Landtag,
4. Sitzung vom 22.11.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 11 von 60
Schutz und die
Interessen der Bevölkerung im Vordergrund. Mir geht es aber auch um eine
menschenwürdige Situation für die Prostituierten und ich finde auch, dass, wenn
man über Prostitution diskutiert, man nicht immer nur über die Prostituierten
diskutieren soll, sondern auch über die Rolle der Freier, denn ohne den Freiern
gäbe es auch die Prostituierten nicht. Also, die Verantwortung ist da zumindest
eine zweigeteilte.
Ziel der
Novelle des Prostitutionsgesetzes, wie wir es gerade in Bearbeitung haben, sind
einerseits frauenpolitische Aspekte. So sehen wir zum Beispiel vor, dass ein
Teil der Strafgelder für Projekte verwendet werden soll, die ausstiegswillige
Prostituierte unterstützen, und wir wollen mildernde Umstände bei Zwangsprostitution
vorsehen. Wir wollen auch die Freier mit in die Verantwortung bringen. Wir
haben ordnungspolitische Aspekte in dieser Novelle vorgesehen, zum Beispiel die
Verantwortung der Hauseigentümer, die sich jetzt sehr oft auf die Position
zurückziehen: Wirklich wahr, in meinem Haus gibt es was, was mit Prostitution
zu tun hat? Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts. - Da denken wir, dass wir
die Verantwortung deutlicher regeln sollten.
Wir regeln
aber auch die Bannmeile deutlicher und es gibt natürlich den langjährigen
Wunsch der Polizei, die Betretungsrechte auch für Nebenräume bei Verdacht des
Verstoßes gegen das Prostitutionsgesetz zu verbessern, und - was mir persönlich
auch sehr am Herzen liegt - die gesundheitspolitischen Aspekte. Wir wollen zum
Beispiel einen regelmäßigen HIV-Test vorsehen.
Das sind jetzt so, sehr kurz gesagt, die Eckpunkte der
von Ihnen nachgefragten Novelle des Prostitutionsgesetzes.
Präsident
Johann Hatzl: Erste
Zusatzfrage: Herr Abg Wagner.
Abg Josef Wagner (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Frau Stadträtin!
Ich kann Ihnen
die Information geben, wo Sie diese Petition des Nationalratsabgeordneten
finden. Es ist im "Wiener Blatt" abgedruckt und Sie finden es auch
auf der Homepage vom "Wiener Blatt".
Ich frage in diesem Zusammenhang natürlich schon, ob
hier die Maßnahme eines Justizsprechers der SPÖ im Nationalrat wirklich
ausreichend sein kann, wenn Sie vor vier Jahren hier auf eine mündliche Anfrage
von mir geantwortet haben, dass eine Verschärfung des Prostitutionsgesetzes in
Ausarbeitung ist, dass derzeit ein Entwurf vorbereitet ist und dass es in
nächster Zeit auch vorgelegt werden wird. Die freiheitliche Fraktion hat
jedenfalls vier Jahre später von dieser Änderung, von Ihren Entwürfen noch
keine Kenntnis erlangt.
Inzwischen
gehen Ihre Abgeordneten bei der Bevölkerung in Veranstaltungen her und
präsentieren das schwedische Modell. Sie wissen, wovon ich rede.
Daher würde mich interessieren: Wie erklären Sie diese
vierjährige Verspätung in dem versprochenen Gesetz, dass Sie vor vier Jahren
gesagt haben, dass es demnächst zur Beschlussfassung vorgelegt wird?
Präsident
Johann Hatzl: Frau
Stadträtin.
Amtsf StRin
Mag Renate Brauner: Das ist sehr einfach zu erklären. Wir haben
diesen Entwurf seit längerer Zeit, konnten uns aber mit dem damaligen Koalitionspartner
noch nicht auf einen gemeinsamen Beschluss einigen. Insofern ist diese Änderung
des Prostitutionsgesetzes in der Zeit der ÖVP/SPÖ-Koalition, weil es
unterschiedliche Auffassungen gegeben hat, nicht zustande gekommen.
Präsident
Johann Hatzl: Die nächste
Zusatzfrage: Frau Abg Cordon.
Abg Waltraud
Cecile Cordon (Grüner Klub im Rathaus): Sehr
geehrte Frau Stadträtin!
Da die erlaubte Prostitution im Messebereich nach dem
Umbau wahrscheinlich nicht mehr möglich sein wird, befürchten wir, dass sich
die Prostituierten ins Stuwerviertel zurückziehen.
Um das zu vermeiden, habe ich die Frage, ob es eine
Möglichkeit wäre, auch für die Stadt Wien, ein von den Frauen selbstverwaltetes
Bordell zu errichten?
Präsident
Johann Hatzl: Frau
Stadträtin.
Amtsf StRin
Mag Renate Brauner: Das ist nach den momentanen Bestimmungen
meines Wissens nach so nicht möglich. Ich erinnere mich noch, obwohl das vor
meiner Zeit hier in diesem Hause war, an die ausführliche Diskussion. Im
Nachhinein gesehen war das eine Diskussion, wo, glaube ich, ein bisschen die
Interessen der Frauen selbst zu kurz gekommen sind. Aber im Nachhinein ist man
immer gescheiter, als direkt in der Diskussion. Und diese Diskussion hat ja
dazu geführt, dass eben diese Art von, ich sage jetzt einmal Hausprostitution,
nicht mehr möglich ist, was, glaube ich, die Abhängigkeit der Frauen von
Zuhältern verstärkt hat. Das ist meine persönliche Meinung. Ich war bei der
Diskussion damals nicht dabei. Es ist jedenfalls so, dass diese Variante nicht
möglich ist.
Ich denke,
dass wir insgesamt nur versuchen können, dieses Bündel an Maßnahmen zu setzen,
um einerseits für die Frauen menschenwürdige, halbwegs menschenwürdige
Arbeitsbedingungen zu ermöglichen, soweit man Prostitution überhaupt als eine
menschenwürdige Arbeit bezeichnen kann. Das ist wiederum eine andere
Diskussion, aber sie gibt es jetzt einmal, sie ist legal. Und ehrlich gesagt
glaube ich auch nicht, dass Illegalisierung die Abhängigkeit der Frauen
verbessert. Insofern glaube ich persönlich - ohne Prostitution, als eine
normale Arbeit zu betrachten und ohne die eigentlich an sich Menschenunwürdigkeit
damit zu verändern - unter den gegebenen Bedingungen, dass es das Beste wäre,
wenn wir hier eine sehr deutliche Legalisierung auch im Hinblick auf
Gewerbemöglichkeit und, und, und, für die Frauen schaffen würden. Aber das ist
eine Bundesangelegenheit, wo uns die Hände gebunden sind. Das heißt, ich
glaube, dass wir diesen Weg fortsetzen müssen. Ein Bündel an Maßnahmen, die wir
halt in Wien setzen können.
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