«  1  »

 

Landtag, 4. Sitzung vom 22.11.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 31 von 60

 

ich gleich zu Beginn gesagt haben. Denn sie werden nicht nur besonders schlecht behandelt, sondern sie haben auch vielfach keine Rechte. Aber dieses Problem soll ja in Zukunft durch ein neues Sozialhilfegesetz gelöst werden. Da werden wir alle uns sehr anstrengen. Darüber haben wir schon gehört, dass es Änderungen geben wird - dafür meinen absoluten Applaus!

 

Trotzdem möchte ich Ihnen jetzt sagen, was dort stattfindet. Die Menschen, die dort hingehen, wollen informiert und beraten werden. Trotzdem kommen sehr viele KlientInnen wieder heraus und wissen nach Information und Beratung nicht einmal, ob sie überhaupt einen Rechtsanspruch haben oder nicht, was ihnen zusteht, was sie verlangen können oder was ihnen nicht zusteht. Wie kann es das geben, dass Klienten, die im Sozialamt waren, beim Herausgehen noch immer nicht wissen, wie ihnen geschieht und was ihnen zusteht?

 

Ich darf Sie daran erinnern, dass die GRÜNEN durch mich einmal einen Antrag eingebracht haben, dass eine Informationsbroschüre gemacht werden soll. In dieser Informationsbroschüre sollte drinstehen, worauf Mensch Anspruch hat und was es alles gibt. Es gibt auch ganz schön viel, wir sind da wirklich nicht das Ende der Welt. Wir haben diese Informationsbroschüre verlangt und wider Erwarten wurde meinem Antrag zugestimmt. Wunderbar, prächtig!

 

Dann hat es ein Jährchen gedauert. Wir haben schon geglaubt, das ist irgendwie in Vergessenheit oder sonst etwas geraten, aber dann gab es diese Informationsbroschüre. Sie ist auch gut, diese Informationsbroschüre! Aber was ist jetzt mit dieser Informationsbroschüre passiert? - Nicht, dass man glaubt, sie ist in den Sozialämtern oder im Jugendamt auf den Gängen ausgelegt worden, sodass die Menschen, die dort im Wartezimmer sitzen, ein bisschen darin blättern, suchen und schauen können. Nein, nichts - keines dieser Vorzimmer, keiner dieser Warteräume hat je eine derartige Informationsbroschüre gesehen! Wir haben sie abgeklappert, wir sind hingegangen und haben geschaut, wo diese Informationsbroschüre geblieben ist.

 

Man hat sie also zusammengestellt; das ist viel Arbeit gewesen. Man hat sie gedruckt; das ist viel Geld gewesen. Man hat sie gehabt; aber man hat sie nicht hingelegt. Wir haben sie teilweise auf den Schreibtischen einzelner Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter gesichtet, drinnen in dem Raum, in dem gearbeitet wurde, aber nicht zum Hernehmen für die KlientInnen. Man hat sie dort irgendwo darunter hingelegt, aber sicher nicht für die Klientinnen und Klienten.

 

Das ist der falsche Weg. Denn die Information und die Beratung müssen zu diesen Menschen hinkommen. Wir verlangen eine Beratung, die eine umfassende ist. Diese Leute sollen nicht nur erfahren, was alles das Sozialamt vor Ort kann, sondern was es überhaupt gibt und wo geholfen werden kann.

 

Wissen Sie, was sie bei der Fawos machen - Fawos, Delogierungsprävention im privaten Bereich? - Wenn man dort hingeht, wird man umfassend beraten. In allen Bereichen, um die es geht, wird man umfassend beraten, und es wird tatsächlich Hilfe zur Selbsthilfe geleistet.

 

Ich stelle Ihnen nun eine einfache, klare Frage, und bitte nachher um eine Antwort: Warum gelingt es nicht, dass auch das Sozialamt umfassend und qualitativ hochwertig berät? - Ich verstehe es nicht.

 

Ein weiterer Punkt: Es gibt am Sozialamt so zwischendurch, manchmal und manchmal auch nicht - es ist ja alles dem Zufall überlassen, wenn diese Leute da im Nebel des Labyrinths irgendwo herumrennen -, eine juristische Auskunft. Nicht, dass Sie glauben, meine Damen und Herren, dass diese juristische Auskunft auch noch richtig ist, nein, es gibt dort ganz viele falsche und halbjuristische Auskünfte. Auch das muss sich ändern! Es kann ja nicht so sein, dass unsere Mitarbeiterin, die mit den Leuten an der Hand dort hingeht, mittlerweile bessere und fundiertere juristische Auskünfte gibt, obwohl sie keine Juristin ist, als die dazu vorhandenen Beamtinnen und Beamten.

 

Um dem Ganzen irgendwie den Gipfelpunkt aufzusetzen, gibt es dann auch keinen schriftlichen Bescheid. Die Leute kriegen nichts in die Hand. Jeder weiß, ohne schriftlichen Bescheid kann man auch keinen Einspruch erheben, und somit ist man überhaupt in die Wüste geschickt worden. Tschüss! Und verschwinde da!

 

Damit komme ich jetzt gleich zu einer Sache, die ich überhaupt für die letztklassigste halte, nämlich die Umgangsformen und der Umgangston. Und jetzt behaupte ich einmal, dieser Umgangston kann ja nur gepflegt werden, weil das Menschen mit einem geringen Einkommen sind, von denen man sagt, die sind auch nicht so richtig gebildet. Und wie heißt es dann? - Ich habe es ja mitgeschrieben, ich habe es als Zitat da, damit es nicht heißt, ich erfinde das. Da gibt es dann so Ausdrücke wie: Was wolln's da? Da kann ein jeder kumman! Schleichn's Ihna! Das Bürgerservice ist ums Eck, da san's falsch bei uns!

 

So redet man mit niemandem, mit überhaupt niemandem! Selbst wenn man der Meinung ist, dass da einfache Menschen kommen, dann redet man mit denen höflich und freundlich. Wenn da die Reichen und Gebildeten kämen, würde ja niemand auf die Idee kommen zu sagen: Schleichn's Ihna, Sie san im falschen Zimmer! Das geht ja alles nur, weil man offensichtlich der Meinung ist, dass es sich hier um Menschen handelt, mit denen man auf diese Art und Weise umspringen kann.

 

Ich behaupte nicht, dass jeder, der aufs Sozialamt geht, beschimpft wird. Aber was ich schon behaupte, ist, dass in der Mehrzahl der Fälle mit den Menschen so umgesprungen wird, dass sie sich gedemütigt fühlen und möglichst nicht wiederkommen. Und das ist auch Sinn und Zweck dieser Umgangsform: dass die Menschen nämlich nicht wiederkommen.

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular