Landtag,
4. Sitzung vom 22.11.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 13 von 60
Ringler
gestellt und ist an den Herrn Landeshauptmann gerichtet: Dem Vernehmen nach wird für die beiden Parteifeste
Donauinselfest und Stadtfest keine Vergnügungssteuer bezahlt. Argumentiert wird
diese Befreiung mit dem "volksfestähnlichen" Charakter der
Veranstaltungen. Tatsache ist aber, dass auf der Donauinsel zum Beispiel bei
der Ö 3-Bühne oder auch auf der Country-Western-Bühne Menschen tanzen und
ihnen auch Gelegenheit zum Tanz angeboten wird. Vergnügungssteuerpflichtiger
Publikumstanz liegt also vor. Welchen legistischen Handlungsbedarf sehen Sie
angesichts der Tatsache, dass es bei der Anwendung des offenbar zu unpräzise
formulierten Vergnügungssteuergesetzes zu gleichheitswidrigen unterschiedlichen
Auslegungen - je nach Antragstellern - kommt?
Ich bitte um die Beantwortung.
Lhptm Dr
Michael Häupl: Sehr geehrte
Frau Landtagsabgeordnete!
Der Umstand,
warum der Veranstaltung des Donauinselfestes ebenso wie des Wiener Stadtfestes
aber auch einer Reihe anderer Volksfeste in Wien keine Vergnügungssteuer
verrechnet wird, bedarf nicht der Rechtfertigung durch den Landeshauptmann,
weil sich dies aus dem vom Wiener Landtag beschlossenen Vergnügungssteuergesetz
ergibt.
Es war das
besondere Anliegen der Wiener Handelskammer, dass im Jahre 1987 die zuvor im Vergnügungssteuergesetz
enthaltene Besteuerung von Volksfesten und Kirtagen durch den Wiener Landtag im
Rahmen des Vergnügungssteuergesetzes 1987 ersatzlos gestrichen wurde. Der
Vorlagebericht an den Wiener Landtag weist auf die damit faktisch bewirkte
Steuerfreistellung für Varietee- und Kabarettvorstellungen, bunte Abende,
Akademien, Shows, Kirtage und volksfestartige Veranstaltungen ausdrücklich hin.
Ab 1988, dem Jahr des Inkrafttretens des Vergnügungssteuergesetzes 1987, sind
daher volksfestartige Veranstaltungen, die besonders dadurch gekennzeichnet
sind, dass sie jedermann ohne Eintrittsentgelte zugänglich sind, nicht mehr
steuerpflichtig.
Die gestellte
Frage, ob ein legistischer Handlungsbedarf wegen eines Verstoßes gegen den
Gleichheitsgrundsatz durch die differenzierte Betrachtungsweise einzelner
Publikumstanzveranstaltungen besteht, möchte ich folgendermaßen beantworten:
Aus dem
Gleichheitsgrundsatz ist das allgemeine Gebot der Sachlichkeit von Gesetzen
abzuleiten, wodurch der Gesetzgeber verpflichtet ist, an gleiche Tatbestände
gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen. Im selben Maße erfordert der
Gleichheitsgrundsatz jedoch auch, dass wesentliche Unterschiede im Tatsachenbereich
unterschiedliche Regelungen nach sich ziehen. Zwischen dem Donauinselfest,
selbst wenn dort Tanz möglich ist, mit seinem in einer Gesamtbetrachtung
eindeutig volksfestartigen Charakter und einer herkömmlichen Publikumstanzveranstaltung
bestehen jedoch wesentliche Unterschiede. Aus diesem Grund allein ist die
derzeitige Regelung bereits verfassungskonform und bedarf daher auch keiner
über die Motive des Landtags hinausgehender sachlicher Rechtfertigung. Von
einem unpräzise formulierten Vergnügungssteuergesetz kann ja folgerichtig auch
nicht gesprochen werden.
Unabhängig davon ist jedoch in der heutigen Landtagssitzung
ein Initiativantrag eingebracht worden, um im Sinne der Belebung der
Jugendszene den Steuersatz für Publikumstanzveranstaltungen zu senken und gleichzeitig
die Steuergebarung für die Veranstaltung durch Wegfall von Einstufungskriterien
und durch Vereinheitlichung von Fälligkeiten zu erleichtern.
Präsident
Johann Hatzl: Die erste Zusatzfrage stellt Frau Abg
Ringler.
Abg Marie Ringler (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Tatsächlich ist es aber so, dass der von Ihnen angesprochene
Initiativantrag von einer Mehrzahl der Veranstalter und Veranstalterinnen
dieser Stadt klar abgelehnt wird. Es wird auch von einer Mogelpackung
gesprochen, und was besonders schmerzt, ist, dass diese neue Regelung auch eine
Benachteiligung der nicht kommerziellen Veranstalter und Veranstalterinnen
gegenüber den kommerziellen bedeutet.
Daher liegt es
uns sehr am Herzen, hier doch noch zu einer Regelung zu kommen, die auch im
Sinne der Betroffenen ist.
Wir fragen Sie daher, ob Sie vorhaben, doch noch in
letzter Minute mit den Betroffenen Gespräche zu führen, ob die Stadtregierung
mit den Betroffenen Gespräche führen wird, die zu einer sinnvollen und für alle
akzeptablen Regelung führen können?
Präsident
Johann Hatzl: Herr
Landeshauptmann.
Lhptm Dr
Michael Häupl: Entschuldigen
Sie, Frau Landtagsabgeordnete, aber ich glaube, Ihre Frage ist eine
Mogelpackung, denn selbstverständlich ist mit den Veranstaltern gesprochen
worden und selbstverständlich beruht dieser Vorschlag auf einem wesentlichen Gesprächsergebnis
mit den Veranstaltern.
Es mag schon
sein, dass der eine oder andere nicht zufrieden ist damit. Das ist schon
möglich. Alle zufrieden zu stellen, werden wir wahrscheinlich nicht können. Aber
nach den mir vorliegenden Informationen hat bei den Gesprächen, die der
zuständige Herr Vizebürgermeister und Finanzstadtrat geführt hat, eine
erhebliche Übereinstimmung auch erzielt werden können.
Zum Zweiten
ist das ein Antrag, der selbstverständlich auch entsprechend veränderbar in den
Verhandlungen ist. Aber diese Gespräche und Detailverhandlungen sind mit
Sicherheit mit dem Herrn Vizebürgermeister zu führen und ich wüsste nicht, was
meine besondere Aufgabe dabei sein soll.
Was wir
wollen, das ist, dass, wenn man ein Problem erkannt hat - und offensichtlich
war diese Frage der Vergnügungssteuer ein Problem für viele Veranstalter -, wir
das Problem dann auch beseitigen wollen und dieses Ziel bestmöglich erreichen
wollen, und das werden wir tun.
Präsident Johann Hatzl: Nächste Zusatzfrage: Herr
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