Landtag,
2. Sitzung vom 28.06.2001, Wörtliches Protokoll - Seite 54 von 74
ich Ihnen noch ...
Also, in dem Bericht war unter anderem eine Stellungnahme von Dr Ferdinand
Eder, der Soziologe ist. Der hat damals den Schulteil als Experte beurteilt,
und da wird niemand etwas dagegen haben, wenn ich das heute ein bissel zitiere,
weil das ist ja keine Wiener Geschichte. Nur einmal um zu zeigen, wie
abweichend da die Meinung von Experten sein kann. Ohne dass ich Ihnen alles
vorlesen will, kommt Dr Ferdinand Eder damals nach einer ausführlichen
hervorragenden Untersuchung, die ich auch nur allen empfehlen kann, zu der
Erkenntnis, zu dem Schluss: "Man kann in Kenntnis und angesichts der
Verbreitung von unangenehmen Phänomenen in der Schule nicht von vornherein
annehmen, dass Eltern im Sinn der Konvention zum Wohl ihrer Kinder handeln,
wenn sie ein Kind in die Schule geben."
Das heißt mit einem Wort, dass die Schule, so wie sie ist, hinterfragt
werden muss und nicht unbedingt gesund ist, weder für die Seele noch für den
Körper eines Kindes. Das sind schon vehemente Vorwürfe und ich denke, man muss
sich damit auseinander setzen.
Wenn man den jetzigen Bericht der Kinder- und Jugendanwälte liest, so
beschäftigen sich die ja sehr eingehend mit dieser Kinderrechtskonvention, und
sie verlangen etwas von uns, von uns Politikerinnen und Politikern, und das ist
jetzt die Nagelprobe. Sie verlangen von uns, dass erstens einmal dieses
UNO-Übereinkommen in die Landesverfassung aufgenommen wird (Abg Marianne Klicke zuckt die Achseln.) - die Frau Klicka zuckt
schon die Achseln, habe ich auch gemacht, warum nicht, habe ich mir gedacht -,
aber es gibt da überraschenderweise Einwände. Ich kann überhaupt nicht
nachvollziehen warum.
Die MA 11 wollte nicht, dass das in den Aufgabenteil der Kinder- und
Jugendanwälte aufgenommen wird und auch die Magistratsdirektion hatte einen
vehementen Einwand. Wenn man das genau liest und ein bissel hinter den Zeilen
liest, kommt heraus, dass die Magistratsdirektion sagt: Ja, kommt ja überhaupt
nicht in Frage, denn wenn man das nämlich tatsächlich macht, dann haben die
Kinder- und Jugendanwälte Parteienstellung - und das ist ja auch das, was sie
verlangen - und werden zu jedem Verfahren, das in Wien stattfindet, eingeladen.
Das heißt, sie würden in die Lage versetzt, auch tatsächlich die Interessen
der Kinder und Jugendlichen in allen diesen Verfahren zu vertreten. Die GRÜNEN
sind der Meinung, dass die Kinder- und Jugendanwälte diese Parteienstellung
erhalten sollen. Wir sind weiters der Meinung, dass wir Politikerinnen und Politiker
die Aufgabe haben, diese Parteienstellung für die Zukunft auch sicherzustellen.
(Beifall bei den GRÜNEN.)
Die Magistratsdirektion wird da aber ein harter Brocken sein. Wir kennen
das alle, wenn irgendwo steht: Das ist juristisch nicht möglich. Das ist ein
Killerargument "Das ist juristisch nicht möglich". Immer, wenn wer in
Wien was nicht will, findet sich jemand, ein Jurist der Stadt, der sagt: Das
ist nicht möglich. Erstaunlicherweise war es in anderen Bundesländern möglich.
Wien muss ein ganz ein besonderes Land sein, dass ausgerechnet hier das nicht
möglich ist. Umgekehrt ist es aber häufig so, man stößt auf grobe
Schwierigkeiten, alle sind der Meinung, ja, das ist juristisch gar nicht
machbar, aber auf einmal finden die Juristen da ein Schlupfloch, dort ein
Schlupfloch und schlussendlich stellt man fest: Alles geht, wenn die Juristen
wollen. Das heißt, wollen sie nicht, geht nix, wollen sie was, geht alles. Das
heißt, meiner Meinung nach sollte es jedenfalls so sein, dass da die
Politikerinnen und Politiker und zwar aller Parteien eindeutig Stellung
beziehen und sagen: Wir wollen Parteienstellung für die Kinder- und Jugendanwälte.
Das ist das, was ich mir von der heutigen Sitzung erwarte.
Vielleicht als Information noch ein kleines bisschen für die, die es noch
nicht gelesen haben. Sie werden es sicher alle lesen, weil es ist hoch spannend
und im Sommer bietet sich mögliche Zeit und Gelegenheit, das zu lesen.
Es müssten sich ja so viele Gesetze ändern: Vom Sozialhilfegesetz, über das
Behindertengesetz, über das Pflegegeldgesetz, das Kindertagesheimgesetz, das
Schulgesetz, die Baugesetze, alles das müsste sich ändern. Für Wien wäre das
eine kleine Revolution, wenn wir tatsächlich so viel für die Kinder und Jugendlichen
dieser Stadt tun würden.
Jetzt haben wir ein großes Glück. Wir haben Kinder- und Jugendanwälte, die
haben das Rückgrat, die haben die Courage, die bringen alles mit, Enthusiasmus
und Engagement, dass sie uns einen derart guten Bericht herlegen und uns quasi
eine Gebrauchsanweisung geben, wie wir damit umgehen können und was wir in der
Zukunft tun können, damit Wien tatsächlich kindergerecht und
jugendlichengerecht wird.
Ich freue mich schon auf die Reden der Sozialdemokratischen Partei, weil
ich mir in diesen Punkten große und starke Unterstützung erwarte und mir denke,
wir können vielleicht nach dem Sommer gemeinsam überlegen, wie wir das alles
umsetzen können.
Ich möchte noch auf einige wenige konkrete Sachen eingehen. Das war dieses
sehr, sehr schöne Partizipationsprojekt in Bezug auf den Jugendschutz. Einige
von uns - und ich sehe, es sind ja auch einige da - hatten auch die
Gelegenheit, mit den Jugendlichen diese Änderungen im Jugendschutzgesetz zu
besprechen. Herr Abg Strobl, Herr Strache, wir haben das ja gemeinsam getan.
Mein Eindruck war, ich weiß nicht, ob Sie meinen Eindruck teilen, aber ich
hoffe das: Da saßen ja tatsächlich Jugendliche, mit denen gut reden war. Einfach
deswegen, weil man sofort gemerkt hat, sie haben sich mit der Materie
beschäftigt, sie wissen, was sie wollen, sie gehen ganz rational damit um. Das,
was viele Experten erwartet haben, nämlich dass die Jugendlichen jetzt, wenn
sie einmal sagen dürfen,
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