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Landtag, 2. Sitzung vom 28.06.2001, Wörtliches Protokoll  -  Seite 71 von 74

 

es sollte uns sehr bewusst sein, dass wir am Weg sind, das österreichische Sozialversicherungssystem abzuschaffen. Es soll ersetzt werden durch ein System der Zwei- bis Dreiklassenmedizin, es soll ersetzt werden durch ein System, wo der Kranke, wo derjenige, der kein hohes Einkommen hat, wo es auch bereits für die Frauen ein Risiko sein wird, schwanger zu sein, dass das ... (Heiterkeit bei der ÖVP. - Abg Gerhard Pfeiffer: Und in der Geisterbahn waren Sie auch schon!)

 

Lieber Herr Pfeiffer, es ist leider so, dass Ihr Horizont, mit dem Sie sich tagtäglich beschäftigen, nicht bis nach London reicht, nicht bis nach Manchester reicht, nicht bis nach Belfast reicht, weil dort genau das seit 20 Jahren die Realität ist, was nächsten Freitag im Österreichischen Nationalrat beschlossen werden soll. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Es geht ganz einfach darum, und lieber Herr Prochaska, das sollten Sie als angeblicher ÖAAB-Vertreter auch sehr wohl wissen, dass die Interessen der Arbeitnehmer bei dieser Neukonstruktion des Österreichischen Hauptverbands in der Sozialversicherung nicht mehr ausreichend umgesetzt werden. Es sollte auch Ihnen als ÖAAB-Vertreter bekannt sein, dass das Wahlergebnis der letzten Arbeiterkammerwahl, wo sich die Bundesregierung einige Monate vorher festgelegt hat, negiert wird. (Abg Johannes Prochaska, zum Schriftführer gehend: Ich muss mich leider zum Wort melden!) Es sollte Ihnen als Arbeitnehmervertreter nicht uninteressant sein, dass das Solidaritätsprinzip aufgelöst wird. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Weil diese Bundesregierung arbeitet ... (Abg Gerhard Pfeiffer: Dass Sie sich nicht zu schade sind, so etwas zu sagen!) Sehr geehrter Herr Pfeiffer, ich bin mir als Vorsitzender im Interesse der Österreichischen Arbeitnehmer überhaupt nicht zu schade, weil ich bin mir deshalb nicht zu schade, weil unter anderem nächsten Freitag im Nationalrat mit einem Abänderungsantrag beschlossen wird, dass alle Bediensteten der Gemeinden und Länder blitzartig eine andere Krankenkasse bekommen. (Abg Gerhard Pfeiffer: Das Einzige, was geändert werden soll, ist der Hauptverband!) Aber da haben Sie es ja, lesen Sie doch, was Ihr Herr Feuerstein und der Herr Gaugg hier einbringen. So informieren Sie sich doch! So sind Sie doch endlich nicht so blind vor Ihrer Bundesregierung, sondern stellen Sie sich hin und lesen Sie kritisch, was hier an Abänderungsanträgen eingebracht wird. (Abg Gerhard Pfeiffer: Es geht um den Hauptverband!) Aber überhaupt noch nicht! Bitte, Sie haben hier blank keine Ahnung, Sie verzeihen mir diese Worte, weil der Abänderungsantrag des Herrn Gaugg und des Herrn Feuerstein ist eingebracht. Das ist, bitte, nicht erfunden. (Abg Josefa Tomsik: Das ist ein Skandal!) Es geht mir hier nicht um die Causa, von der Sie meinen, dass es mir geht. (Abg Harry Kopietz: Ungeheuerlich!) Dieser Abänderungsantrag bedeutet, dass die Österreichischen Gebietskrankenkassen über Nacht 4,5 Milliarden S Einnahmenverlust haben. (Abg Gerhard Pfeiffer: Andere Werte, habe ich geglaubt!) Das werden keine anderen. Entschuldigen Sie, die wandern alle zur Bundesversicherungsanstalt. Das ist das, alle wandern zur Bundesversicherungsanstalt. Ja, ich kann Ihnen das alles vorlesen, das ist alles da. Sie sollten sich das BVUKG ein bisschen anschauen. Sie sollten sich das ein bisschen anschauen. (Abg Gerhard Pfeiffer: Lesen Sie es vor!)

 

Und genau das ist das Problem, dass es unter anderem schlichtweg darum geht: Das bewährte System der Pflichtversicherung soll abgelöst werden. Das ist Ihr Prinzip, das dahinter steht. (Abg Gerhard Pfeiffer: Lesen Sie es bitte vor!) Lesen Sie das vor. Und warum wandert alles zur BVA? - Das wissen wir auch, welche politischen Strukturen in der BVA sind. Und genau das, genau das ist Ihr Prinzip. (Abg Gerhard Pfeiffer: Das möchte ich das nächste Mal sehen!) Sie wollen auf allen Ebenen sich bemühen, das Ergebnis der letzten Arbeiterkammerwahl zu negieren und das, was wir unter Selbstverwaltung aufgebaut haben, zu negieren.

 

Und eines wundert mich sehr stark, dass die Wirtschaftskammer, der Wirtschaftsbund hier so zuschauen, weil es geht auch um das Miteinander in der Selbstverwaltung zwischen Dienstgebern und Dienstnehmern und es wundert mich sehr, dass die Dienstgeberseite hier ganz blind ist und zuschaut. Wir werden aber noch sehen, was bis nächsten Freitag alles passiert.

 

Und übrigens darf ich hier mitteilen, dass wir dem Antrag der Frau Abg Dr Pilz zustimmen werden. - Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

 

Präsident Johann Römer: Als Nächster ist Herr Abg Prochaska zum Wort gemeldet.

 

Abg Johannes Prochaska (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Präsident! Herr Stadtrat und Vizebürgermeister! (Abg Harry Kopietz: Bitte Baldrian nehmen!) Was soll ich nehmen? (Abg Harry Kopietz: Baldrian!) Das habe ich überhaupt nicht notwendig. Dazu ist diese Geisterbahnfahrt des Herrn Hundstorfer nicht im Stande, mich ein bisschen aufzuregen.

 

Meine Damen und Herren!

 

Hier waren wirklich nicht die Ängste um die Sozialversicherung das Motiv, weil das Sozialversicherungswesen bleibt, egal ob es 120, 50 oder 12 Versicherungen gibt. Hier haben Existenzängste gesprochen von und für Multifunktionäre. Lassen wir die Dinge im Boot. (Beifall bei der ÖVP.)

 

Und ich bin ein bisschen bestürzt, ich schätze den Kollegen Hundstorfer sonst schon sehr, weil er in vieler Hinsicht ein umsichtiger Mensch ist, aber dass er die Regierungsjahre des Toni Blair und den Hauptangriffspunkt gegen die Labourregierung im Wahlkampf, nämlich das Gesundheitswesen (Protestrufe von der SPÖ, darunter Abg Josefa Tomsik: Das war vor 20 Jahren!), dass er das Gesundheitswesen in Großbritannien so verdrängen kann, da würde ich ihm eher ein anderes Medikament, als mir Baldrian verabreichen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

 

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