ist fündig geworden.
Die Unwesentlichkeit - ein schöner Begriff, den wir in der Bauordnung finden -
macht es möglich, dass man 1 900 Quadratmeter im Grünland einfach verbauen
kann. Warum? - Dies deswegen, wie die Magistratsdirektion sagt, weil die
1 900 Quadratmeter große Halle nur 7,5 Prozent der Gesamtfläche
umfasst und somit innerhalb der 10-prozentigen Toleranz für Abweichungen liegt.
Meine Damen
und Herren! Das würde ja gleichzeitig bedeuten, wenn die Stadt Wien herginge
und sagte, ich darf jetzt 10 Prozent des gesamten Waldes, der der Stadt
Wien gehört, verbauen, obwohl das Grünland ist, egal, 10 Prozent, das ist
die Unwesentlichkeitsbestimmung, das würde also bedeuten, ich kann 10 000
Gemeindewohnungen neu in den Wienerwald hineinstellen.
Na, das kann
es ja wohl nicht sein. Hier müssen wir doch die Unwesentlichkeitsbestimmungen
einmal einer näheren Definition unterziehen und müssen die wirklich auch näher
regeln. Ich bin dankbar, dass Herr StR Faymann hier eine Zusicherung gegeben hat,
diese näher zu regeln. Aber das zeigt, wie notwendig es ist, dass die
Volksanwaltschaft sich um solche Bereiche kümmert. (Beifall bei der ÖVP.)
Und nun, meine
Damen und Herren, lassen Sie mich noch, weil die Volksanwaltschaft heute hier
ist, zu einem Punkt kommen, der zwar nicht Teil dieses Berichts ist, aber doch,
glaube ich, ein ganz, ganz wesentlicher Teil ist, den wir gerade zu dieser
Jahreszeit und in diesen Tagen auch hier mit berücksichtigen sollten.
Es ist der Bericht
der Volksanwaltschaft über die Vergabe von Heizkostenzuschüssen in der
Heizperiode
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