Landtag,
4. Sitzung vom 22.11.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 32 von 60
Eine weitere Sache,
die ich schwer kritisiere, auch wenn ich nun wirklich nicht zur Autofraktion
gehöre, ist folgende Tatsache: Die Leute werden auch gefragt, ob sie ein Auto
haben. Und selbst, wenn die irgendeine Tschesn haben, die vielleicht gerade
noch 20 000 S wert ist, müssen sie dieses Auto verkaufen oder
abmelden, denn sonst erhalten sie am Sozialamt kein Geld, obwohl wir alle
wissen, dass durch die berühmte Politik gegenüber dem Autofahren das Autofahren
für eine Familie ganz billig ist, während das Zugfahren oder das Verwenden
öffentlicher Verkehrsmittel zum Großteil sehr viel teurer ist.
Im
Sozialhilfegesetz steht: "Die Verwertung des Einkommens oder Vermögens
darf nicht verlangt werden, wenn dadurch die Notlage verschärft wird." In
vielen Fällen wird aber genau durch den Zwang, dieses Auto zu verkaufen -
früher war es so, dass man sogar den Computer verkaufen hat müssen -, sehr wohl
die Notlage verschärft. Und auch das gehört meiner Meinung nach geändert!
Ich möchte
nunmehr auch auf ein Beispiel zurückkommen, über das wir schon in der
Budgetsitzung gesprochen haben, nämlich dieses absolut bürokratische Labyrinth,
in das Menschen geschickt werden. Ich habe Ihnen ein Beispiel von einer jungen
Frau mit zwei Kindern geschildert. (Abg
Rudolf Hundstorfer bringt den neben dem Rednerpult sitzenden Volksanwälten
persönlich ein Tablett mit zwei Mineralwasserflaschen und Gläsern.) Super!
Das nenne ich Service! So ist es richtig! (Beifall
bei der SPÖ, bei der ÖVP und bei der FPÖ.) Wenn die KlientInnen am
Sozialamt auch so behandelt würden, dann wären auch die GRÜNEN höchst
zufrieden. (Volksanwalt Mag Ewald
Stadler: Das ist aber kein Privileg!) Das nenne ich anständig! (Volksanwältin Rosemarie Bauer: Da hätte er
aber viel zu tun!) Ja, da hätte Herr Kollege Hundstorfer viel zu tun, aber
es wäre eine nette Geste.
Ich möchte
Ihnen das Beispiel einer jungen Frau nahe bringen. Die verliert kurz nach der Scheidung
ihren Arbeitsplatz, der Mann zahlt keine Alimente, die Miete ist fällig, die
Gas- und Stromrechnung sowie die Kosten für die Fernwärme werden schon
eingemahnt und sie braucht dringend Geld. Die Frau geht aufs Sozialamt. Ich
möchte es Ihnen nicht im Detail schildern, was dieser Frau nun im
bürokratischen Labyrinth widerfährt. Aber sie muss aufs Sozialreferat, dann
wird sie zum Jugendamt geschickt, dann geht sie zur Vormundschaft, dann wird
sie wieder aufs Sozialreferat geschickt, dann wird sie aufs Arbeitsamt
geschickt, dann wird sie zur Sozialhilfe geschickt, dann geht sie zur
MA 50, dann geht sie zur Post, dann muss sie noch einmal zur Post, dann
geht sie zum Jugendamt, dann geht sie aufs Sozialreferat und dann geht sie noch
einmal zur MA 11. Sie hat zwölf Wege - an der Hand zwei Kinder - erledigt,
nur damit sie so viel Geld erhält, dass sie überleben kann mit ihren zwei
Kindern. Das ist die berühmte Verwaltungsreform, die da offensichtlich im Gange
ist.
Und jetzt habe
ich einen Antrag gestellt. Ich habe den Antrag gestellt, dass man zumindest
innerhalb der Gemeinde - was das Arbeitsamt tut, ist wieder eine andere
Geschichte - One-Desk-One-Stop macht und dieser Frau an einer Stelle das gibt,
was sie braucht, und zwar in Form von Hilfe zur Selbsthilfe und nicht in Form
von Verwaltung und irgendwie gibt man ihr Geld.
Und dann
kam's! Ich weiß schon, warum sich jetzt die Reihen der SPÖ so lichten. Wäre ich
sozialdemokratische Abgeordnete oder Abgeordneter, würde ich auch schauen, dass
ich an der Stelle die Flucht ergreife, denn das ist ja eine Schande. (Abg Martina Malyar: Sie sind eine Lehrerin!
Sie wissen, warum sich die Reihen lichten!) Das ist wirklich eine Schande
erster Ordnung. Ich kann es nachvollziehen. (Abg
Martina Malyar: Es kann auch am Vortrag liegen!) Es kann auch an meinem
Vortrag liegen. Natürlich. Frau Malyar, Sie werden mir sicher nachher zeigen,
wie ein gut aufgebauter Vortrag über die Bühne geht. (Abg Martina Malyar: Wir sind beide ausgebildet und werden es beide
wissen!)
Also wäre ich
Sie, würde ich auch fliehen, denn ich habe den Antrag gestellt, dass die Frau
zumindest nicht zur MA 11 und zur MA 12 gehen muss und immer wieder
zwischen den beiden Hin und Her, sondern dass alles an einer Stelle gemacht
wird. Ich habe die MA 11 vorgeschlagen, weil die kindgerecht eingerichtet
ist und weil die Leute dort die notwendige Beratung durchführen können.
Die
sozialdemokratischen Abgeordneten haben am Montag beschlossen: Oh nein, diese
Frau wird nach wie vor zwischen der MA 11 und der MA 12 hin- und
herrennen. Also haben wir jetzt zwei Abteilungsleiter, MA 11 und
MA 12, die Unterschiedliches wollen. Dann haben wir eine Stadträtin, die
nicht entscheidet. Dann haben wir sozialdemokratische Abgeordnete, die auch
sagen: Puh, ist uns Wurscht, wir entscheiden auch nicht! (Abg Martina Malyar: Da haben Sie aber bei meiner Antwort nicht
zugehört!) Also hat nur die versammelte Opposition ... (Abg Martina Malyar: Wer? Wer? Namen nennen! Wer?) Sie haben gegen
meinen Antrag gestimmt, alle haben Sie gegen meinen Antrag gestimmt. (Abg Martina Malyar: Warum?) Warum? -
Das weiß ich nicht. Sie können nicht mich fragen, warum die Sozialdemokraten
dagegen stimmen, aber Sie werden es mir dann gleich erklären. (Abg Martina Malyar: Sie haben eine
Geschäftseinteilungsänderung verlangt! Sie können nicht immer so argumentieren,
wie es Ihnen passt!) Ich habe Sie jetzt nicht ganz verstanden, aber wir
werden schon zusammenkommen.
Also: Vielleicht
können wir uns in den nächsten Wochen und Monaten doch darauf einigen, dass
Menschen mit Kindern nur eines von diesen beiden Ämtern aufsuchen müssen und
dass das das Jugendamt ist. Ich weiß schon, Frau Balic-Benzing will das nicht,
und die Stadträtin will es nicht entscheiden, und Sie wollen es auch nicht
entscheiden, aber auch diese Frauen haben ein Recht darauf, dass die Verwaltung
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